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Anteilnahme nach Großbrand gibt Familie Groetsch Kraft

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Rosbach-Rodheim v. d. H. (hed). Nach dem Großbrand ihrer Lagerhallen bangt die traditionsreiche Schreinerei Groetsch um die Existenz. In der Nacht vom 8. zum 9. Juli zerstörten die Flammen das Holzlager, Auftragsarbeiten und Fertigungsmaschinen. Doch Familie Groetsch will nicht aufgeben – und bekommt dabei viel Unterstützung.

Urlaub. Das bräuchten Kerstin und Peter Groetsch eigentlich. Doch sie können den verkohlten Trümmerhaufen in ihrem Hof nicht einfach sich selbst überlassen. Zu viel gibt es zu tun. Fast drei Wochen ist es her, dass ein Flammenmeer die vier Lagerhallen ihrer Schreinerei zerstört hat. »Ich hätte gerne sofort angefangen, das Zeug wegzuräumen, aber weil Asbest im Dach war, muss das eine Spezialfirma machen«, erzählt Peter Groetsch. Die fängt zum Glück am Montag an.

Es ist nur ein Schritt auf dem Weg zur Normalität. »Wir hängen in der Luft«, betont Kerstin Groetsch. Die Gespräche mit den Versicherungen laufen, wie viel die Familie ersetzt bekommt, weiß sie nicht. Die halbe Million, die die Polizei als Schadenssumme angegeben hatte, reicht lange nicht. »Allein der Gebäudeversicherer hat über 400 000 Euro geschätzt.« Dazu kommen die Fertigungsmaschinen, das Holzlager, die Särge, Urnen, Deckengarnituren, Türen, Schränke, Werkzeuge, das Büroarchiv, und, und, und. Nicht zu vergessen die 20 verbrannten Autos eines Rodheimer Kfz-Händlers, der eine der vier Lagerhallen angemietet hatte. Nur eine völlig ausgebrannte Karosserie steht noch als stummes Zeugnis der Ereignisse auf dem Hof.

»Der erste Schock ist weg, aber jetzt wird einem das ganze Ausmaß bewusst«, sagt Kerstin Groetsch. Sie lacht viel, hält sich mit Galgenhumor davon ab, zu viel nachzudenken. Die Nacht vom 8. auf den 9. Juli aber steckt allen noch in den Knochen. »Ein Nachbar hatte uns aus dem Bett geklingelt. Ich dachte erst, er will sich einen Scherz erlauben. Aber dann zog ich den Rollo hoch.« Kerstin Groetsch sah die Flammen über das Nachbarhaus schlagen, in dem ihre Schwiegermutter und ihr Schwager mit den zwei kleinen Kindern wohnt.

Sie rief sofort die Feuerwehr. »Die sagten mir, sie wüssten schon, dass eine Gartenhütte brennt.« Groetsch schrie: »Das ist keine Gartenhütte, das ist unser Holzlager.« Das war der Zeitpunkt, als die Rodheimer Feuerwehr wusste, dass ein Löschfahrzeug nicht ausreichen würde.

»Tunnelblick«, sagt Peter Groetsch zur Frage, wie er die zehnstündigen Löscharbeiten wahrgenommen hat. Die lauten Schläge beim Einstürzen der Dächer, die Menschenmenge, die vor dem Hof zusammenkam, davon hat er wenig mitbekommen. Er musste einfach funktionieren. Die Polizei hatte ihm noch erlaubt, ein Auto und einen Gabelstapler aus einer der Hallen zu fahren, die noch nicht brannte. »Im Nachhinein bin ich froh, dass ein Seelsorger da war. Nachts hab ich noch gedacht: Was will der hier.« Groetsch deutet auf die Stelle, wo bis vor Kurzem noch ein Baum stand. »Mein Vater hat den geliebt. Nach dem Brand mussten wir ihn fällen.«

Am Ende sind die Groetschs nur mit den Nerven. »Der Betrieb läuft weiter«, betont der Schreiner. Die Särge werden zugekauft, der Innenausbau und die Montage laufen, wenn auch eingeschränkt. »Die Platten sägen wir jetzt eben wie vor 30 Jahren im Hof«, sagt Groetsch. Zwei der fünf Arbeiter hat er dennoch in den Zwangsurlaub geschickt. Sie müssen sich wohl neue Jobs suchen. Die Groetschs wollen eine neue Halle bauen, die steht frühestens in einem Jahr.

»Wir lassen keinen im Regen stehen. Kollegen haben schon angeboten, jemanden zu übernehmen.« Die Hilfe, die von allen Seiten, von Nachbarn, Kunden, Lieferanten angeboten wird, hat Kerstin Groetsch überrascht. »Das war eine ganz neue Erfahrung, die Anteilnahme gibt mir die Kraft, weiterzumachen.«

»Ich hoffe, dass sie diesen Spinner bald finden«, sagt ein Kunde, als er die Schreinerei betritt. Vergangenes Wochenende hat erneut eine Gartenhütte in Rodheim gebrannt, die dritte in vier Wochen. Eigentlich alle im Ort gehen davon aus, dass hier ein Pyromane am Werk ist, der auch vor der Gefährdung von Menschenleben nicht zurückschreckt. »Wären das Jugendliche gewesen, hätten Sie bestimmt jetzt damit aufgehört«, mutmaßt Kerstin Groetsch.

Der Nachbar, dessen Gartenhütte angesteckt worden war, ist mittlerweile in den Urlaub gefahren. »Nur wir sind noch hier«, lacht Kerstin Groetsch.

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