Die Ente ist sicher

Rockenberg (phk). H5N8 – Nein, das ist kein Roboter aus »Star Wars«, sondern ein Vogelgrippe-Virus, das auch in Deutschland grassiert. Zur Sicherheit muss das heimische Geflügel seit dieser Woche in den Stall. Eine Umstellung für die Tiere – aber vor allem für den Menschen, erklärt Bauer Berthold Antony aus Rockenberg im Interview.
Am Ortsrand von Rockenberg liegen die Ställe von Familie Antony. Mehrere Hundert Masthühner, Legehennen, Enten, Gänse und Puten leben dort. Verkauft werden Eier und Fleisch im eigenen Hofladen. Seit 25 Jahren bewirtschaften Berthold und Sabine Antony ihren Familienbetrieb, inzwischen gehören neben den zwei Söhnen und der Tochter auch noch ein Auszubildender, Verkäuferinnen im Hofladen und tageweise ein Metzger zum Betrieb. Dieser wird durch die Geflügelpest bedroht.
Wie halten Sie Ihre Tiere normalerweise, drinnen oder draußen?
Berthold Antony : Unsere Legehennen kommen raus, solange das Wetter gut ist. Die Masthühner sind das ganze Jahr über im Stall, die Puten mehrheitlich. Aber in kleinen oder Kleinstgruppen mit viel Platz. Die Enten und Gänse haben auch genügend Platz im Stall, nicht nur für nachts, sondern auch für solche Fälle. Bevor wir Tiere anschaffen, sorgen wir immer dafür, dass wir sie zur Not auch einstallen können, sodass das Raumangebot jederzeit großzügig ist. Dann gibt es meiner Erfahrung nach auch die wenigsten Probleme mit den Tieren.
Wie haben Sie auf die Stallpflicht reagiert?
Antony: Vor drei bis vier Woche ging es ja bereits mit den ersten Meldungen aus Norddeutschland los. Da haben wir angefangen, zu reagieren. Wir kennen das ja aus den vergangenen Jahren und deshalb haben wir unsere Tiere, besonders die Gänse und die Enten, daran gewöhnt, den ganzen Tag im Stall zu sein. Rein zur Vorbeugung haben wir sie nun seit fast drei Wochen komplett drinnen. So können wir gegenüber den Kunden die Sicherheit garantieren. Wir wollten nicht warten, bis das Kind in den Brunnen gefallen ist. Denn das ist unsere Existenz. Damit können wir nicht spielen.
Was bedeutet das für die Tiere und die Arbeitsabläufe in Ihrem Betrieb?
Antony: Der Aufwand für uns Menschen ist immens. Es besteht ein wesentlich höherer Arbeitsbedarf im Stall, denn man muss die Tränken immer sauber halten, genug Wasser zur Verfügung stellen, die Einstreu öfter wechseln und kontrollieren, damit die Tiere sauber und ordentlich bleiben. Das ist bei uns einfach mit Handarbeit verbunden. Von daher steigert sich unser Stundenaufwand von vier Stunden pro Tag auf fast das Doppelte. Außerdem wollen wir die Tiere ja auch nicht hetzen oder treiben, wenn wir solche Arbeiten verrichten. Die Tiere selbst können nun nicht mehr auf ihre drei Hektar Fläche Gras im Freien, aber sie haben genug Platz und sind daran gewöhnt.
Was für Vorsichtsmaßnahmen haben Sie darüber hinaus auf Ihrem Hof getroffen?
Antony: Wie vom Veterinäramt vorgeschrieben, haben wir alles mit Draht und Zäunen wildvogeldicht gemacht, damit nicht einmal mehr ein Spatz in den Stall hineinkommt. Gleichzeitig muss aber eine gute Be- und Entlüftung gewährleistet sein. Außerdem haben wir an jedem Ein- und Ausgang eine Desinfektionswanne oder eine Desinfektionsmatte aufgestellt. Zudem muss jeder, der in den Stall geht, vorher seine Hände desinfizieren und frische Kleidung anziehen. Das Tor zum Gelände ist abgeschlossen, sodass nur noch Mitarbeiter hineinkommen.
Welche finanziellen Auswirkungen hat das für Sie?
Antony: Einmal müssen wir die höhere Arbeitszeit bezahlen, denn unsere sonstige Arbeit wird ja nicht weniger. Außerdem setzen wir mehr Futtermittel ein, denn die Tiere können draußen ja kein Gras mehr fressen, also müssen wir mehr Getreideschrot vorhalten und herstellen. Das heißt aber auch, dass wir das nicht mehr vermarkten können. Außerdem müssen wir Schutzkleidung und Desinfektionsmittel bezahlen. Aber auch diese Zeit geht wieder vorbei, das hat uns die Vergangenheit gezeigt.
Wie groß schätzen Sie die Gefahr für Mensch und Tier durch das Virus?
Antony: Das Virus H5N8 ist ja nach bisherigen Erkenntnissen ungefährlich für den Menschen. Abgesehen davon, dass bei jeder Grippe mehr Leute sterben als an solchen Seuchen. Auch bei den Tieren würde ich nicht in Panik verfallen, sondern ruhig bleiben, alles Menschenmögliche unternehmen und einfach abwarten. Das tun wir auch. Außerdem muss jedem klar sein: Wir leben auch in unserem Land noch mitten in der Natur, deshalb fliegen auch wilde Vögel durch die Gegend. Damit müssen wir zurechtkommen. Glücklicherweise ist die Zeit der Zugvögel vorbei. Aber natürlich bereitet es uns Sorge, deshalb bin ich auch für die Stallpflicht.
Wie ist Ihr Eindruck von den Reaktionen Ihrer Kollegen in der Wetterau?
Antony: Viele nehmen es sehr ernst. Aber es gibt sicherlich auch welche, die der Sache etwas lau gegenübertreten. Das ist eine Einstellung, die wir nicht teilen können. Diejenigen, die uns kennen, sprechen uns darauf an, erkundigen sich, wie wir zurechtkommen, und vertrauen uns weiterhin.
Ist die Weihnachtsgans damit sicher?
Antony: Ja. Grundsätzlich sollte man Geflügel sowieso immer durchgaren. Und wenn man sich eine Gans vorstellt, die bei relativ hohen Temperaturen drei, vier oder fünf Stunden im Ofen ist, dann ist die Gefahr ohnehin gering, sich mit irgendetwas anzustecken. Und bei uns gibt es auch noch Weihnachtsgänse zu bestellen (lacht).