1. Wetterauer Zeitung
  2. Wetterau
  3. Reichelsheim

Bewährung für Dealer

Erstellt: Aktualisiert:

Kommentare

Der Mär vom Eigengebrauch schenkt das Gericht keinen Glauben: 200 Gramm Marihuana und knapp 100 Gramm Haschisch sowie Amphetamin und Speed waren zum Verkauf bestimmt. Deshalb ist ein 34-Jähriger aus Reichelsheim nun verurteilt worden.	(Foto: dpa)
Der Mär vom Eigengebrauch schenkt das Gericht keinen Glauben: 200 Gramm Marihuana und knapp 100 Gramm Haschisch sowie Amphetamin und Speed waren zum Verkauf bestimmt. Deshalb ist ein 34-Jähriger aus Reichelsheim nun verurteilt worden. (Foto: dpa) © Jürgen W. Niehoff

Reichelsheim (jwn). Zu einem Jahr und 10 Monaten Gefängnis sowie einer Geldstrafe von 5000 Euro hat das Friedberger Schöffengericht einen 34-jähriger Reichelsheimer wegen Drogenhandels verurteilt. Die Strafe wurde zur Bewährung ausgesetzt, weil der Mann zuvor nicht straffällig geworden war.

Auf die Spur kam die Polizei dem 34-Jährigen durch einen Kumpel. Der, einstmals selbst im Drogengeschäft aktiv, hatte den Freund mehrfach aufgefordert, die Hände von den Drogen zu lassen. Der Grund war seine fünfjährige Tochter, die im Haus des Angeklagten ein- und ausging. Als der Reichelsheimer dieser Bitte nicht nachkam, gab sein Kumpel der Polizei den Tipp, dass der 34-Jährige an einem bestimmten Tag im Juli 2014 in Frankfurt Nachschub für seinen Drogenhandel abholen würde. Der 47-Jährige hatte sogar noch mehr Details auf Lager, nämlich dass der Angeklagte die Drogen im Auto unter einer Abdeckung am Schaltknüppel verstecke. So hatte die Polizei bei der Verkehrskontrolle leichtes Spiel.

Auch zu Hause bei dem Angeklagten wurde sie fündig und entdeckte unter den Gewürzen und im Kühlschrank größere Mengen. Insgesamt kamen Amphetamin-Tabletten, 23 Gramm Speed und 200 Gramm Marihuana sowie über 95 Gramm Haschisch zum Vorschein. Außerdem fand die Polizei eine Feinwaage, Portionstütchen, eine Preisliste und 680 Euro in kleinen Scheinen. Bei der Schwiegermutter kamen in einer Geldkassette, deren Schlüssel der Angeklagte an seinem Schlüsselbund stets bei sich trug, auch noch 38 500 Euro zu Tage.

Weil der 34-Jährige zur Tat schwieg und auch die wenigen Zeugen nur bedingt aussagebereit waren, zum Teil sogar von der Polizei erst vorgeführt werden mussten, waren fünf Verhandlungstage notwendig, um zu einem Urteil zu gelangen. Am Montag wurden dem Gericht über vier Stunden Mitschnitte der fünfmonatigen Telefonüberwachung vorgespielt. Sie enthielten zwar keinen eindeutigen Hinweis auf die Drogengeschäfte des Angeklagten, jedoch sei im Zusammenhang »klar zu erkennen, dass es bei den Gesprächen fast ausschließlich um Drogengeschäfte ging«, sagte Staatsanwalt Schneider in seinem Plädoyer. Es seien in diesen Kreisen übliche Synonyme gebraucht worden. So hätten der Anrufer und auch der Angeklagte sehr genau gewusst, worum es geht, wenn der Anrufer sich darüber beklagt, dass die Brötchen das letzte Mal sehr teigig geschmeckt hätten.

Schwierigkeiten hatte der Staatsanwalt bei der Zuordnung der 38 500 Euro. Zur Einziehung zugunsten der Staatskasse hätte das Geld zweifelsfrei aus illegalen Geschäften stammen müssen. Der Staatsanwalt verzichtete darauf und forderte stattdessen 200 Stunden gemeinnützige Arbeit.

Während die Verteidigung Freispruch forderte, weil es »außer dem bisschen Rauschgift, das auch für den Eigengebrauch hätte sein können« keine weiteren konkreten Indizien gab, schloss sich das Gericht der Auffassung der Staatsanwaltschaft an. Allerdings tauschte es die 200 geforderten Arbeitsstunden gegen eine Geldbuße von 5000 Euro zugunsten der Staatskasse ein. »Fasst man die einzelnen Details zusammen, so kommt man automatisch zu einem vollendeten gewinnorientierten Drogenhandel«, begründete Richter Dr. Markus Bange den Urteilsspruch. Zur Bewährung habe er die Strafe nur deshalb ausgesetzt, weil der 34-Jährige bisher noch nicht straffällig geworden war und die Taten einige Zeit zurückliegen.

Auch interessant

Kommentare