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Äckern hat der viele Regen kaum geschadet

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Wetteraukreis (ini). Bademeister und Eiscafébesitzer haben sich die Haare gerauft. Das Wetter war bislang alles andere als sommerlich. Der Besuch im Freibad, ein leckeres Eis an heißen Tagen – das war in diesem Jahr bislang Mangelware. Doch wie sieht es in der Landwirtschaft aus?

Die extreme Trockenheit im Frühjahr, der späte Frost und der andauernde Regen in den vergangenen Wochen haben einigen Obstsorten bereits arg zugesetzt. So ist die Kirschenernte in der hiesigen Region in diesem Jahr mehr als mager ausgefallen. Die WZ fragte nach, welche Auswirkungen der Regen der vergangenen Wochen auf die landwirtschaftliche Produktion hat.

Durchwachsen ist die Situation laut Kreislandwirt Herwig Marloff. »Die Grundtendenz ist frohe Erwartung. Beim Getreide gibt es noch keine Krise. Aber die Heuernte erweist sich als dramatisch. Da fehlt die Sonne zum Trocknen. Das Gras wird älter und älter und damit nicht besser«, erklärt der Reichelsheimer, der Raps, Rüben, Weizen und Gerste anbaut und Grünland für das Milchvieh bewirtschaftet. Die Heuernte habe er in diesem Jahr in Raten und abenteuerlich erledigt, gibt Marloff zu. Bauern, die Milchwirtschaft betreiben, habe das Wetter arg gebeutelt. Noch immer seien Wiesen nicht gemäht, und das Mitte Juli, wo normalerweise die Heuernte einen Monat früher stattfinde. Dabei spiele nicht nur das trockene Gras eine Rolle, durch den vielen Regen seien die Wiesen mit den landwirtschaftlichen Maschinen auch schwer befahrbar gewesen.

Für die anderen Kulturen sei es aber in den vergangenen Wochen keineswegs zu nass oder zu kalt gewesen, sagt Marloff. »Wir haben einen mitteleuropäischen Sommer. Dass der verregnet ist, ist normal. Es ist eben kein spanischer Sommer«, meint der Landwirt. Und überhaupt, der Regen werde gebraucht. Noch immer seien die Böden wegen der Trockenheit in Winter und Frühjahr eher trocken. »Wir haben hier keine Unwetter wie in anderen Regionen, sondern sind in der glücklichen Lage, dass es ruhig und sanft regnet. Der Boden braucht das Wasser«, hat der Reichelsheimer festgestellt. Trotzdem: Über die Sonnenstrahlen freut auch er sich.

»Noch ist nichts passiert«, stellt Paul Karpf vom Erbacher Hof bei Büches fest. Weizen und Raps, die Hauptprodukte der Domäne, werden erst Ende Juli reif. »Wenn das Wetter trocken wird, haben wir keine Einbußen.« Die Situation beim Getreide sei durchwachsen. Ein großer Teil der Wintergerste sei bei den extremen Minusgraden im Frühjahr erfroren. 60 bis 80 Prozent der Felder hätten neu eingesät werden müssen. Wurden die Äcker nicht neu eingesät, hat sich Unkraut in den Fehlstellen breit gemacht. Hier und da sind Getreidefelder zu sehen, die fast wie bunte Blumenwiesen aussehen. Die Ernte wird dadurch erschwert.

Auch Heinrich Orth, Ortslandwirt in Ober-Seemen, gibt noch Entwarnung: »Die Ernte im Vogelsberg ist etwa vierzehn Tage später als in anderen Regionen. Deshalb kann man über den Ertrag noch wenig sagen.« In den Frühdruschgebieten wie der Pfalz seien die Schäden beim Getreide jetzt schon enorm. Die Qualität, etwa beim Weizen, leide durch das Regenwetter, die Körner könnten nur noch als Futtergetreide verwendet werden. »Das Getreide braucht Sonne zum Abreifen«, erklärt Orth. Für die noch verbliebenen Wintergetreide wird die Zeit indes knapp. Die Halme knicken um, das Lagegetreide hat nur noch Minderqualität.

Rüben haben von dem feuchten Wetter profitiert. Auch der Mais wächst und gedeiht. Doch der schnelle rekordverdächtige Wuchs hat auch seine Kehrseite: Die Maispflanzen bilden aufgrund des rapiden Wachstums kaum Stützwurzeln aus und sind dadurch stark sturzgefährdet. Auch Raps ist zurzeit am Abreifen. Dank neuer Sorten, so Marloff, sei die Gefahr, dass die Körner ausfallen, aber geringer als noch vor Jahren.

Fazit: Vielmehr als der Regen der vergangenen Wochen hat der Ernte bisher die Trockenheit im Frühjahr und der späte Frost geschadet. Sollte das jetzige Sommerwetter wieder verschwinden, würde vor allem die Getreideernte leiden. (Foto: ini)

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