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„Wie ein Vollzeitzweitjob“: Karbens Vize-Stadtbrandinspektor zieht sich zurück

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Von: Jürgen Schenk

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Haben gemeinsam viel durchgesetzt: Christian Becker (rechts) und Christoph Häusler vor den fünf motorisierten Errungenschaften ihrer fünfjährigen Amtszeit. © Jürgen Schenk

Fünf Jahre liegen hinter dem Karbener Stadtbrandinspektoren-Team Christian Becker und Christoph Häusler. Fünf Jahre, in denen eine ganze Menge passiert ist. Nun ist es Zeit für ein Resümee.

Bei der Feuerwehr in Karben hat es einige Veränderungen gegeben. Neuanschaffungen für die Einsatzabteilungen, persönliche Erkenntnisse und eine Pandemie, die noch nicht vorbei ist, gehören gleichermaßen dazu. Am Anfang der Bilanz steht aber eine überraschende Nachricht: Christoph Häusler wird das Amt des stellvertretenden Stadtbrandinspektors künftig nicht mehr ausüben.

Sein Rückzug scheint sinnbildlich für die enorme Belastung, die auf dem Ehrenamt Freiwillige Feuerwehr lastet. Zwei bis drei Einsätze pro Woche und fast 200 innerhalb eines Jahres verzeichnet die Karbener Feuerwehr mittlerweile.

»Das ist wie ein Vollzeitzweitjob«, schildert Häusler seine Erfahrungen in verantwortungsreicher Position. »Für mich musste ich jetzt die Entscheidung treffen, dass es mit meinem Privatleben so nicht mehr zu vereinbaren ist. Durch das Amt und seine Verpflichtungen bleibt kaum noch Zeit für andere Dinge. Eine Idee für die Zukunft wäre vielleicht, den Job des Stadtbrandinspektors hauptamtlich zu besetzen.«

Viele Neuerungen durchgesetzt

Christoph Häusler wird der Karbener Feuerwehr weiterhin die Treue halten. Sein Platz an der Seite von Christian Becker, mit dem er schon seit der Jugendfeuerwehr befreundet ist, wird auf der Jahreshauptversammlung im September neu vergeben werden.

Gemeinsam haben die beiden Männer eine ganze Liste von Neuerungen durchgesetzt: Fünf neue Einsatzfahrzeuge, neue Ausrüstung für die 180 aktiven Mitglieder und ein veränderter Feueralarmplan sind nur einige davon.

Die gute Zusammenarbeit mit den einzelnen Wehrführern in den Stadtteilen habe zu mehr Verschweißung untereinander geführt, merkt Becker an. Früher sei es oft nach dem Prinzip gegangen: Mein Feuer, dein Feuer. So etwas gebe es heute nicht mehr.

Stetige Werbung um Nachwuchs

Unablässig rührte das Duo in den vergangenen Jahren die Werbetrommel, um neue Mitglieder zur Feuerwehr zu bringen. Eine solche Akquise-Tätigkeit sehen sie als eine ihrer Hauptaufgaben an. »Bei der Vielzahl an Einsätzen müssen wir dafür sorgen, dass die Zahl der aktiven Mitglieder immer bei 180 bleibt«, erklärt Häusler.

»Leider haben wir es bisher nicht geschafft, diese Zahl zu erhöhen.« Ein voller Erfolg sei jedoch die Sticker-Aktion im Winter gewesen, bei der man die Konterfeis der Feuerwehrleute in einem Album sammeln konnte. Danach habe es schon einige Zugänge gegeben, vor allem bei der Jugendfeuerwehr.

Stadtbrandinspektor Becker lobt nach seinen ersten fünf Amtsjahren ausdrücklich die Unterstützung seitens des Bürgermeisters und des Magistrats. »Mein Ziel ist und bleibt, das Beste für die Feuerwehrleute in Karben zu erreichen. Und da der Magistrat die Wichtigkeit einer funktionierenden Feuerwehr verstanden hat, konnten viele Dinge umgesetzt werden.«

Manche Entscheidungen rufen Gegenwehr hervor

An diesem Nachmittag zeigt er aber auch seine nachdenkliche Seite. Ganz offen spricht er über gewisse Erfahrungen, die ihn stören und ärgern. »Ich habe lernen müssen, dass man es bei 180 Menschen nicht jedem recht machen kann«, räumt er ein. »Manche Entscheidungen rufen einfach Gegenwehr hervor. Ich will mich damit aber nicht zufrieden geben, sondern weitermachen. Als Stadtbrandinspektor möchte ich Transparenz zeigen. Ich habe noch immer großen Spaß an dieser Arbeit.«

Vieles spricht dafür, dass sein Kindheitstraum auch nach der Jahreshauptversammlung weitergeht. Er zitiert in diesem Zusammenhang den Spruch seines Kameraden Christopher Münch von der Feuerwehr Karben-Mitte: »Du bist nicht du, wenn du nicht Stadtbrandinspektor bist.«

Alarmübungen sind notwendig

Und in dieser Position würde er gerne auch wieder seine »beliebten« Alarmübungen durchführen, die es wegen der Corona-Pandemie zuletzt nicht geben konnte. O-Ton Becker: »Einmal im Jahr muss es richtig krachen!« Andere Projekte in der Zukunft seien neue Feuerwehrhäuser für Petterweil und Burg-Gräfenrode und die Beschaffung weiterer Fahrzeuge.

Christian Becker möchte sich bei der »tollen Truppe« für das Geleistete in den vergangenen fünf Jahren bedanken. Besonders würdigt er Christoph Häusler als »hervorragenden Stellvertreter«. Über allem stünde immer der von ihm kreierte Leitspruch: »Wir alle gemeinsam retten Karben - wir sind die Feuerwehr«.

Wenn der Einsatz Spuren hinterlässt

Bei Feuerwehreinsätzen ist das Thema Tod oft nicht allzu fern. Wie aber kann man die schrecklichen Bilder verarbeiten, ohne dass sie einen ständig wieder einholen? Ein schlimmer Einsatz für Becker und Häusler war zum Beispiel ein Verkehrsunfall am Petterweiler Kreuz 2020, bei dem ein 16-Jähriger ums Leben kam.

»Leute, die sich vor einen Zug werfen, haben den Freitod gewählt. Das ist auch schlimm, aber dieser Junge wollte noch nicht sterben«, sagt Christoph Häusler. »Uns steht dann die Seelsorge zur Verfügung. Auf Wunsch kann sie auch nach dem Einsatz noch mit ins Feuerwehrhaus kommen.« Vier Tage seien die Richtlinie.

Wer nach vier Tagen immer noch Probleme habe und die Bilder nicht aus dem Kopf bekomme, müsse professionelle Hilfe in Anspruch nehmen. Solche Traumata könnten von geschulten Psychologen behandelt werden.

Bei Feuerwehreinsätzen ist das Thema Tod oft nicht allzu fern. Wie aber kann man die schrecklichen Bilder verarbeiten, ohne dass sie einen ständig wieder einholen? Ein schlimmer Einsatz für Becker und Häusler war zum Beispiel ein Verkehrsunfall am Petterweiler Kreuz 2020, bei dem ein 16-Jähriger ums Leben kam. »Leute, die sich vor einen Zug werfen, haben den Freitod gewählt. Das ist auch schlimm, aber dieser Junge wollte noch nicht sterben«, sagt Christoph Häusler. »Uns steht dann die Seelsorge zur Verfügung. Auf Wunsch kann sie auch nach dem Einsatz noch mit ins Feuerwehrhaus kommen.« Vier Tage seien die Richtlinie.

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