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Politik ohne Parteien-Hickhack

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Von: Holger Pegelow

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Seit vielen Jahren  Adolf Koch Ortsvorsteher in Petterweil. Zur Kommunalwahl im März tritt der 78-Jährige nicht mehr an. 	FOTO: HOLGER PEGELOW
Seit vielen Jahren Adolf Koch Ortsvorsteher in Petterweil. Zur Kommunalwahl im März tritt der 78-Jährige nicht mehr an. FOTO: HOLGER PEGELOW © Holger Pegelow

Der Ortsbeirat Petterweil muss künftig ohne Adolf Koch auskommen. Stadtteilpolitik ohne das SPD-Urgestein ist für viele undenkbar. Und doch will der 78-Jährige Platz für Jüngere machen. Zur nächsten Wahl tritt er nicht mehr an. Ein Blick zurück.

Parteipolitik vor Ort, das ist nicht seine Sache. »Wir wollen im Ortsbeirat für die Petterweilerinnen und Petterweiler arbeiten.« Da brauche es keine große Parteipolitik wie in Wiesbaden oder Berlin. Weil Adolf Koch fest davon überzeugt ist, dass sich vor Ort ohne Parteipolitik besser für die Bürger arbeiten lässt, sei er auch »aus allen Wolken gefallen«, seinerzeit im Jahr 2016.

Es war der 12. Mai, einige Wochen nach der letzten Kommunalwahl. Da fand die spannungsgeladene konstituierende Sitzung des Ortsbeirats statt. »Vorher hatten wir mit allen einvernehmlich geklärt, dass ich zum Ortsvorsteher gewählt werde«, sagt Koch heute rückblickend. »Und dann wollte die CDU in der Sitzung plötzlich den eigenen Mann zum Ortsvorsteher wählen.« Seinerzeit hatten SPD und CDU je zwei Sitze erreicht, die Grünen einen. Eine knappe Sache, von den Sitzen her.

Weniger knapp war es von den Stimmen her, denn Christdemokrat Albrecht Gauterin hatte beinahe doppelt so viele Wählerstimmen erzielt wie Adolf Koch. Aber SPD und Grüne wählten den erfahrenen Sozialdemokraten zum neuen Vorsitzenden des Stadtteilgremiums - übrigens unter Zwischenrufen von CDU-Leuten aus dem Publikum. Selbst Stadtrat Friedrich Schwaab (CDU) war das parteipolitische Gezänk in der konstituierenden Sitzung alles andere als recht. Deshalb wünschte er sich noch in der Sitzung, die Fraktionen »mögen nun endlich den Wahlkampfmodus ausschalten«. Und Koch versicherte, er werde bemüht sein, den Ortsbeirat »unabhängig zu führen«. Man wolle »im Konsens arbeiten«.

Das sei seine feste Überzeugung, sagt Koch, der sich zwar schon als Sozialdemokrat sieht, aber vor Ort »Politik für die Petterweiler machen will«. Apropos Petterweil: Der etwas abseits gelegene Karbener Stadtteil ist Kochs Heimat. Das wird nicht nur in seinem Arbeitszimmer deutlich, wo ein hölzernes Wappen von Petterweil hängt, sondern auch an seinen Briefen, die er als Ortsvorsteher an die Geburtstagskinder des Stadtteils verschickt.

Seit 75 Jahren Petterweiler

Im Alter von drei Jahren kam der kleine Adolf, im März 1942 in Oberschlesien geboren, nach Petterweil, wo er mit seinen Eltern schnell heimisch wurde. »Im Jahr 1945 hatte Petterweil gerade mal 850 Einwohner«, blickt Koch zurück. Heute seien es rund 3300. Der Ortsteil habe sich dementsprechend verändert.

»Viele ziehen aus der Großstadt hierher. Aber sie kennen das dörfliche Leben nicht«, sagt er. Deshalb versuche er, die Neubürger gut in den Stadtteil zu integrieren und mit den Altbürgern zusammenzubringen. Entsprechend habe sich auch seine Arbeit als Ortsvorsteher verändert. Heute kämen etliche Bürger zu ihm, er solle Nachbarschaftsstreitigkeiten schlichten. »Die Leute sind heute egoistischer geworden«, sagt der 78-Jährige. Und das kennt er so nicht.

Adolf Koch ist ein geselliger Mensch. Im Jahr 1956 tritt er in den Gesangverein ein, dem er fast zwei Jahrzehnte vorsteht. Er war auch Mitglied der inzwischen aufgelösten Arge Kultur Karben. Zwei Legislaturperioden saß er für die SPD im Stadtparlament, und eine Wahlperiode gehörte er dem Magistrat an. In den Ortsbeirat kam er erstmals im März 1981.

»Damals«, erinnert er sich, »war CDU-Mann Dr. Paul Mertens Ortsvorsteher. Der hat mich gleich zum Schriftführer gemacht.« Ortsvorsteher ist Koch seit April 1985.

Keine Angst vor Langeweile

Zur Kommunalwahl im März will er nicht mehr antreten. »Auch nicht auf einem hinteren Platz. Denn dann bestünde die Gefahr, dass ich nach vorne gewählt werde, so wie damals Detlev Engel bei der Stadtverordnetenversammlung.« Da er auf jeden Fall einem Jüngeren Platz machen wolle, werde er nicht mehr antreten. »Ich habe für die Allgemeinheit genug getan«, ist sich Koch sicher. »Nun sind andere dran, sich zu engagieren.« Angst vor Langeweile hat er aber nicht. Seine zwei Söhne und die drei Enkelkinder will er öfter besuchen. Zudem erforscht er gerade den Stammbaum seiner Familie. »Das ist ziemlich zeitaufwendig.«

Wer sich in Karben 20 Jahre ehrenamtlich engagiert und aktiv in einem Vorstand oder einem städtischen Gremium aktiv ist, wird mit der Peter-Geibel-Medaille geehrt. Adolf Koch hat diese Auszeichnung am 7. September 2011 verliehen bekommen.

Addiert kommt er allerdings auf weit mehr als die für die Ehrung nötigen 20 Jahre. So war er zwei Jahrzehnte Vorsitzender des Gesangvereins Eintracht Petterweil, dazu kommt sein kommunalpolitisches Engagement.

Zudem wirkte Adolf Koch 15 Jahre in der Arbeitsgemeinschaft Kultur als stellvertretender Vorsitzender und zehn Jahre als Vorsitzender. pe

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