Künstler des Lichts

Karben (pe). Licht, das ist die Quelle allen Lebens. Und für die beiden in Karben wohnenden und arbeitenden Künstler Alfred Wolski und Dorte Sukavi auch das Element ihrer Kunst. Sie haben jetzt in Berlin im Rahmen des weltbekannten Lichterfestivals ausgestellt. Was macht eigentlich die Faszination ihrer Kunst aus?
Licht, das ist die Nahrung allen Lebens, sagt Dorte Sukavi. Sie hat sich als Künstlerin einen anderen Namen zugelegt, heißt bürgerlich Dorte Janussen, ist promovierte Biologin und Paläontologin. Sie weiß, wovon sie spricht, denn sie arbeitet am Frankfurter Senckenberg-Museum. »Selbst in der Tiefsee ist Licht«, weiß sie, nachdem sie schon mehrere Expditionen mitgemacht hat. Tiefsee-Roboter haben in tiefster Dunkelheit Lebewesen entdeckt, die selber leuchten. Das sagt auch Alfred Wolski, der sich seit drei Jahrzehnten künstlerisch mit Licht beschäftigt. Der am 1. August 1949 in Berlin geborene Wolski ist in der Kunstszene kein Unbekannter. Seit 30 Jahren arbeitet er mit Licht, hat schon an zahlreichen Ausstellungen teilgenommen. Sein bislang größtes Werk aus Glas und Licht präsentierte er anlässlich des 49. Hessentages in Langenselbold im Jahr 2009: einen drei mal drei Meter großen Engel in der »Lichterkirche« »Den haben 115 000 Besucher gesehen«, berichtet er.
Zur Lichtkunst gekommen ist er in einer depressiven Phase seines Lebens. Bei einem schweren Unfall ist eines seiner Kinder 1987 in ein Wachkoma gefallen. 25 Jahre hat er die schwer kranke Tochter betreut. »2011/12 hatte ich meinen Tiefpunkt im Leben erreicht, denn da starb auch noch meine Frau«, erzählt Wolski, der aus dem Ostteil Berlins stammt. In der DDR verbrachte er viele Jahre in Heimen, lernte dort den Beruf des Zerspaners. Als er 1972 endlich in den Westen durfte, ging er auf die Technische Fachhochschule, wo er Maschinenbau und Werkstoffwissenschaften studierte. 1975 konnte er erstmals an ein Elektronen-Rastermikroskop. »Da habe ich gesehen, wie aus dem Nichts heraus Materie entsteht. Das hat mich total fasziniert.«
Funkelndes Glas in der Knete
Über zehn Jahre später kam das eigentliche Aha-Erlebnis. Seinerzeit hatte Wolski eine Kneipe in Wiesbaden. Eine Putzfrau habe ihm einen Sack Scherben gebracht. »Ich habe die Scherben in die Knete gesteckt, und es hat wunderbar gefunkelt«, erzählt Wolski, der seinerzeit viel töpferte. Fortan beschäftigte er sich damit, wie er Glas und Licht zu Kunst machen kann.
Auf Facebook stellte er einige seiner Werke aus. Auf die wurde Dorte Sukavi aufmerksam. Im Mai 2013 lernten sie sich dann in einem Café im Frankfurter Senckenberg-Museum kennen. »Wir waren beide fasziniert von Glasschwämmen«, sagen sie heute. Beide unterhielten sich gut, merkten, dass sie gemeinsame Interessen hatten – und wurden ein Paar. »Unsere Stationen haben sich irgendwie immer gekreuzt, ohne dass wir das vorher gewusst haben«, sagt die Künstlerin, die auch nicht immer auf der Sonnenseite des Lebens stand. 1987 hatte sie einen schweren Unfall, wurde am Kopf verletzt und kam in eine Reha-Klinik. Dort nahm sie an einem Kurs in Porzellanmalerei teil. »Da habe ich faszinierende Lichteffekte wahrgenommen.« Sie wurde 1958 in Aarhus in Dänemark geboren, seit 1981 lebt sie in Deutschland. 20 Jahre war sie an der FU Berlin, hat dort bis zur Habilitation Geologie, Mineralogie und Biologie studiert. »Kreativ war ich schon immer«, sagt sie. Aber die Faszination von Licht habe sie durch Alfred Wolski neu erlebt.
Beide kauften voriges Jahr die ehemalige »Schildeburg« in Klein-Karben, eine alte Gastwirtschaft, die zehn Jahre leer stand. Zuerst haben sie die Wohnräume renoviert, jetzt wollen sie nach und nach daran gehen, die Atelierräume einzurichten. In der ehemaligen Gaststube und in der Werkstatt entsteht ihre Lichtkunst. So auch die Werke, die die beiden in der Hauptstadt gezeigt haben. Für Alfred Wolski war die Einladung zu »Berlin leuchtet« eine besondere Ehre, wie er gesteht. Denn er durfte die Gedächtniskirche zehn Tage lang mit seiner Kunst beleuchten. Er nannte es »Lichtklang der Elemente«, sie stellte drei Tage bei einem der Sponsoren in der Firma aus unter dem Titel »Naturpoesie«. Man habe »sehr meditative Räume« geschaffen, sagen die beiden Neu-Karbener. Denn sie wollen nicht nur etwas fürs Auge bieten, sondern auch für die Ohren. Es gibt Musik aus Klangschalen und andere Töne, die ihre Kunst zu einem großen Ganzen machen sollen. Es habe »sehr glückliche Reaktionen« auf ihre Lichtkunst gegeben, sagen die beiden nach ihrer Rückkehr.
»Berlin leuchtet« |
Fast 500 Gebäude wurden im Rahmen des Großprojektes in der Hauptstadt beleuchtet. Vom 30. September bis zum 16. Oktober waren Lichtinstallationen unter dem Motto »Licht verbindet« zu sehen. Das Thema soll durch facettenreiche Installationen umgesetzt werden. Highlight war das Brandenburger Tor, das täglich in einer 3-D-Show mit acht Projektoren farbenfroh in Szene gesetzt wurde. Außerdem wurden unter anderem folgende Orte ins rechte Licht gesetzt: Mall of Berlin, Siegessäule, Friedrichstadt-Palast, Deutscher Dom, Konzerthaus, Französischer Dom, Galeria Kaufhof Alexanderplatz, Europa Center, Kranzler Eck, Elefantentor am Zoo, Funkturm und Gedächtniskirche. (pe) |
Das Auto ist von der Berlin-Fahrt noch nicht ausgepackt, da bereiten sie schon eine weitere Ausstellung in Offenbach vor. Und sie wollen in die Schulen gehen, um den Kindern mit Licht und Tönen Ruhe zu vermitteln.
Auch in Karben werden sie demnächst sichtbare Spuren hinterlassen. Im Rahmen der Künstler-Initiative, der beide beigetreten sind, planen sie die Beleuchtung des Gehspitzbrunnens, der zu einem öffentlichen Kunstobjekt werden soll.