Kommunen arbeiten gemeinsam gegen Sucht
Karben/Bad Vilbel (koe). Eltern oder Partner merken es meist viel zu spät: Das Feierabendbier, viele Stunden vor dem Computer oder exzessives Feiern am Wochenende werden zum Problem. Jugendliche und Erwachsene werden süchtig. Sei es nach Alkohol, PC-Spielen oder illegalen Drogen.
Karben/Bad Vilbel (koe). Eltern oder Partner merken es meist viel zu spät: Das Feierabendbier, viele Stunden vor dem Computer oder exzessives Feiern am Wochenende werden zum Problem. Jugendliche und Erwachsene werden süchtig. Sei es nach Alkohol, PC-Spielen oder illegalen Drogen. Hilfe bekommen Betroffene bei Drogenberatungsstellen. Die Kommunen Bad Vilbel und Karben arbeiten hierbei seit 1993 zusammen. Berater Lutz Illhardt ist seitdem in beiden Städten tätig. Er kümmert sich direkt um Abhängige und engagiert sich stark in der Prävention. Am Donnerstag zogen die Verantwortlichen gemeinsam im Karbener Rathaus Bilanz.
185 Menschen hat Illhardt im vergangenen Jahr beraten, rund 789 Gespräche geführt. Auffällig war, dass es erstmals mehr Cannabis-Süchtige (64 Personen) gab als Alkoholabhängige. Das liege daran, dass der Konsum oft bei Straßenverkehrskontrollen auffällt. »Der Stoff ist sehr lange nachweisbar. Anders als andere Drogen«, erklärte Illhardt. Schnell ist dann bei einer Kontrolle der Führerschein weg, und der Betroffene muss zur Medizinisch-Psychologischen Untersuchung (MPU), um diesen wieder zubekommen. Dafür müssen die Abhängigen zur Beratung gehen: »Bei mir geht es nicht darum, bei der MPU ein Schauspiel abzuliefern, sondern der Problematik auf den Grund zu gehen«, sagte Illhardt.
So sieht es auch Hans Peter Krämer, Leiter des Zentrums für Jugendberatung und Suchthilfe für den Wetteraukreis. »Familien müssen die Problematik erkennen und auch wahrhaben wollen. Der tatsächliche Einstieg, Cannabis zu konsumieren, beginnt mit elf bis 13 Jahren.« Die Abhängigkeit falle oft erst spät auf.
Bei Alkoholsucht ist diese Tendenz noch stärker. 52 Personen beriet Illhardt 2008. »Alkohol braucht Jahre, bis es zum Problem wird. Viele arbeiten weiter, und da es eine sozial anerkannte Droge ist, fällt auch ein gelegentlicher Rausch nicht negativ auf«, sagte der Drogenberater.
Ähnlich verhält es sich mit Computerspielsucht. Eltern oder Partner sehen zunächst kein Problem: »Mein Kind ist doch zu Hause. Dort kann es nicht abhängig werden«, sei der Gedanke vieler Erziehungsberechtigten. Da die Kinder oft nachts oder am Wochenende spielen, falle es erst auf, wenn schulische Leistungen nachlassen. Gefahren sieht Illhardt in Spielen wie »World of Warcraft«, vermeintlich harmlosen Chaträumen und bestimmten Seiten im Internet. Uneingeschränkter Zugang zum PC ist nichts«, sagt er. Zunächst müssen nicht die Kinder Medienkompetenz erlernen, sondern die Eltern.
Sie sollten wissen, was läuft und den Zugang reglementieren: »Ein Zwölfjähriger kann es noch nicht entscheiden. Kinder sowieso nicht.« Allerdings ist die Problematik der PC-Spielsucht ein junges Phänomen. Langjährige Erfahrung wie bei harten Drogen oder Alkohol gäbe es noch nicht. Ansätze machte die Stadt mit einem Vortrag zur Mediensucht mit Regine Pfeiffer.
Für die Arbeit der Suchthilfe und -prävention wenden die Städte jeweils rund 30 000 Euro auf. 5000 Euro kommen als Zuschuss vom Wetteraukreis. Träger ist der Verein Jugendberatung und Jugendhilfe aus Frankfurt. Illhardt ist mit 20 Stunden beratend in Bad Vilbel und Karben tätig, weitere 20 Stunden kümmert er sich in beiden Kommunen wöchentlich um die Prävention.
Jugendliche möchte Illhardt vermehrt durch seine vorbeugende Arbeit erreichen. Er war im vergangenen Jahr im »Muldentreff« im Vilbeler Burgpark vor Ort und bot Freizeitmöglichkeiten an. Sollte er als Drogenberater gebraucht werden, sinke die Hemmschwelle, da er bei Betroffenen bekannt ist. Deshalb geht Illhardt unter anderem zur Vorbeugung auch in Schulen, engagiert sich im Gesprächskreis Prävention in Karben, ist auf dem Vilbeler Markt mit Alkoholtests unterwegs oder war beim Karbener »Lauf gegen Sucht« dabei.
Im vergangenen Jahr hatte er mit seiner Arbeit Erfolg. »Bei über 50 Prozent verbesserte sich der Zustand oder sie blieben abstinent«, berichtete der Drogenberater. Doch nicht immer kann Illhardt im ersten Schritt helfen: 22 Personen hätten die Behandlung abgebrochen, 26 Klienten wiesen einen unveränderten Konsum auf, bei fünf Personen wurde es sogar schlechter. Aber aus denjenigen, die es schaffen, ziehe er seine Motivation, so Illhardt.