Juli-Hochwasser war Folge von „Jahrhundertregen“ – Erste Bilanz wirft Fragen auf

In Karben hat man inzwischen Erkenntnisse aus dem Starkregen von Anfang Juli gewonnen. Sie werden in der nächsten Sitzung des Stadtparlaments ebenso erörtert wie eine Reihe von Anfragen der Fraktionen zu der Problematik.
Karben – Eigentlich war jener erste Sonntag im Juli ein ruhiger Tag - bis der Starkregen einsetzte. Für viele Menschen in Okarben, Groß- und Klein-Karben war es dann mit der Ruhe vorbei. Erst recht für die Karbener Feuerwehren, die ausrücken und Keller leerpumpen und kleine Seen von Straßen entfernen oder unterspülte Unterführungen leerpumpen musste.
Die Karbener Stadtwerke haben jetzt Bilanz gezogen über jenen 4. Juli, der heftigste Regengüsse brachte. Am 4. Juli 2021 sei auf der Kläranlage innerhalb von 90 Minuten eine Niederschlagsmenge von 55 Litern pro Quadratmeter gemessen worden, bilanziert der technische Leiter der Stadtwerke, Michael Quentin. Daran, wie er das einordnet, lässt er keinen Zweifel: Das entspreche einem Ereignis, »wie es nur alle hundert Jahre vorkommen sollte«. Doch davon kann in Zeiten des Klimawandels nicht mehr die Rede sein. Denn diese Ausnahmewetterlagen werden sich häufen, sagen Experten. Was bedeutet: Immer häufiger rechnen sie mit extremen Wetterlagen, entweder mit langen Dürreperioden oder zunehmenden Starkregenereignissen. Der »Jahrhundertregen« am 4. Juli in Karben hat insgesamt zu 65 Feuerwehreinsätzen geführt. Bei allein 53 Einsätzen sei das Wasser aus den Kellern abgepumpt worden.
»Wir haben kürzlich zusammengesessen und dieses Unwetter analysiert«, sagt Bürgermeister Guido Rahn (CDU). Im Rathaus ließ er sich von Quentin und Stadtbrandinspektor Christian Becker über die Einsätze informieren.
Jahrhundertregen in Karben: Fehlanschlüsse auf Grundstücken
Die Verantwortlichen haben mit Betroffenen Gespräche geführt. Dabei habe sich »häufig« herausgestellt, dass die Rückstausicherung »nicht oder fehlerhaft eingebaut« worden war. Häufig lägen auf privaten Grundstücken »hausgemachte Planungs- und Ausführungsfehler« vor, analysiert Quentin. Beispiele seien hier Lichtschächte, die mit der Grundstückszuleitung verbunden seien, oder nicht abgedichtete Leerrohre für Stromkabel, in die Wasser eingedrungen sei.
Der Stadtwerke-Experte empfiehlt den Grundstückseigentümern, dort, wo das möglich sei, das Niederschlagswasser vom Kanalnetz abzuklemmen. Dies etwa könne durch den Bau von Zisternen passieren. In Neubaugebieten seien diese grundsätzlich schon vorgeschrieben. Und was können Stadt und Stadtwerke tun? Quentin und Rahn betonen, dass ein Abwassernetz grundsätzlich nicht auf Starkregenereignisse ausgelegt werden könne. »Dies wäre überdimensioniert und nicht finanzierbar.« Allerdings haben die Stadtwerke laut Verantwortlichen in den vergangenen Jahren das Kanalnetz fortlaufend saniert und, wo erforderlich, auch erneuert.

Besonderen Handlungsbedarf sieht man in Okarben. Wie die Stadtwerke ankündigen, sollen in Okarben in der Hauptstraße und in der Neugasse Kanalabschnitte ausgetauscht werden. Auch die Stadtverordneten haben sich Gedanken gemacht. Gleich fünf Anfragen liegen für die nächste Sitzung des Stadtparlaments am Freitag, 10. September, vor. So fragen die Grünen danach, welche Hochwasserschutzmaßnahmen für die Nidda bestehen. Sie wollen auch wissen, welche anderen Gewässer so katastrophal überflutet werden könnten, dass Bürger sowie deren Eigentum gefährdet werden könnten. Sie fragen ebenso danach, wie viele Warnsirenen in der Stadt in Betrieb seien.
Jahrhundertregen in Karben: Sondersitzung des Ausschusses?
Die CDU will wissen, welche Maßnahmen zum Hochwasserschutz in den vergangenen Jahren unternommen worden seien. Den meisten Anfragen gemeinsam ist die Frage nach einer Starkregengefahrenkarte, beziehungsweise einer Fließpfadkarte, so etwa SPD oder Freie Wähler. Und auch von der FDP. Dazu schreibt der FDP-Stadtverordnete Oliver Feyl, die Fließpfadkarten zeigten Wege auf, die das Wasser bei Starkregen durch die Kommune nehmen könnte. Erstellt würden diese Karten vom Hessischen Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie. Feyl fragt auch danach, ob es bei Stadtwerken und Feuerwehr besondere Notfallpläne gebe, die sich mit dem Ernstfall einer Hochwasserkatastrophe befassen. Er will, wie auch die CDU-Stadtverordnete Kathrin Grüntker, wissen, welche Warnssysteme in der Stadt aktiv seien, wie beispielsweise Sirenen oder auch Apps.
Schließlich wollen die Sozialdemokraten noch wissen, ob es ein Hochwasserkonzept für die Baugebiete Brunnenquartier, Taunusbrunnen/Quellenhof, Kalkofen und Fuchslöcher gebe. In der Sondersitzung des Ausschusses für Stadtplanung und Infrastruktur zu Radwegen wurde gefrotzelt, dass man zum Thema Hochwasser wieder eine extra Sitzung machen sollte. Angesichts der vielen Fragen der Fraktionen und des Erläuterungsbedarfs könnte eine solche Sitzung tatsächlich kommen, wenn sich die Stadtverordneten am Freitag darüber einig werden.
Die Sitzungswoche der Stadtverordneten beginnt am Dienstag, 7. September, um 18.30 Uhr. Dann kommt der Ausschuss für Jugend, Soziales und Kultur zusammen. Am selben Abend tagt um 20 Uhr der Ausschuss für Stadtplanung und Infrastruktur. Der Haupt- und Finanzausschuss hat am Mittwoch, 8. September, um 19 Uhr seine Sitzung.Und die Stadtverordnetenversammlung kommt am Freitag, 10. September, um 20 Uhr zusammen. Alle Sitzungen finden alle im Bürgerzentrum, Rathausplatz, statt.