Frontale Sitzordnung im Karbener Parlament

Neue Gesichter, ein zusätzlicher Parteivertreter, neue Sitzordnung und ein erweiterter Ausschuss. Wenn heute Abend das Karbener Stadtparlament erstmals in der neuen Wahlperiode zusammentritt, wird einiges anders sein als in den Jahren zuvor.
D ie Wahlschlacht ist geschlagen, nun geht es an die Sacharbeit, haben die Zeitungen noch bei den letzten und vorletzten Kommunalwahlen geschrieben. Nun, von “Schlacht„ konnte in dem vom Winterwetter und Corona bestimmten, zumeist digitalen Wahlkampf gar keine Rede sein. Vielmehr war es ein sachliches Werben um die Wähler mit Fakten und weitgehend ohne Kontakt zur Wählerschaft.
Die CDU hat mit ihrem Wahlkampfslogan “Stabile Mehrheit für Guido Rahn„ offenbar den Nerv der Wählerinnen und Wähler getroffen. Denn sie hat, wie schon in der vergangenen Wahlperiode, wieder die absolute Mehrheit der Stadtverordnetensitze erzielt. 19 Christdemokraten sitzen im neuen Stadtparlament. Die anderen Fraktionen kommen auf zusammen 18 Mandate.
Federn lassen musste abermals die SPD, die weitere zwei Sitze verlor und nur noch mit sechs Mitgliedern im Parlament vertreten ist. Damit hat sie genauso viele wie die Grünen, die bei den März-Wahlen mächtig zulegten. Die Freien Wähler haben ihre Sitzzahl gegenüber der letzten Wahlperiode halten können und sind wieder mit drei Mandaten dabei.
Waren im vorigen Stadtparlament lediglich zwei einzelne Stadtverordnete vertreten, nämlich von der FDP und der Linken, ist jetzt erstmals ein Rechter hinzugekommen. Wilfried Repp vertritt die AfD künftig im Stadtparlament.
Sitzung mit größeren Abständen
Heute um 19 Uhr kommen die Stadtverordneten also im Saal des Bürgerzentrums zu ihrer Sitzung zusammen, um sich zu konstituieren und den Magistrat zu wählen. Getagt wird unter Pandemiebedingungen, und das bedeutet: Die Abstände müssen eingehalten werden. Den Stadtverordneten steht für kommenden Freitag zudem nicht der gesamte große Saal zur Verfügung, weil im hinteren Teil, dem sogenannten Drittelsaal, die Karbener Apotheker ihre Corona-Teststation eingerichtet haben.
Was also tun, hieß die Frage, die sich das Sitzungsbüro gestellt hat. Dessen Leiter Christian Lenz hat entschieden, dass die Anordnung der Tische und Stühle geändert wird. Die Idee dazu brachte er aus Bad Vilbel mit, wo er dieses Amt jahrelang innehatte. “Wir ordnen die Tische wie in Bad Vilbel hintereinander an„, sagt er. Das schaffe die notwendigen Abstände. Die seit Jahren bekannte U-förmige Anordnung der Tische klappt also nicht, weil sonst die gesetzlich vorgeschriebenen Abstände bei voller Besetzung des Parlaments nicht hätten eingehalten werden können.
So wird es in der neuen Wahlperiode also so gehen: Rechts vom Präsidium der Stadtverordnetenversammlung, auf dem der Bürgermeister, die Magistratsmitglieder, die Stadtverordnetenvorsteherin und die Vertreter der Verwaltung sitzen, werden die Tische der CDU in zwei Reihen aufgestellt, dann folgt in der Mitte eine Reihe mit den drei FW-Vertretern sowie den drei Einzelstadtverordneten von FDP, Linken und AfD. Links davon sind in zwei Reihen die jeweils sechs Tische für SPD und Grüne gestellt.
Hauptausschuss hat elf Mitglieder
Den Mitgliedern des Ältestenrats sei die Sitzordnung so vorgestellt worden, es habe dagegen keine Einwände gegeben, freut sich Lenz, dass alle einverstanden sind.
Nach Angaben der alten und vermutlich auch neuen Stadtverordnetenvorsteherin Ingrid Lenz - die CDU will sie abermals vorschlagen - soll es in der neuen Wahlperiode vier Stellvertreter geben statt bisher drei. Der Haupt- und Finanzausschuss solle von neun auf elf Köpfe erweitertwerden, damit jede Fraktion zwei Stadtverordnete dorthin entsenden kann.
Dieser Ausschuss ist übrigens der einzige von der Hessischen Gemeindeordnung vorgesehene Ausschuss. Die anderen Ausschüsse gelten als sogenannte Hilfsausschüsse. Sowohl für den Ausschuss für Stadtplanung und Infrastruktur als auch für den Ausschuss Jugend, Soziales und Kultur, soll es bei neun Mitgliedern bleiben.
Falls pandemiebedingt die Stadtverordnetenversammlung Ende Mai zu ihrer zweiten Sitzung nicht zusammenkommen kann, soll der Haupt- und Finanzausschuss tagen. Dessen Beschlüsse müssten dann laut Gesetz ein späteres Stadtparlament nachträglich absegnen.
Schließlich wurde für die heutige konstituierende Sitzung die Tagesordnung so gestaltet, dass die Mitglieder des neuen Magistrats ganz am Ende des Abends gewählt und vereidigt werden. Das hat laut Christian Lenz den Vorteil, dass die acht Nachrücker zur ersten Sitzung nicht erscheinen müssen und damit die Gesamtpersonenzahl geringer gehalten werde.
Mit der Alternative für Deutschland (AfD) wird erstmals eine rechte Partei im Karbener Parlament vertreten sein. Bei der Wahl am 14. März hatte die AfD als Partei 2,70 Prozent erreicht, Spitzenkandidat Wilfried Repp hatte 1446 Personenstimmen erhalten. Repp, der zuvor im Kreistag gesessen hatte, kündigte gegenüber dieser Zeitung an, “dass ich mich auch einbringen werde„. Er wolle zunächst einmal zuhören, welches die Schwerpunktthemen im Karbener Parlament seien. Der gebürtige Karbener hat erklärt, dass er selber das Schwerpunktthema “Bezahlbarer Wohnraum„ habe. Der sei in Karben in den letzten Jahren “eher abgebaut worden„, anstatt dass mehr hinzugekommen sei. Wenn das Brunnenquartier diskutiert werde, wolle er sich zum Thema Verkehr äußern.
CDU-Fraktionschef Mario Beck meint, bisher habe sich die AfD so gut wie gar nicht kommunalpolitisch positioniert. “Die Wahlkampfveröffentlichungen waren stark bundespolitisch geprägt. Für Karben hat die AfD schlichtweg kein Konzept.„ Umso mehr freue es ihn, dass die Karbener Wählerinnen und Wähler die AfD “regelrecht abgestraft haben und deren Stimmanteil bei den Kommunalwahlen deutlich unter den AfD-Stimmanteilen bei den letzten Europa-/Landtags-/Bundestagswahlen in den Karbener Wahllokalen blieben„. Sollte sich die AfD zu kommunalen Themen noch positionieren, sehe sich die CDU für die inhaltliche Auseinandersetzung gut gewappnet.
Für die SPD sagt deren Vorsitzende Nora Zado, die AfD sei in den kommunalen Parlamenten tendenziell weniger aktiv. “Nun heißt es jedoch in Karben erst mal, abwarten und beobachten, ob und wie sich der gewählte Vertreter in die parlamentarische Arbeit in Karben einbringt. Bisher ist von den Inhalten und Ideen dieser Partei für Karben zumindest nichts bekannt.„ Sollten irgendwann Anträge der AfD vorliegen, werde man sich die genau anschauen. Ignorieren oder andere pauschale Verhaltensweisen im Umgang mit der AfD seien nicht hilfreich, findet Nora Zado. Dennoch müsse klar sein, “dass Menschenverachtung, Rassismus, rückschrittliche und repressive Gesellschaftsbilder oder antidemokratisches Verhalten von den demokratischen Parteien nicht geduldet werden„. Bislang seien von der Karbener AfD keine Ideen und Forderungen für Karben bekannt.
Für die Grünen erklärt Ortssprecher und Stadtverordneter Lindon Zena, es sei nötig, wenn ein Antrag von der AfD komme, diesen bezüglich seines Zieles sowie seiner Argumentation genau anzuschauen. Eine pauschale Ignorierung, sei im Umgang mit der AfD nicht hilfreich “und hilft ihr nur dabei, ihren Opfermythos weiter auszubilden„. pe