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Breite Kritik an Arbeitgebern

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Karben (jas). Bei herrlichem Frühlingswetter nahmen zahlreiche Menschen an der Feier des Karbener Gewerkschaftsbundes auf dem Gelände der Naturfreunde am Silberwiesenweg teil. Sie hörten Reden des Vorsitzenden Bernd Benölken und von Peter Pilger, dem ehemaligen Gewerkschaftssekretär beim DGB Mittelhessen.

Schon traditionell eröffneten die Sänger des Gesangvereins »Eintracht« Petterweil die Kundgebung. Naturfreunde und Mitglieder des Anglervereins Okarben kümmerten sich als eingespieltes Team um die Bewirtung der Gäste.

»Mit dem diesjährigen Motto ›Rausgehen – für ein soziales Europa» wollen wir uns für gute Arbeit in Europa einsetzen und verhindern, dass der Staat die Folgen der Euro-Krise auf Arbeitnehmer und sozial Schwache abwälzt«, so Benölken. Darüber hinaus stehe der Tag der Arbeit in diesem Jahr auch im Zeichen aktueller Tarifauseinandersetzungen. »Arbeitnehmer in Deutschland haben unter dem Strich immer weniger Lohn.« Hauptgrund seien die stark gestiegenen Preise, vor allem bei Energie und Benzin, so der DGB-Ortsvorsitzende. »Die Reallöhne sind laut internationaler Arbeitsorganisationen von 2000 bis 2009 um 4,5 Prozent gesunken. Im restlichen Europa hingegen sind sie zwischen 2,7 Prozent in Österreich und 25 Prozent in Norwegen gestiegen.« Die Forderungen des DGB seien klar: gerechte Löhne, gute Arbeit und soziale Sicherheit für ein soziales Europa.

»Wir begehen den 1. Mai 2012 in schwierigen Zeiten«, sagte Hauptredner Pilger. »Wir brauchen einen Marshallplan, der den krisengeschüttelten europäischen Staaten hilft, wieder auf die Beine zu kommen. Wir brauchen Investitionen in Innovation, Forschung, Technologie, Bildung, Infrastruktur und Klimaschutz.« Ein solches Investitions- und Entwicklungsprogramm kurbele den Wachstumsmotor wieder an und bekämpfe die hohe Arbeitslosigkeit. Eine Finanzierung dieses Zukunftsplans, so Pilger, sollte durch »hohe Einkommen und Vermögen« erfolgen. Denkbar sei ein Zukunftsfonds, aber auch die Einführung neuer gemeinsamer europäischer Steuern wie zum Beispiel eine Finanztransaktionssteuer. »In jedem Fall brauchen wir endlich eine stärkere Belastung der Reichen und der Verursacher der Krise«, so Pilger.

Auch den Themen Kurzarbeit, Arbeitszeitkonten und Niedriglohnsektor widmete sich der Gewerkschafter in seiner Rede. »Wir erleben einen verstärkten Rückgang der Tarifbindung. Der Niedriglohnsektor hat sich enorm ausgeweitet. Arbeitgeber entziehen sich zunehmend der Mitgliedschaft in den Arbeitgeberverbänden und damit der Anwendung von Tarifverträgen.« Löhne werden gedrückt, die Solidarität der Beschäftigten unterlaufen, die Mitbestimmung ausgehebelt und die Menschen gegeneinander ausgespielt, so Pilger. Es sei nicht länger hinnehmbar, dass Blockaden gegen das Thema Mindestlohn errichtet werden.

Kurz äußerte sich Bürgermeister Guido Rahn zum Thema gerechter Löhne. »Wir als Stadt geben’s gerne, wenn wir’s haben. Wichtig aber ist, dass die Kommunen auch genügend Geld bekommen. Denn auch wir haben immer weniger.« Dass es durchaus möglich sei, gute Löhne zu erreichen, da ist sich die Landtagsabgeordnete Lisa Gnadl sicher, die mit ihrer kleinen Tochter zur Maikundgebung nach Karben gekommen war. SPD und Gewerkschaften müssten gemeinsam für dieses Ziel kämpfen.

Auch forderte sie eine Übernahmegarantie für junge Leute nach Abschluss der Ausbildung. Berufsanfänger hangeln sich von Praktikum zu Praktikum, von befristeter Stelle zu befristeter Stelle, so die Sozialdemokratin. »Eine langfristige Perspektive ist nicht mehr gegeben. Das hat Auswirkungen auf die Rente. Die Altersarmut nimmt zu.« Nur mit Sparen komme man in Europa nicht vorwärts. »Es müssen mehr Anreize für Wachstum und Beschäftigung geschaffen werden«, so Gnadl.

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