Sie betreut fünf Trotzköpfchen

Karben (ltk). Etliche Eltern geben ihre Kinder lieber zu einer Tagesmutter anstatt in einen Kindergarten. Katharina Poyraz ist eine von zwölf Tagesmüttern in Karben. Wir haben sie in Burg-Gräfenrode besucht.
Ein regnerischer Herbstferienmontag könnte schlechte Laune machen. Wenn man aber ins Wohnzimmer von Katharina Poyraz (32) kommt, geht die Sonne auf. Vier Kinder im Alter zwischen ein und zwei Jahren sitzen auf Stühlchen an einem kleinen Tisch und knabbern an Apfel- und Bananenstückchen. Teile der Banane kleben an den Händchen und in den Gesichtern, es wird genüsslich am Apfelschnitz geschmatzt. Poyraz ist Tagesmutter. Seit gut drei Jahren wird jeden Wochentag von 7 bis 16 Uhr ihr Wohnzimmer zum Spielzimmer, an zwei Tagen sogar bis 17 Uhr.
Die gelernte Arzthelferin betreut fünf Kinder, wegen der Herbstferien sind es aktuell vier: Tim, Jona, Jakob und Lea. Lea ist gerade erst eingewöhnt worden und hat sich gut bei Poyraz eingelebt. Letzte Woche feierten sie ihren ersten Geburtstag. Lea hat davon noch nicht viel mitbekommen, aber die anderen Kinder haben sich dafür umso mehr für sie gefreut.
In der Regel sind Tagesmütter für die U3-Betreuung zuständig. Dies sei eine tolle Zeit, weil die Kinder so viel lernen und sich in den ersten Jahren stetig weiterentwickeln, so Poyraz. Aber sie kriege auch das volle Ausmaß der Trotzphase mit – »und das wird meistens erst wieder besser, kurz bevor sie in den Kindergarten gehen«. Auch am Montag bleiben kleinere Streitereien um Spielzeuge nicht aus. Der eine hat das Auto zuerst und will nicht teilen. Das erzeugt bittere Tränen beim anderen. Aber zum Glück gibt es genug Spielzeug für alle und Poyraz kann schnell ablenken.
Zeit vergeht wie im Flug
»Mir wird oft von Außenstehenden gesagt, wie lang mein Arbeitstag sei, aber die Zeit vergeht wie im Flug«, sagt Poyraz. »Vor allem im Sommer, wenn wir viel draußen unternehmen. Oft gehen wir zum Bauern Bär, holen uns Erdbeeren und setzen uns ins Feld. Und plötzlich ist es schon 11 Uhr und ich muss zusehen, dass ich rechtzeitig um 12 im Kindergarten bin, um meine eigenen Kinder Noah (5) und Melina (3) abzuholen.« Dann gibt es zu Hause Essen. Oft hat Poyraz das schon am frühen Morgen im Thermomix vorbereitet. Jona, der um 7 Uhr von seinen Eltern gebracht wird, leistet ihr dabei ebenso Gesellschaft wie ihre beiden eigenen Kinder.
Die eigenen Kinder seien anspruchsvoller, was die Zuwendung angeht, erzählt Poyraz. Wo sich die Pflegekinder auch alleine oder miteinander beschäftigen, fordern Noah und Melina Mamas Aufmerksamkeit in anderem Maße. Das zeigt sich auch beim Mittagsschlaf am Montag: Es ist Melina, die verkündet: »Mama, ich kann nicht mehr laufen!« Sonst ist Melina ihrer Mama aber eine Hilfe. Gewissenhaft und ohne Aufforderung räumt sie das überall im Zimmer verteilte Spielzeug in die dafür vorgesehenen Kisten. »Das sieht mit dem eigenen Spielzeug aber schon wieder ganz anders aus«, sagt Poyraz. Auch die anderen Kinder helfen jeden Tag beim Aufräumen mit: Vor dem Mittagessen, dann macht der Nachwuchs einen Mittagsschlaf und danach wird wieder gespielt, bis die Eltern ihre Kleinen abholen.
»Mir ist es wichtig, dass die Chemie zwischen den Eltern und mir stimmt«, sagt Poyraz. Immerhin sei es das größte Vertrauen, das sie ihr entgegenbringen, wenn sie ihre Kinder bei ihr ließen. »Ich hatte einmal den Fall, dass ein bereits über drei Jahre altes Mädchen weiter bei mir bleiben sollte. Aber das musste ich leider ablehnen. Da wäre der Altersunterschied zu groß gewesen und ich wäre ihr nicht mehr gerecht geworden.« Gleiches gelte auch für zu junge Kinder. Ein drei Monate altes Baby brauche eine ganz andere Betreuung als Kleinkinder zwischen ein und zwei Jahren. Poyraz’ Rat ist: Sobald man einen Kindergartenplatz angeboten bekommt, sollte man ihn annehmen.
Der Abschied von den Kindern fällt ihr aber immer wieder aufs Neue schwer. Umso schöner, dass Poyraz alle früheren Schützlinge trotzdem noch regelmäßig auf Kindergeburtstagen oder bei Besuchen sieht.