Bekenntnis zum Standort Karben

Ein Vorstandsvorsitzender geht, ein anderer kommt. Beim Karbener Büromöbelhersteller König+Neurath steht erneut ein Wechsel in der Verantwortung bevor.
Marc W. Lorch folgt auf Hartmut Hagemann. Die beiden erläutern die Gründe und sprechen über Veränderungen in der Arbeitswelt sowie über die Auswirkungen des Ukraine-Krieges.
Seit dem Jahr 2020 hat es beim traditionsreichen Karbener Büromöbelhersteller König+Neurath einige Wechsel im Vorstand gegeben. Nachdem die beiden Vorständler Held und Offermann 2020 aufgehört hatten, sei »eine gewisse Unruhe aufgekommen«, sagt Hartmut Hagemann, noch bis Ende März Vorstandsvorsitzender bei K+N. Demnächst geht er in Ruhestand. Doch das Unternehmen beziehungsweise dessen Aufsichtsrat haben für einen »geordneten Übergang« gesorgt, wie es in der seinerzeitigen Mitteilung hieß. Marc W. Lorch wird den Vorsitz im Vorstand übernehmen. Ein neues Gesicht? Nein, denn Lorch ist schon im April vergangenen Jahres als Vorstand Marketing und Vertrieb in das Unternehmen gekommen. Ab April also wird er an der Spitze der Firma stehen.
Aus dem Ruhestand zurückgeholt
Für Hagemann, der bereits im Ruhestand war, beginnt mit 66 Jahren dieser dann tatsächlich. Seinerzeit, als K+N die beiden genannten Vorständler verloren hatte, habe man ihn gebeten, zu übernehmen. »Das habe ich auch zugesagt, aber maximal für zwei Jahre«, betont Hagemann.
Der 53-jährige Lorch übernimmt im April die Führung in einem Familienunternehmen. Damit kennt er sich aus, denn zuvor war er in einem Unternehmen für Verbundstoffe und Oberflächentechnologie in der Schwäbischen Alb tätig. Dort hat er nach eigenen Angaben den technisch-textilen Bereich verantwortet.
Er kennt sich also aus mit Bereichen, die auch bei K+N wichtig sind. Und er hat bereits seit gut einem Jahr in dem Karbener Unternehmen Erfahrung sammeln und Einblicke bekommen können.
K+N lediglich als Büromöbelhersteller zu bezeichnen, verkürzt aber dessen Geschäftswelt. In den Anfangsjahren und Jahrzehnten des bald 100 Jahre alten Unternehmens mag das noch zugetroffen haben. Doch schon seit Jahren agiert K+N als Komplett- anbieter im Bereich Büro. »Schon in der Planungsphase sind wir involviert«, sagt der künftige Vorstandsvorsitzende. Er und Hagemann haben es oft mit Firmen oder kleineren Gewerbetreibenden zu tun, die sich verändern wollen, aber nicht wissen, welche Möglichkeiten es gibt. »Bei uns bekommen sie ausführlich Beratung. Und wenn sie uns den Auftrag geben, begleiten wir sie im gesamten Prozess.«
Dabei berate man eine Bank, die gerade eine ganze Etage neu einrichten möchte, genauso wie etwa ein Unternehmen des öffentlichen Dienstes, das seine Verwaltung umstrukturiert. Viele der Beratungen betreffen die Veränderungen in der Arbeitswelt. Nicht erst, aber gerade nach der Corona-Pandemie haben die Änderungen in der Arbeitswelt an Fahrt aufgenommen, wissen die Vorständler. »Viele Firmen verkleinern ihre Büroflächen, kombinieren Homeoffice mit Präsenzarbeit im Betrieb.« Laut Hagemann gebe es auch schon Arbeitnehmer, »die per Handy für den nächsten Tag einen Schreibtisch buchen«.
Neue und klassische Ideen fürs Büro
Flexibilität in der Arbeitswelt sei gefragt. »Heutzutage haben immer weniger Arbeitnehmer einen festen Arbeitsplatz für die gesamte Woche.« Deshalb biete man auch flexible Büromöbel an. In der Ausstellungshalle des Unternehmens stehen denn auch spezielle Büromöbel. Etwa kleine Rollcontainer, in denen Menschen ihre wenigen Büro-Utensilien unterbringen können, und die an die gerade freien Arbeitsplätze gerollt werden können. »Da drauf können Sie auch kurze Zeit sitzen«, zeigen Hagemann und Lorch auf die kleinen Container. Besonders groß sind die Container nicht. »Es gibt im digitalen Zeitalter immer weniger Aktenordner«, begründen die Vorstandsvorsitzenden.
Die neue Arbeitswelt verlangt Räume für Besprechungen, aber auch Ruhezonen beziehungsweise Bereiche für sogenannte Think-Tanks, also Räume oder abgetrennte Raumteile, in denen in Ruhe nachgedacht werden kann. In den Karbener Ausstellungshallen finden sich zwar noch verstellbare Bürostühle, aber auch Sessel mit extra hohen Lehnen und speziellen Kopfstützen, mit denen diejenigen, die darin sitzen, gegen umliegenden Lärm abgeschottet werden können. Und wer auf digitale Konferenzen setzt, wird bei K+N gleichfalls fündig. »Das stellen wir zwar selber nicht her, aber wir arbeiten mit Partnern zusammen, die diese Technik anbieten.«
Trotz der Neuerungen in der Arbeitswelt findet man bei K+N auch das klassische Bürosortiment, etwa den höhenverstellbaren Schreibtisch oder den Stuhl mit flexibler Rückenlehne, auf der man nach Umklappen sitzen kann.
Wert lege man auch auf das Prädikat Made in Germany. Und man produziere vor Ort in Karben. Lieferkettenprobleme kennt man bei K+N weniger. »Wir konnten immer produzieren«, sagen Hagemann und Lorch. Auch als die Rohstoffe weltweit knapper geworden seien, sei man immer lieferfähig gewesen.
Dennoch sind die Corona-Krise und vor allem der Krieg in der Ukraine auch an dem Karbener Unternehmen nicht spurlos vorbeigegangen. Man müsse mit deutlich höheren Energiepreisen zurechtkommen. Das wolle man mit mehr Digitalisierung abfedern, sagen Lorch und Hagemann. Dabei sei aber keine Reduzierung der Mitarbeiterzahl geplant. »Wir qualifizieren eher unsere Kräfte, um sie für neue Techniken fit zu machen.« Man habe viele langjährige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
Das Unternehmen will auch unter der neuen Geschäftsführung zum Standort Karben stehen. »Wir sind seit mittlerweile 98 Jahren hier. Wir haben eine enge Verzahnung in die Wetterau und durch die nahe Großstadt und die Schnellstraße und die Autobahnen eine sehr gute Verkehrsanbindung.« Der neue Vorstandsvorsitzende macht deutlich: »Wir stehen zum Standort Karben. Und wir machen keine Abstriche am Service.«