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»Habe bis zuletzt mit mir gerungen«

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Von: Holger Pegelow

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Rainer Knak hat im Jahr 2016 noch Wahlkampf gemacht und war da Spitzenkandidat zur Stadtverordnetenversammlung. Zur diesjährigen Kommunalwahl tritt er nicht mehr an - auch nicht auf einem hinteren Platz. 	ARCHIVFOTOS: HOLGER PEGELOW
Rainer Knak hat im Jahr 2016 noch Wahlkampf gemacht und war da Spitzenkandidat zur Stadtverordnetenversammlung. Zur diesjährigen Kommunalwahl tritt er nicht mehr an - auch nicht auf einem hinteren Platz. ARCHIVFOTOS: HOLGER PEGELOW © Holger Pegelow

Als die Karbener Grünen ihre Liste für die diesjährigen Kommunalwahlen vorgestellt haben, hat es eine dicke Überraschung gegeben: Ihr bisheriger Spitzen- kandidat Rainer Knak tritt nicht wieder an. Die Frage nach dem Warum und weitere Fragen hat er dieser Zeitung beantwortet.

Herr Knak, warum treten Sie zur nächsten Wahl nicht mehr an?

Zum einen will ich mich intensiv auf meine Arbeit als Rechtsanwalt konzentrieren, es hat aber auch politische Gründe. Seit Corona die Lage dominiert, habe ich mich ausführlich damit auseinandergesetzt, ob der Staat all das tun darf, was er zum Schutze vor Corona beschließt und ob es hinsichtlich alltäglicher Bedrohungen für Mensch und Umwelt verhältnismäßig ist. Gerade die Grünen waren einmal ein Ort der Diskussion. Einwände gegen eine vielleicht vorschnelle Impflösung, ein Begriff von Gesundheit, der mehr ist als die Abwesenheit von Gebrechen, eine gesunde Skepsis gegenüber staatlichen Eingriffen in faktisch alle Lebensbereiche sowie die Frage nach Umwelteinflüssen auf Krankheitsverläufe, das alles wären eigentlich originär grüne Punkte gewesen. Menschen sind zunehmend verzweifelt wegen der Maßnahmen. Ich sorge mich, dass sie bei rechten Kräften landen könnten. Meine Partei scheint das zu ignorieren. Daher kann ich mir gerade nicht vorstellen, derzeit an einem Wahlkampfstand mit voller Überzeugungskraft für sie zu werben.

Wann ist diese Entscheidung gefallen?

Das war ein langer Prozess, den ich mir nicht leicht gemacht habe. Zu gern habe ich mich über die Jahre für Mensch und Umwelt in Karben eingesetzt. Zu gern habe ich mit den Menschen aus Partei und Fraktion zusammengearbeitet, die mir ans Herz gewachsen sind. Wenn ich ehrlich bin, habe ich bis zuletzt mit mir gerungen.

Warum haben Sie sich nicht auf einen hinteren Listenplatz setzen lassen?

Wenn ich kandidiere, dann mit möglichst guten Aussichten. Halb kandidieren ist nicht so meine Art.

Wenn Sie mal zurückdenken: Hat sie im Stadtparlament mal etwas richtig geärgert?

Klar, gab es ein paar emotionale Momente, die sind aber weniger interessant. Wenn einen etwas ärgert, dann dass das Ringen um die Urheberschaft von Ideen manchmal unnötig Zeit kostet. Wir könnten etwa in Sachen sozialer Wohnungsbau und Solardächern heute wesentlich weiter sein, wenn die Ideen meiner Fraktion und anderer früher Konsens geworden wären. Aber dass solche Dinge irgendwann mehrheitsfähig werden, ist natürlich gut.

Was ist Ihnen lieber, eine Redeschlacht oder eine harmonische Sitzung mit gegenseitigem Lob?

Politikerinnen und Politiker sind nicht gewählt, sich in Lobhudelei zu üben. Diskussionskultur heißt das Zauberwort. Ich selbst schieße auch manchmal über das Ziel hinaus, aber respektvolle, sachorientierte und kontroverse Debatten dürfen die Menschen von ihren Vertreterinnen und Vertreter erwarten.

Wären Sie lieber in einer Regierungskoalition, weil Opposition »Mist ist«?

Nein, diese Haltung teile ich nicht. Opposition soll den Menschen eine Alternative bieten. Sie muss der Minderheit eine starke Stimme geben und die Mehrheit durch kluge Kritik einhegen und zwingen, ihre Entscheidungen gut zu begründen. Sie hält die Diskussion am Laufen, ohne die die Demokratie doch nur eine Diktatur der Mehrheit wäre. Ich kann darin nichts Schlechtes erkennen.

Nennen Sie uns bitte ein oder zwei wichtige Themen, von denen Sie meinen, dass Sie in der Stadtverordnetenversammlung erfolgreich grüne Inhalte durchgesetzt haben.

Alleine setzt in einer Demokratie niemand etwas durch. Aber ich habe zum Beispiel die Busverbindung in den Hochtaunuskreis oder den Nachtbus seinerzeit engagiert mit vorangetrieben. Auch bin ich stolz, an der Verankerung des sozialen Wohnungsbaus in künftige Bauprojekte erfolgreich mitgewirkt zu haben. Ich glaube,, die CDU wäre ohne unsere emsigen Initiativen etwa in den Bereichen nachhaltiges Bauen, Verkehr noch eine andere Partei.

Können Sie sich ein Karbener Parlament ohne Rainer Knak vorstellen?

Natürlich. Ein Parlament lebt nicht von Personen, sondern von Ideen. Insoweit braucht es auch gelegentlich neue Mitglieder.

Die Grünen treten nur noch in zwei Ortsbeiräten an. Geht Ihnen das Personal aus?

Das ist wohl eher eine Frage der Verteilung der Mitglieder auf die Stadt-eile.

Rainer Knak wird am 12. Februar letztmals im Stadtparlament sitzen. Zur Wahl 2021 tritt er nicht mehr an. In dieses Gremium war er im Herbst 2010 nachgerückt. Lange Jahre war er einer der beiden Sprecher des Grünen-Ortsverbandes und zudem der Wetterauer Grünen. Zur Kommunalwahl 2016 war er Spitzenkandidat seiner Partei in Karben. Der Kommunalpolitiker, Jahrgang 1983, lebt in Petterweil. Nach seinem Jurastudium an der Uni in Frankfurt ist er als Anwalt tätig. Zu seinen Hobbys gehört Klaviermusik, am liebsten von Chopin. pe

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