Unterwegs als »Botschafterin« der Kinder
Friedberg (jw). Botschafterin? »Nein«, sagt Sigrid Mosbach und muss lachen. »So berühmt bin ich nicht.« In den Schulen, die sie besucht, wird die Friedbergerin trotzdem oft als »UNICEF-Botschafterin« angesprochen.
Obwohl eigentlich nur Prominente diesen Titel tragen. »Wir sagen immer: Wir sind nicht die Botschafter, wir sind das Gesicht von UNICEF.« Wir, das sind viele Tausend ehrenamtliche Repräsentanten des Kinderhilfswerks der Vereinten Nationen, die Spenden sammeln, Aktionen organisieren oder Schulklassen über Entwicklungshilfe aufklären. Sigrid Mosbach ist seit fast zwölf Jahren dabei, »und es macht mir unglaublich viel Spa?.
Die UNICEF ist die einzige UN-Organisation, die mit Ehrenamtlichen arbeitet. Sigrid Mosbach ist in der Arbeitsgruppe Frankfurt/Main aktiv, eine von deutschlandweit rund 100 AGs, die sich vornehmlich drei Aufgaben widmen: Spenden sammeln, vor allem durch den Verkauf von Grußkarten, Dauerspender anwerben sowie Bildungs- und Informationsarbeit leisten. Mosbach hat sich für Letzteres entschieden, ist in der Region für die Zusammenarbeit von UNICEF mit den Schulen verantwortlich. »Da nehme ich Schecks entgegen, die vom Himmel fallen«, sagt sie mit einem Strahlen in den Augen.
Aber nicht nur das. Vor allem bietet Sigrid Mosbach den Schulklassen Unterrichtsprojekte an, zu Themen wie Aids, Armut, Kindersoldaten, Bildung in Afrika, Kinderarbeit oder – ein Thema, das die Schüler hierzulande ganz persönlich betrifft – Kinderrechte in Deutschland. In den kommenden zwei Jahren steht die Aufklärungsarbeit der UNICEF unter dem Motto »Wasser ist Leben«. Am 24. Mai startet UNICEF einen bundesweiten Aktionstag, die Vorbereitungen laufen.
»Wasser ist Leben« – wie macht man das Kindern begreifbar, die zu Hause nur den Hahn aufdrehen müssen, damit frisches Wasser aus der Leitung fließt? Bei Sigrid Mosbach dürfen die Grundschüler Wassereimer über den Schulhof schleppen. In Vietnam, erzählt sie den Kindern dann, müssen die Mädchen – Wasserholen ist dort Frauensache – mehrmals am Tag vier bis sechs Kilometer weit mit schweren Kanistern zum Brunnen laufen. Zeit für die Schule bleibt da keine. Dass Diktate und Einmaleins doch besser sind als diese Knochenarbeit, erfahren die Schüler am eigenen Leib.
Bei jeder Altersgruppe müsse man anders vorgehen, sagt die UNICEF-Repräsentantin. Besucht sie Oberstufenklassen, spricht sie mit den Jugendlichen nicht nur über den eigenen Wasserverbrauch (»20 Liter am Tag sind lebensnotwendig, wir verbrauchen 120 bis 160 Liter«). Auch die politische Dimension der Wasserknappheit kommt zur Sprache. »Es heißt, der nächste Krieg wird einer um Wasser sein«, sagt Mosbach und fügt hinzu: »Ich hoffe, es kommt nicht so weit.«
Wenn Sigrid Mosbach von ihren Begegnungen mit Schulklassen erzählt oder auch von ihren vielen Auslandsreisen (»Ich hab ein Reise-Gen«), kann sie ihre Begeisterung für die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen nicht verbergen. »Meine Wurzeln liegen in der Pfadfinderarbeit«, sagt sie. Durch ihren verstorbenen Mann, den ehemaligen Ersten Stadtrat Gerhard Mosbach, kam sie 1981 zum Verband Christlicher Pfadfinderinnen und Pfadfinder (VCP), engagierte sich in den internationalen Beziehungen, war zehn Jahre lang Auslandsbeauftragte des VCP-Bundesverbandes. Ihre Sprachkenntnisse kamen ihr dabei zuhilfe. Mosbach, der man das Pensionsalter nicht ansieht, hat als freiberufliche Übersetzerin aus dem Englischen und Französischen gearbeitet.
Das macht sie gelegentlich immer noch, nimmt sich aber seit zwölf Jahren ein bis eineinhalb Tage in der Woche Zeit für ihr ehrenamtliches Engagement. »Ohne Ehrenamt könnte ich nicht leben.«
Selbst den Wert von Arbeit erfahren
Die UNICEF-AG Frankfurt betreut ein Gebiet, das von Frankfurt bis nach Bad Nauheim, von Bad Orb bis Bad Homburg reicht. Als im Herbst 2000 jemand gesucht wurde, der den Kontakt zu den Schulen aufrecht- hält, war sie sofort dabei. »Das macht unglaublich viel Spaß. Man nimmt da viele Aha-Erlebnisse mit.« Etwa als sie in einer Frankfurter Schulklasse ein Projekt über Kinderarbeit anleitete und erfahren musste, dass die meisten Kinder noch nie Schuhe geputzt hatten. Auf der Berger Straße wollten die Schülerinnen und Schüler mit Schuheputzen Spenden für UNICEF sammeln. Dass man dafür keine 5 Euro verlangen kann und dieser in armen Ländern oft von Kindern ausgeübte Job selbst bei 1,50 Euro ein mühsamer ist, merkten die Kinder schnell. Nicht nur drüber reden, selbst erfahren was es heißt, arm zu sein – darum geht’s. Und wer den Wert von Geld und Arbeit erkennt, überlegt sich vielleicht, ob er ins Kino geht oder lieber fünf Euro für ein Moskitonetz spendet.
»Man muss viel improvisieren und darf nicht oberlehrerhaft auftreten«, sagt Mosbach, die ihr Ehrenamt bislang »nicht an die großen Glocke« gehängt hat. Was sie sich für die Kinder dieser Welt wünscht? »Keinen Krieg. Ausreichend Ernährung. Wasser. Eine gute Schulbildung. Keine Ausbeutung. Und Erwachsene, die sich um Kinder kümmern.« Viele Wünsche, viel Arbeit. Die UNICEF setzt sich laut ihrem Geschäftsbericht »für eine Welt ein, in der jedes Kind in Würde aufwachsen und seine Fähigkeiten entfalten kann«. Sigrid Mosbach, selbst Mutter von zwei Töchtern und zweifache Oma, will ihren bescheidenen Teil dazu beitragen.
Informationen über Aktionen und Projekte des Kinderhilfswerks UNICEF sowie die Arbeit der ehrenamtlichen Mitarbeiter gibt’s im Internet unter www.unicef.de, die Arbeitsgruppe Frankfurt ist erreichbar unter Telefon 069/4 80 07 86 oder per E-Mail (info@frankfurt.main.unicef.de).