2G oder 3G: Was sagen Wetterauer Gastronomen dazu?

Für viele Gastronomen ist es eine schwere Entscheidung: Wer nur noch geimpfte und genesene Gäste empfängt, schließt einen Teil der potenziellen Kunden aus. Dafür entfallen bei 2G aber Abstandsregeln und Maskenpflicht. Unter Wetterauer Gastronomen gehen die Meinungen zu dem Thema auseinander.
Friedberg/Bad Nauheim – Seit Mitte September können Gastronomen entscheiden, ob sie nur noch Geimpften und Genesenen Zutritt gewähren (2G). Wer möchte, kann aber weiterhin Gäste empfangen, die nur einen Negativ-Test vorlegen (3G). Wie eine WZ-Umfrage zeigt, hat sich in Wetterauer Betrieben die Mehrzahl für 3G entschieden, einige aber auch für 2G.
»Ich mache 3G, weil ich keinen Menschen ausschließen möchte«, sagt Jörg Schulzek, der die Café-Bar Novum in Friedberg betreibt. Als feststand, dass Gastronomen selbst entscheiden können, habe er eine Umfrage unter den Gästen gestartet. Das Ergebnis: »Zwei Drittel haben für 3G gestimmt.« Dennoch wolle er sich nicht festlegen, wie er es in Zukunft regeln werde. Als Geschäftsführer in einer ohnehin gebeutelten Branche müsse er den finanziellen Aspekt im Blick haben. »Und zurzeit muss ich täglich Leute wegschicken, weil ich sie nicht setzen kann, da zwischen den Tischen 1,5 Meter Abstand sein muss.« Diese Regelung entfiele mit 2G: Wer sich dafür entscheidet, muss keine Abstandsregeln einhalten, auch die Maskenpflicht entfällt.
Gastronomen mit 2G-Regeln in der Wetterau erhalten Anfeindungen auf Facebook
Das war einer der Gründe, warum sich Nicola Inverso vom Waldhaus Bad Nauheim für 2G entschieden hat. »Seit fast zwei Jahren arbeiten wir mit Mundschutz.« Das wolle er seinen Mitarbeitern nicht länger zumuten. Was ihn sehr ärgere: Seit er bekannt gegeben habe, dass nur Geimpfte und Genesene kommen dürften, habe er negative Reaktionen bekommen. »Ihr braucht uns wohl nicht«, habe es u. a. geheißen. »Wir haben ein Wahlrecht, und wir haben uns für 2G und unsere Gesundheit entschieden«, sagt Inverso.
Tim Wegge, Inhaber der Genusserie und des Genüsschens in Bad Vilbel, ist genervt von den Anfeindungen auf Facebook. Er selbst habe kurzfristig von 2G auf 3G gewechselt. Aus Angst vor Aufrufen zur Boykottierung. »Bei 3G kann ich ein Drittel weniger Leute reinlassen als bei 2G.« Nichts liege Gastronomen ferner als Menschen auszugrenzen.
»Ja, wir Gastronomen haben Geld vom Staat bekommen, aber das war nur für die Betriebskosten«, sagt er. »Sieben Monate ohne Gehalt soll sich jeder mal vorstellen und dann entscheiden, ob er nicht die Chance nutzen wollen würde, mehr Kunden gleichzeitig im Laden zu haben.« Er sieht ein Versäumnis bei der Regierung: »Die Entscheidung und damit auch die ganze Wut der Leute wurde einfach auf uns Gastronomen abgewälzt.«
Wetterauer Gastronomen wiegen zwischen 2G und 3G ab: Auch ein finanzieller Aspekt
Im Schwalheimer Brunnenwärterhaus gilt weiterhin die 3G-Regel, berichtet Nicola Hallmann. Ein Grund sei, dass einige der jungen Mitarbeiter noch vor dem Zweitimpfungstermin stünden. Zudem habe man sich auch mit Blick auf Veranstaltungen wie Weihnachtsfeiern dafür entschieden, alle Gäste zu empfangen. »Es gibt viele Menschen, die sich nicht impfen lassen können.« Die Rückmeldungen bestätigten die Entscheidung. Einige hätten gesagt: »Zum Glück habt ihr 3G, sonst könnten wir nicht kommen.« Das 2G-Konzept sei ohnehin nicht ganz schlüssig: »Weil auch Geimpfte und Genesene das Virus weitertragen können.« Ein Vorteil, den das Restaurant habe: Es gebe genug Platz und Räume, man sei nicht auf den 2G-Anreiz angewiesen, mehr Plätze anbieten zu können.
Für Harald Steinke war die Anzahl der Gäste entscheidend. Der Betreiber der Kulturhalle Stockheim kann durch 2G mehr Besucher bei Veranstaltungen, meistens Konzerte, empfangen. Bei 3G könne er 40 Gäste in die Halle lassen, bei 2G zwischen 100 und 120. »2G ist für mich die einzig vernünftige Alternative, weil praktisch alle Einschränkung aufgehoben sind: keine Datenerfassung, keine Abstandsregeln, und ich kann die Halle voll machen.« Das komme den Künstlern zugute, da die Gage abhängig von der Besucherzahl sei.
Sebastian Dieckhoff vom Teichhaus Bad Nauheim hat sich für 2G entschieden. Der Inhaber ist auch als Reserveoffizier tätig, sei viel in der Pandemiebekämpfung herumgekommen - etwa bei Testaktionen. Er empfehle jedem, sich impfen zu lassen; nur so könne die Pandemie unter Kontrolle gebracht werden. Und: »Mit 2G haben wir wieder ein normales Leben, es gibt keine Abstände zwischen den Tischen, für die Mitarbeiter ist es angenehmer ohne Maske.« 3G sei aber bei geschlossenen Gesellschaften möglich.
Dulaj Nertil hat 2020 das Café Breluba in Bad Vilbel eröffnet. »Wir haben uns für 3G entschieden, weil wir unser Café ohnehin mit allen Sicherheitsmaßnahmen eröffnet haben.« Er wolle Menschen nicht wegschicken und seinem Personal nicht vorschreiben, sich impfen zu lassen.
Das 2G-Optionsmodell in Hessen:
Seit eineinhalb Wochen ist das 2G-Optionsmodell in Kraft. Neben Kneipen und Restaurants gilt es auch für Kinos oder Friseursalons. Bei dem freiwilligen 2G-Modell fällt neben Maskenpflicht und Abstandsregel auch die Beschränkung für die Zahl der Gäste in Innenräumen für Geimpfte und Genesene weg. Kinder bis zwölf Jahre können auch ohne Impfung teilnehmen.
Der Hauptgeschäftsführer des hessischen Branchenverbands DEHOGA, Julius Wagner, kritisierte kürzlich: Hier werde »eine Grundsatzdebatte an die Schwelle der Restauranttür getragen«. Anfang des Monats hatte die DEHOGA ihre Mitglieder zu 2G und 3G befragt: 40 Prozent sprachen sich für 2G, 40 Prozent für 3G aus, die restlichen 20 waren noch unentschlossen. Bald soll eine abschließende Umfrage folgen.
Ein Kritiker der 2G-Regel ist der Bonner Virologe Hendrik Streeck. In einem Interview mit der »Neuen Osnabrücker Zeitung« sagte er, Getestete auszuschließen »ist weder sozial noch medizinisch sinnvoll«. Und: »Wir würden lediglich mehr unkontrollierte und unkontrollierbare Ausbrüche im privaten Bereich haben, die dann auch nicht getestet werden.«
SPD-Politiker Karl Lauterbach hingegen spricht sich laut ntv für 2G aus - zum einen aus epidemiologischen Gründen, zum anderen glaube er, man könne so die »Zögernden überzeugen«.