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Sieben Jahre zwischen zwei Leben

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Friedberg (con). Stephan Thome ist gebürtiger Nordhesse, hat in Berlin studiert und lebt heute in Taipeh. Dort hat er auch seinen ersten Roman »Grenzgang« fertiggestellt. Die Buchhandlung Bindernagel zusammen mit der Ovag und der Stadt Friedberg stellte den jungen Autoren in der Reihe »Friedberg lässt lesen« vor, und einige der anwesenden Gäste hatten das Buch auch schon gelesen. Das Bibliothekszentrum war gut besucht, als Stephan Thome von, über und aus seinem Buch berichtete.

Der Ort, in dem der Roman spielt, ist Fiktion, das Ereignis jedoch ein wahres. Bergenstadt steht für Biedenkopf, den Heimatort von Thome, wo das drei Tage andauernde Volksfest »Grenzgang« alle sieben Jahre stattfindet, an dem die Grenze des Biedenkopfer Stadtwaldes von Bürgern und Gästen abgelaufen wird, in einem Zug, der von traditionellen Gestalten begleitet wird.

Doch nicht das Volksfest ist die Hauptsache in diesem Roman, sondern stellt nur den nicht unerheblichen Rahmen dar für die Protagonisten Thomas Weidmann, einen gescheiterten Universitätsprofessor, der aus Berlin zurückkehrte in seine Heimatstadt, und Kerstin Werner, alleinerziehende Mutter eines 16-jährigen, pubertierenden Sohnes, die in Bergenstadt lebt. Thome spannt den Bogen zwischen der ersten Begegnung der beiden im Jahre 1999 und dem Geschehen anno 2006. Er springt immer wieder an den Beginn der Geschehens und der heutigen Begegnung, nimmt die sieben Jahre auf, die tatsächlich zwischen den einzelnen Terminen des Grenzganges liegen, um seine Geschichte drumherum zu drapieren. Geschickt führt Stephan Thome ein in die Welt des Buches.

In den zwei Sequenzen, die er liest, stellt er die Hauptfiguren vor und erläutert davor und danach kurz Charakteristikas, die die Geschichte ausmachen. Gekonnt zeichnet er den trüben Alltag zweier frustrierter hessischer Bewohner nach und vermittelt ein ödes, trauriges Schicksal, das an Spannung einiges in sich birgt. Diese Spannung, die aus dem Geschehen von einst bis zur Begegnung heute erwächst, ist genial aufgebaut. Egal, wie überraschend die Wendungen eines Lebens sein können - Thome versteht es glänzend, in ruhigen und dennoch faszinierenden Worten zu beschreiben, wohin es geht. Stephan Thome ist nicht nur ein glänzender Schriftsteller, der gekonnt mit Worten jonglieren kann, er versteht es auch, sein Werk sprachlich hervorragend zu präsentieren. Seine klare, deutliche Aussprache, verbunden mit seiner sonoren Stimme, die wie gemacht ist für Lesungen, legen nahe, dass er das Wort nicht nur gerne schreibend als Medium nutzt.

Stephan Thome, »Grenzgang«, Suhrkamp Verlag, 22,80 Euro.

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