Hängepartie ums Bahnhofsklo

Friedberg (jw). Für den Bahnhof gilt: Ohne Klo wird dort niemand froh. Seit Jahren fordern die Bahnkunden den Bau einer Toilette, die Bahn lehnte das bislang ab. Doch Bürgermeister Keller lässt nicht locker. In Gesprächen mit Bahnhofsmanager, VGO und RMV sucht er nach einer Lösung. Die scheint nah, nur die Finanzierung ist offen.
Vor ein paar Jahren wurden Dach, Fassade, Fenster und Technik des Friedberger Bahnhofs instand gesetzt. 2015 wurde das neue elektronische Stellwerk in Betrieb genommen. Nun wird der Parkplatz auf Vordermann gebracht und 2018 kommt der barrierefreie Ausbau der Bahnsteige, samt Aufzügen und neuen Treppen. Es tut sich was im Bahnhof. Doch eines fehlt noch immer: eine Toilette für die Fahrgäste. Selbst Protestaktionen haben daran bislang nichts geändert.
Jetzt aber ist Bewegung in die Sache gekommen. »Wir führen konkrete Gespräche mit dem Bahnhofsmanagement«, sagt Bürgermeister Michael Keller (SPD), der von »intensiven Verhandlungen« spricht. Allerdings hängt mal wieder alles am lieben Geld. Wie Keller sagt, würde der Bau einer öffentlichen Toilette im Bahnhofsgebäude laut Berechnungen der Bahn rund 200 000 Euro kosten. Als Ort ist ein Raum hinter dem McDonald’s-Restaurant an Gleis 1a vorgesehen. Nur die Finanzierung ist aus Sicht der Stadt noch nicht »1a«.
Laut einer Berechnung der Firma Hering Bau, die schon viele WC-Anlagen in Bahnhöfen gebaut hat, sind rund ein Drittel der Baukosten »unrentierlich«. Somit werde ein Baukostenzuschuss von rund 70 000 Euro benötigt. Die Bahn, hieß es vergangene Woche, stelle nur die Räume zur Verfügung, beteilige sich aber nicht an den Baukosten. Allerdings haben der Zweckverband Oberhessische Versorgungsbetriebe (ZOV) und der Rhein-Main-Verkehrsverbund (RMV) jeweils einen Baukostenzuschuss von bis zu 20 000 Euro in Aussicht gestellt. Das, sagt Keller, sei »die absolute Ausnahme«. Den Rest des Betrags müsste die Stadt aufbringen.
Stadt stellt Geld bereit
Der Magistrat hat am Montag beschlossen, bis zu 35 000 Euro zur Verfügung zu stellen. Ob es zu einer vertraglichen Vereinbarung zwischen Bahn einerseits sowie Stadt, ZOV und RMV andererseits kommt, steht aber noch nicht fest. Besonders die Tatsache, dass die Bahn sich nicht an den Kosten beteiligen will, gefällt der Stadt gar nicht. Fraglich ist zudem, ob es bei den errechneten Baukosten bleibt. Kommt die Toilette, ist sie gebührenpflichtig. Für Bus- und Taxifahrer soll es Chips geben. Keller dringt auf einen Baubeginn 2017. »Die Toilette sollte vor dem barrierefreien Umbau fertig sein.«
Nähere Infos kann man am 31. Oktober erwarten. Dann lädt die DB Station und Service AG zu einer Info-Veranstaltung über den barrierefreien Ausbau in die Stadthalle ein (siehe Kasten). Nichts Neues gibt es vom Bahnhofskiosk zu berichten – zur Freude der Bahnnutzer, denn die können dort nach wie vor Kaffee oder Zigaretten kaufen. Wie berichtet, hat die Bahn dem Kiosk-Betreiber Ashok Bagga gekündigt. Der aber wollte nicht ausziehen, ein Rechtsstreit drohte. Nachdem er versprach, den Kiosk zu räumen, gewährte ihm die Bahn einen Aufschub – zumal die ehemalige Gaststätte nebenan immer noch leer steht. Ein genauer Termin, wann Bagga, der auch die Tabakvitrine in der Haagstraße betreibt, den Kiosk schließen muss, steht noch nicht fest.
Infoveranstaltung der Bahn |
Die DB Station und Service AG lädt für kommenden Montag, 31. Oktober, zu einer Infoveranstaltung ein. Von 16.30 bis 18 Uhr sollen die Bürger im Saal 3 der Stadthalle über den barrierefreien Ausbau ins Bild gesetzt werden. »Zu früh für Berufstätige«, beschwerten sich einige Friedberger. Gerade Pendler würden es nicht rechtzeitig nach Friedberg schaffen. Roland Meuschke, Leiter des Bahnhofsmanagements Gießen, reagierte nun auf die Beschwerden und verkündete: »Die Veranstaltung wird verlängert, statt bis 18 Uhr werden wir eine Stunde länger vor Ort sein, also bis 19 Uhr. Wenn nötig, bleiben wir auch bis 20 Uhr und erklären gerne auch dreimal, was geplant ist«, sagte Meuschke. Schließlich wolle man die Bürger informieren und niemanden ausschließen. (vpf) |
Die Bahnkunden schütteln nur den Kopf über die fehlende Toilette im Friedberger Bahnhof. »Das ist ein Manko«, sagt Heidemarie Dinges, die aus Paderborn zu Besuch in der alten Heimat ist. »Toiletten sollten in Bahnhöfen verbindlich sein.« Auch Maria Kersten, von Darmstadt nach Bad Salzhausen unterwegs, kritisiert dies: »Die Bahnhofstoiletten sind zwar unverschämt teuer, aber ohne? Das geht nicht.«
Der Student Christian Straub, am Montag unterwegs nach Frankfurt, hat schon oft beobachtet, dass sich Männer gerne eine Ecke außerhalb des Bahnhofsgebäudes zum Pinkeln suchen. »Das kann man verstehen, aber das ist nicht in Ordnung. Der Kiosk muss weg, es kommt noch eine Bäckerei, aber für ein Klo fehlt der Bahn das Geld.« Sigrid Marzoll aus Ockstadt hat sich zehn Jahre lang im Behindertenbeirat des Wetteraukreises engagiert – und dann frustriert aufgegeben. Ein Dauerthema im Beirat war das fehlende Klo im Bahnhof. »Weder Bahn noch Stadt haben sich bewegt. Das ist ein peinliches Affentheater.« Wer ein dringendes Bedürfnis habe, müsse in einer Gaststätte betteln. »Einmal hat mich ein Busfahrer gefragt, ob ich schon morgens um 10 Uhr in die Kneipe gehe.« Unwürdig sei das.