Geändertes Waffengesetz: Klappmesser am Mann - beschlagnahmt
Friedberg (ütz). Es war der 3. November, als Thomas Bieser aus Hattersheim in Wiesbaden in eine Verkehrskontrolle geriet. Der 44-Jährige ist Motorradfahrer, und als er seine Jacke öffnete, um seine Papiere herauszuholen, stutzte einer der Beamten. Er hatte ein Etui am Gürtel Biesers erblickt, in dem ein sogenanntes Einhandmesser steckte - ein Messer mit einer zehn Zentimeter langen Klinge, die man mit einer Hand ausklappen kann, ein »Backknife« des Herstellers Herlitz, wie sich herausstellte.
Friedberg (ütz). Es war der 3. November, als Thomas Bieser aus Hattersheim in Wiesbaden in eine Verkehrskontrolle geriet. Der 44-Jährige ist Motorradfahrer, und als er seine Jacke öffnete, um seine Papiere herauszuholen, stutzte einer der Beamten. Er hatte ein Etui am Gürtel Biesers erblickt, in dem ein sogenanntes Einhandmesser steckte - ein Messer mit einer zehn Zentimeter langen Klinge, die man mit einer Hand ausklappen kann, ein »Backknife« des Herstellers Herlitz, wie sich herausstellte. Er habe, beschieden die Polizisten dem verdutzten Hattersheimer, durch das Mitführen des Klappmessers gegen das Waffengesetz verstoßen. Es wurde beschlagnahmt; dagegen legte Bieser Einspruch ein. Auf eine Reaktion darauf wartet er noch.
Bieser hatte das Messer im Mai beim Waffengeschäft Steinökel in Friedberg gekauft. Seine Freundin wohnt in der Kreisstadt, und deshalb kommt er häufig hierher. In der vergangenen Woche war es wieder soweit, und Bieser ging ins Geschäft, weil er sich ärgerte, dass er dort, wie er erzählt, nicht darüber aufgeklärt worden sei, dass er das Messer nicht mit sich tragen dürfe. Es kam zum Wortwechsel mit Inhaber Gerhard Ulrich, der den Hattersheimer schließlich des Ladens verwies, so Bieser.
Der rief bei der WZ an, um den Vorfall zu schildern und sich vor allem über die ausgebliebene Aufklärung zu beschweren, und Ulrich bestätigt Biesers Version im wesentlichen.
»Solche Messer sind«, sagt Ulrich, »ab 18 Jahre frei verkäuflich.« Zu einer Aufklärung seien die Geschäfte nicht verpflichtet. »Wir verkaufen rund 20 solcher und ähnlicher Messer täglich, und das Waffengesetz hat so viele Wenns und Abers, dass es gar nicht möglich wäre, es jedem zu erläutern. Wir müssen davon ausgehen, dass die Kunden wissen, was sie damit tun dürfen und was nicht.« Bei Fragen weise man selbstverständlich auf die Gesetzeslage hin.
Die ist in der Tat nicht so einfach und hatte zum Inkrafttreten der Gesetzesänderung am 1. April 2008 die Hersteller von Messern wie auch den Industrieverband Schneid- und Haushaltswaren (IVSH) in Solingen zu Rundschreiben an die Händler veranlasst.
Der IVSH betont darin, dass es für Hersteller, Vertreiber und Käufer von Messern »keinen Grund zur Panik« gebe, denn: »Legales bleibt legal.« Das Gesetz, so schrieb auch die Solinger Firma Böker, sei insbesondere dafür gedacht, besser gegen die Jugendkriminalität in Großstädten vorgehen zu können. Es solle den Polizisten verbesserte Möglichkeiten einräumen, Messer zu beschlagnahmen, die potenzielle Gewalttäter dabei haben.
Es geht, so der IVSH, um Messer mit feststehenden Klingen mit einer Länge von 12 oder mehr Zentimetern sowie sämtliche Einhandmesser. Es gebe kein generelles Führungsverbot, sondern um ein »zugriffsbereites« Führen, und zwar »in der Regel am Körper«.
Bei der Aufbewahrung in einem »Behältnis« wie einer Tasche oder auch in einem Pkw-Handschuhfach greife die Neuregelung nicht. Und sie greife dort nicht, wo Messer aus »legalen Gründen« eingesetzt oder nur mitgeführt werden, wie dies zum Beispiel bei Wanderern, Pfadfindern, Campern, Anglern und Jägern der Fall sei.
Die Firma Böker ergänzt diese Aufzählung noch um Motorradfahrer und Mountainbiker. Und fügt hinzu, dass der Erwerb und der Besitz der betroffenen Messer legal bleibe, da sie bewusst nicht als Waffe eingestuft würden, sondern »auch als nützliche Gebrauchsgegenstände«.
Den Gesetzesinitiatoren gehe es allein darum, so der IVSH, »gegenüber Risikozielgruppen eine Handgabe zum Einschreiten und auch zur Beschlagnahmung zu haben«. Aber selbst hier bleibe es bei einer reinen Ordnungswidrigkeit, und auf keinen Fall sei ein Straftatbestand gegeben.
Dazu Ulrich: »Man sieht, dass man die beschriebenen Messer nur mitnehmen darf, wenn man sie auch braucht. Und das ist nicht bei öffentlichen Veranstaltungen wie beispielsweise Discobesuchen der Fall.« Was seinen Kunden Bieser anbelangt, ist Ulrich mit einer Beurteilung zurückhaltend, fragt sich aber, ob man beim Motorradfahren ein Messer dabei haben muss.
Bieser erzählt, dass er seit Jahren ein Messer am Mann hat. Am Mann - das ist es wohl, was die Wiesbadener Polizisten zur Beschlagnahmung bewogen hat, auch wenn das Klappmesser in einem Etui steckte und Bieser Motorrad fuhr. Was aus seinem Fall wird, steht noch nicht fest, denn, wie gesagt, eine Reaktion auf seinen Einspruch hat er noch nicht und auch keinen Bußgeldbescheid.
Ob das Vorgehen der Wiesbadener Polizisten möglicherweise doch etwas voreilig war, steht dahin. Der Pressesprecher der Polizei in Friedberg, Jörg Reinemer, glaubt dies aber nicht. Ein Messer wie das von Bieser falle unter die Kategorie Springmesser und dürfe nicht am Mann getragen werden.