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Elf Frauen lassen nach Vergewaltigung Spuren sichern

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Häufig stammen Vergewaltiger aus dem privaten Umfeld. Nicht wenige Opfer haben daher Angst, zur Polizei zu gehen. Seit gut einem Jahr gibt es auch ohne Anzeige Hilfe.
Häufig stammen Vergewaltiger aus dem privaten Umfeld. Nicht wenige Opfer haben daher Angst, zur Polizei zu gehen. Seit gut einem Jahr gibt es auch ohne Anzeige Hilfe. © DPA Deutsche Presseagentur

Wetteraukreis (bf). Für manche Frauen ist die Hemmschwelle groß, nach einer Vergewaltigung zur Polizei zu gehen – etwa wenn der Täter zur Familie gehört. Im Bad Nauheimer Hochwaldkrankenhaus können sich vergewaltigte Frauen seit Herbst 2015 vertraulich und kostenfrei medizinisch behandeln lassen.

Zwölf Frauen zwischen 15 und 55 Jahren haben das bislang getan. Elf ließen dabei Spuren sichern, die in möglichen Gerichtsverfahren wichtig werden könnten.

Ein interdisziplinär arbeitender Arbeitskreis hatte das Projekt »Medizinische Soforthilfe nach Vergewaltigung« für den Wetteraukreis initiiert. Darin engagierten sich Vertreter des Kreises, der Polizei, einer Rechtsanwaltskanzlei und des Frauen-Notrufs, der das Projekt mittlerweile alleine betreut. Im Jahresbericht wurden nun die ersten Zahlen veröffentlicht. Demnach hatten sich bis auf eine Frau alle Betroffenen entschieden, Spuren der Vergewaltigung sichern zu lassen. Die Befunde werden nach dem Vorfall für ein Jahr lang in der Rechtsmedizin in Gießen aufbewahrt. In dieser Zeit können die Frauen Strafanzeige stellen, ohne dass sie auf wichtige Beweismittel verzichten müssen. In den sogenannten Kits-Kästen werden unter anderem Abstrichröhrchen und Plastiktüten sowie die Fragebögen aufbewahrt, die bei der Spurensicherung ausgefüllt werden. Für die Kosten kommen bislang Sponsoren auf.

Kaum Strafanzeigen

»Die Hemmschwelle, nach einer Vergewaltigung zur Polizei zu gehen, ist meistens gro?, hatte die Rechtsanwältin Dr. Maike Koch, Mitglied des Arbeitskreises, bei der Vorstellung im November in der WZ erklärt. Die nun vorgelegten Zahlen des Frauen-Notrufs sprechen dafür: Nur ein Drittel der Betroffenen hatte vor der Untersuchung im Krankenhaus Anzeige erstattet, ist im Bericht zu lesen.

Die meisten Opfer kannten ihren Vergewaltiger und der Tatort befand sich im privaten Umfeld, so die Erkenntnisse der Autoren. Meist sei der Täter ein Bekannter, der die Privatheit ausnutze. Ein Viertel der betroffenen Frauen sei kognitiv und/oder psychisch beeinträchtigt gewesen. Einen Migrationshintergrund hätten 17 Prozent der Frauen.

Die Situation geflüchteter Frauen und Mädchen bildet einen weiteren Schwerpunkt des Jahresberichts 2015 des Frauen-Notruf. Viele hätten ihr Heimatland wegen Unterdrückung und Verfolgung verlassen müssen, wegen Vergewaltigungen, Genitalverstümmelungen oder Witwenverbrennung, die in Nordindien bis heute vorkommt.

»Häufig finden sie an ihrem Zufluchtsort Bedingungen vor, die ihrem Bedürfnis nach Sicherheit nicht entsprechen«, heißt es in einer Mitteilung des Frauen-Notrufs. Auch in den meist überfüllten, von Frauen und Männern gemeinsam bewohnten Unterkünften, würden Frauen und Mädchen nicht selten erneut Gewalt erfahren.

Um den Bericht einer größeren Leserschaft verständlich zu machen, wurde er in vereinfachter Sprache geschrieben. Der Frauen-Notruf will, dass sein Beratungs- und Unterstützungsangebot auch von geflüchteten Frauen in Anspruch genommen werden kann. Außerdem macht sich der Verein gemeinsam mit anderen Fachkräften dafür stark, dass geflüchtete Frauen auch in Sammelunterkünften Schutz vor Gewalt erhalten. Den Flüchtlingshelfern wolle man kompetente Unterstützung bei allen Fragen zu aktuell oder in der Vergangenheit erlebter Gewalt gegen Frauen und Mädchen anbieten.

Ausführliche Informationen über die finanzielle Situation des Frauen-Notrufs, seine Beratungs-, Präventions- und Öffentlichkeitsarbeit sowie die Vernetzung und Kooperation mit anderen Facheinrichtungen und Institutionen sind ebenfalls im Jahresbericht nachzulesen. Zu finden ist er auf der Homepage www.frauen-notruf-wetterau.de.

Der Frauen-Notruf hat seine Beratungsstelle in Nidda, Hinter dem Brauhaus 9, und ist täglich von 9:00 – 13:00 Uhr sowie mittwochs von 15:00 – 19:00 Uhr erreichbar. Auf Absprache können Beratungen auch außerhalb der Öffnungszeiten und andernorts erfolgen. Kontakt: Tel: 06043-4471 oder info@frauennotruf-wetterau.de.

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