Demo für Öffnung des Freibads Ockstadt
Friedberg (sda). Der Verkehr steht still: Rund 300 Bürger, ausgerüstet mit Trillerpfeifen, Vuvuzelas und Transparenten, laufen auf der Kaiserstraße Richtung Adolfsturm. Passanten bleiben erstaunt stehen und beobachten das Treiben. Die Forderung der Menge ist eindeutig: »Das Ockstädter Freibad soll im Sommer geöffnet werden.«
Samstagmorgen – die Sonne knallt auf den Friedberger Europaplatz, die Gemüter sind erhitzt. »Eigentlich Schwimmbadwetter«, sagt ein Ockstädter in spöttischem Ton und trifft damit den wunden Punkt. Nach monatelanger Diskussion um das Ockstädter Freibad hat sich jede Menge Ärger angestaut – Zeit, ihm freien Lauf zu lassen, finden zahlreiche Bürger, die sich auf dem gefüllten Platz zu einer vom Förderverein Quellwasserschwimmbad Ockstadt organisierten Demonstration treffen.
Eltern, Kinder, Senioren – rund 300 Menschen sind gekommen, sie alle teilen einen gemeinsamen Willen: Im kommenden Sommer im heimischen Freibad schwimmen zu gehen. Doch für die Ockstädter sieht es derzeit schlecht aus. Die rot-grüne Koalition vertritt die Ansicht, dass für Magistratsmitglieder im Falle eines Unglücks während der jährlichen Sanierungsmaßnahmen eine strafrechtliche Verantwortung bestehe. Auf Empfehlung des Hessischen Städte- und Gemeindebundes bleibe das Schwimmbad geschlossen, hatte Bürgermeister Michael Keller erklärt. Das sehen die vom Förderverein beauftragten Juristen anders: Die Verantwortung der Sanierungsmaßnahmen gehe auf Bauingenieure und Fachfirmen sowie deren Versicherungen über. Doch der Magistrat bleibt dabei. Das wollen die Ockstädter nicht hinnehmen. Eine junge Frau schwenkt ein Pappschild: »Keller, du weißt, der Sommer wird hei?, ist darauf zu lesen. »Der Magistrat handelt falsch«, sagt sie. Ihr Mann stimmt zu. »Das ist doch eine elende Taktik«, beschwert er sich. Denn konstruktive Vorschläge hätte die Stadt keine zu bieten: »Die haben schlecht gewirtschaftet und jetzt wollen sie bei unserem Bad einsparen«, mutmaßt er.
Auch die Kinder stimmen in den Protest ein: »Ich gehe im Sommer jeden Tag schwimmen«, sagt eine Zehnjährige. In der Hand hält sie ein Plakat mit den Worten »Quellwasserschwimmbad Ockstadt schließen, kann keinem guten Hirn entsprießen.« Eine Sommer ohne Schwimmbad ist für sie unvorstellbar. »Was soll ich denn sonst in den Ferien machen?« Aber nicht nur für die Kleinen ist es eine harte Entscheidung. »Ich konnte meine Kinder ohne Sorge alleine ins Ockstädter Schwimmbad schicken«, sagt eine Mutter – das ginge im Usa-Wellenbad nicht.
Laute Buh-Rufe gegen Keller
Unter Begleitung von Blasmusik tritt Cornelia Meisinger, Vorsitzende des Fördervereins, vor die Anwesenden. »Bürgermeister Keller kann leider nicht kommen«, berichtet sie – laute Buhrufe. »Aber wir müssen heute ein Zeichen setzten«, ruft sie den Mitbürgern zu – die Menge stimmt jubelnd zu. »Die aktuelle Aussage des Magistrats ist Unsinn.
« Denn hätte der Magistrat im Falle eines Unglücks während der Sanierungsarbeiten mit strafrechtlichen Folgen zu rechnen, könnte er auch keine Sanierungsmaßnahmen am Adolfsturm oder der Stadtkirche durchführen lassen, so ihre Argumentation. »Die Juristen des Hessischen Städte- und Gemeindebundes liegen falsch.« Denn in einem Schreiben von ihnen heiße es, ein Rückgriff bei einem möglichen Unglück auf die handelnden Beamten sei dann möglich, »wenn diesen vorsätzliches oder grob fahrlässiges Handeln nachzuweisen ist.« Diese Argumentation ginge völlig am Thema vorbei. »Wir haben einen Ingenieur, der die Arbeiten mit Lasern überwachen will.« Bei Einsturzgefahr könnten die Bauarbeiter jederzeit das Becken verlassen. Der Magistrat wäre somit entlastet.
Auch der Ockstädter Ortsvorsteher Günther Weil (CDU) ist vor Ort. »Die Juristen der Stadt erzählen uns Schwachsinn«, findet er. Für ihn ist klar: »Die Leute werden hier an der Nase herumgeführt.« Denn nachdem sich der Verein alle Anforderungen, seien immer neue Forderungen seitens des Magistrats hinzugekommen. »Das alles war eine Hinhaltetaktik.« Der strafrechtliche Aspekt sei bloß an den »Haaren herbeigezogen.« Doch beim Blick auf die Menge ist er zuversichtlich: »Eine Öffnung 2012 kriegen wir hin.« Das glaubt auch CDU-Fraktionsvorsitzender Olaf Beisel »Der Magistrat kann seine Entscheidung noch ändern.«
Anders sieht das Magistratsmitglied Markus Fenske (Grüne): »Die Juristen des Vereins reden Mist.« Dass die Versicherung für eventuell auftretende Unfälle aufkomme, sei vollkommener Unsinn, sagt Fenske, der selbst Rechtsanwalt ist. »Welche Versicherung ist so dumm und lässt sich strafrechtlich zur Verantwortung ziehen,« argumentiert der Politiker in aufgebrachtem Ton.
X Am Mittwoch wird das Thema Schwimmbad im Haupt-und Finanzausschuss diskutiert. Die Sitzung findet am Mittwoch, den 2. Mai um 19.15 Uhr im Rathaus statt.
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