Bundestagswahl-Kandidat Andreas Lichert (AfD): Rechte Reizfigur will nach Berlin

Für viele Bürger ist er wie ein rotes Tuch. Der Bad Nauheimer Andreas Lichert kämpft unverdrossen für die Ansichten der AfD. Nun tritt er als Direktkandidat zur Bundestagswahl an.
Unter den neun Direktkandidatinnen und -kandidaten für die Bundestagswahl im Wetteraukreis ist er mit Sicherheit der umstrittenste. Häufig taucht der Name Andreas Lichert auf, wenn es um Rechtsextremismus in der Wetterau geht. Immer wieder gab und gibt es Warnungen vor seinen Verbindungen zur vom Verfassungsschutz überwachten Identitären Bewegung (IB).
Zweimal schon beließen es Gegner von ihm nicht bei Worten: Im März 2016 wurde die Projektwerkstatt in Licherts Haus in Groß-Karben verwüstet, und auch die Wand seines Hauses in Bad Nauheim wurde im Juni 2018 mit dem Wort »Faschist« beschmiert.
Lichert war nach eigener Aussage nie Mitglied der Identitären. Sein AfD-Fraktionskollege im Hessischen Landtag, Walter Wissenbach, bezeichnete ihn dennoch in einer parteiinternen E-Mail-Gruppe als »stolzes Mitglied der Identitären Bewegung«. Eine Behauptung, gegen die sich Lichert vor dem Landgericht wehrte - erfolglos. Das Gericht wertete Wissenbachs Aussage im Jahr 2020 als zulässige Meinungsäußerung.
Andreas Lichert (AfD) kandidiert für Bundestag: Widerstand gegen die „Werkstatt“
Der 45-Jährige antwortet heute auf die Frage nach seinen Kontakten zur IB: »Man trifft IBler manchmal am Rande von Veranstaltungen, aber das sind meiner Meinung nach praktisch alles Ehemalige.« Gemeint sind IB-Mitglieder, die damals Seminare in seiner Projektwerkstatt in Karben durchgeführt haben.
Seinerzeit gab es breiten Widerstand in der Stadt gegen die »Werkstatt«. Dass das Büro geschlossen worden und er weggezogen sei, habe aber mit seiner Familienplanung zu tun. Das Haus in Karben sei »einfach zu klein geworden«.
Auf sein Verhältnis zu Wissenbach angesprochen, antwortet der Bad Nauheimer: »Der Denunziationsversuch des Herrn Wissenbach hat unser Verhältnis natürlich nachhaltig getrübt, aber im Rahmen der Fraktion verkehren und arbeiten wir mit der gebotenen Professionalität miteinander.«
Konkrete Bedrohungen gegen seine Person gebe es zurzeit nicht. »Aber natürlich wächst die Gefahr durch militanten Linksextremismus«, sagt Lichert. Er finde es »überaus erstaunlich, dass zwar ständig beklagt werde, dass Politiker beschimpft und bedroht würden, »aber die allermeisten Betroffenen der AfD angehören«.
Als seine Fraktion im Landtag konkrete Vorschläge gemacht habe, um vor allem ehrenamtliche Kommunalpolitiker vor Adressveröffentlichungen im Zuge der Kommunalwahlkandidatur zu befreien, sei das von allen Fraktionen abgelehnt worden.
Bundestagswahl: Kandidat aus der Wetterau beim „Urknall der AfD“ dabei gewesen
Die AfD, für die er seit 2018 im Landtag sitzt, ist nicht Licherts erste Station. In seinem Lebenslauf findet sich für 1998 bis 2002 die FDP. Dass er dort eintrat, hatte mit der deutschen Einheit zu tun. »Ich hatte eine Affinität zu der Partei, die sich für die Freiheit der Bürger maßgeblich eingesetzt hat.«
Nach 2002 habe er sich zunächst nicht mehr parteipolitisch engagiert, sei aber politisch sehr interessiert geblieben. Er habe an Seminaren des Instituts für Staatspolitik teilgenommen. Dieses gilt als Plattform für neurechte Bildungsarbeit; beim Bundesamt für Verfassungsschutz wird es als »rechtsextremer Verdachtsfall« geführt.
In Oberursel sei er 2013 »beim Urknall der AfD« dabeigewesen, berichtet Lichert. Der gebürtige Bad Homburger führt die europakritische Haltung seiner Partei an. Kanzlerin Merkel habe gesagt, kaum ein Land profitiere von Europa so stark wie Deutschland. Für einzelne Leute stimme dies, nicht aber für die breite Masse.
Auch aktuell warnt der 45-Jährige vor einem »politischen Dammbruch«, sollte das EU-Recht vor das Recht der einzelnen Länder gehen. Das führt ihn direkt zur Flüchtlingspolitik: Es gebe sehr wohl eine Analogie zum Jahr 2015, »als Merkel die Grenzen für alle geöffnet hat«. Denn die EU werde auch für Afghanen »offene Grenzen verordnen«.
Bundestagswahl in der Wetterau: „Wir sind keine Ein-Themen-Partei“
Lichert weiß, dass die AfD einzig mit dem Flüchtlingsthema in Verbindung gebracht wird. »Aber wir sind keine Ein-Themen-Partei«, betont er. Er selbst ist in der Landtagsfraktion Sprecher für Digitales, Energie und Wirtschaft. Als selbstständiger Unternehmensberater unterstützt er Firmen in Sachen Energieeffizienz.
Diese und andere Themen spreche er für die AfD auf ihren Wahlkampfveranstaltungen an. Lichert sieht die Reaktionen darauf unterschiedlich. Wichtig sei für ihn vor allem, mit den Unentschlossenen ins Gespräch zu kommen. Überhaupt sei für ihn zentral, »die Inhalte der AfD zu vermitteln«.
Und wie schätzt er seine Chancen ein, in den Bundestag einzuziehen? Bei der letzten Landtagswahl hat er 17,6 Prozent der Erststimmen erhalten, ist aber über die Landesliste ins Wiesbadener Parlament eingezogen. Auf der Landesliste für die Bundestagswahl steht sein Name diesmal nicht mehr.
Der direkte Einzug in den Bundestag werde »wohl sehr schwierig«. Wenn es trotzdem klappen sollte? »Dann gehe ich natürlich nach Berlin.«