Alles »Made in Germany«
Klassik von Richard Wagner oder Johann Strauß trifft auf Stücke von den Toten Hosen oder Udo Lindenberg. Kann das gut gehen? Die legendären Crossover-Konzerte der Neuen Philharmonie Frankfurt auf der Friedberger Seewiese beweisen seit Jahren: Es kann. Dirigent Steven Lloyd-Gonzalez wird das Orchester bei den Auftritten beim »Klasse Klassik-Sommer« am 24. und 25. August führen. Er erzählt im Interview, was er als Engländer mit »Made in Germany« verbindet und wieso im Oman die Beatles gänzlich unbekannt sind.
Klassik von Richard Wagner oder Johann Strauß trifft auf Stücke von den Toten Hosen oder Udo Lindenberg. Kann das gut gehen? Die legendären Crossover-Konzerte der Neuen Philharmonie Frankfurt auf der Friedberger Seewiese beweisen seit Jahren: Es kann. Dirigent Steven Lloyd-Gonzalez wird das Orchester bei den Auftritten beim »Klasse Klassik-Sommer« am 24. und 25. August führen. Er erzählt im Interview, was er als Engländer mit »Made in Germany« verbindet und wieso im Oman die Beatles gänzlich unbekannt sind.
Wird aus Ihrer Perspektive bei »Made in Germany« nicht unwillkürlich eher an Autos, Zuverlässigkeit und Pünktlichkeit gedacht als an Musik?
Steven Lloyd-Gonzales: Nun, aus der britischen Perspektive denkt man tatsächlich an Autos: »Vorsprung durch Technik« ist ein Satz, der den meisten Menschen im Vereinigten Königreich vertraut ist, da er viele Jahre lang der Werbeslogan von Audi war. Niemand hatte eine Ahnung, was dieser Slogan tatsächlich bedeutet, aber es klang gut und die Straßen wimmeln nur so von Audis.
Und die Pünktlichkeit?
Lloyd-Gonzales: Zuverlässigkeit und Pünktlichkeit sind Worte, die man synonym für den deutschen Charakter benutzen kann, zumindest aus einer britischen Sichtweise. Nachdem ich aber jetzt seit zwei Jahren in Deutschland lebe, kann ich dieses Gerücht über die Pünktlichkeit, zumindest im Fall der Deutschen Bahn, auf jeden Fall verwerfen.
Wie lässt sich das auf ein Konzertprogramm übertragen?
Lloyd-Gonzales: Die meisten der »Pop«-Stücke des »Made in Germany«-Programms werden den Briten unbekannt sein – mit Ausnahme von »Wind of Change« von The Scorpions. Nena wird den meisten Briten seit »99 Luftballons« ein Begriff sein, aber ich bezweifele, dass viele »Irgendwie, irgendwo, irgendwann« schon mal gehört haben, das für die Zugabe im Programm vorgesehen ist. »Das Boot« lief im britischen Fernsehen, daher werden die meisten Klaus Doldingers Titelmusik kennen.
Und wie sieht es mit dem Oman und Ägypten aus?
Lloyd-Gonzales: Dort ist praktisch keines der »Pop-Stücke« bekannt. Kurz nachdem ich meine Stelle beim Royal Oman Symphony Orchestra angetreten hatte, starb George Harrison. Ich erinnere mich, dass ich dies dem Orchester während einer Probe mitteilte und verwirrtes Schweigen erntete. Keiner meiner Omani-Kollegen hatte je auch nur von The Beatles gehört. Aber trotzdem: Der Begriff »Made in Germany« in einem musikalischen Kontext beschwört für mich Musik der höchsten Qualität herauf, aus dem Herzen westlicher »Kunstmusik«.
Es werden Stücke von den großen klassischen Komponisten wie Strauß und Wagner gespielt, aber auch Pop-Klassiker von den Toten Hosen, Udo Lindenberg oder The Scorpions. Wie glauben Sie, funktioniert das, ohne pathetisch zu wirken?
Lloyd-Gonzales: Die Zusammenstellung dieser Stücke ist Dr. Ralph Ziegler zu verdanken, dem Künstlerischen Leiter der Neuen Philharmonie Frankfurt. Er besitzt die Fähigkeit, Stücke zu verbinden, die auf den ersten Blick wenig gemeinsam zu haben scheinen. Beispielsweise spielen wir in der ersten Hälfte Richard Wagners »Liebestod« aus dieser großen Liebesgeschichte der Oper »Tristan und Isolde«. Was glauben Sie, was darauf folgt? Deine Lakaiens »Love Me To The End«. Erst bekommt das Publikum die Legende aus einem der Meilensteine der Oper, gefolgt von der intensiven Intimität von Deine Lakaiens Lyrik. Der Text von »Love Me To The End« steht ziemlich mühelos und effektiv neben der Schlussszene von Wagners dem Untergang geweihten Liebenden.
Welches Stück werden Sie selbst am meisten genießen?
Lloyd-Gonzales: Ein Konzert mit Wagners Ouvertüre aus seiner Oper »Die Meistersänger von Nürnberg« zu beginnen, wird immer eine spezielles Erlebnis sein. Das Programm ist vollgepackt mit großartigem, abwechslungsreichem Repertoire. Mal etwas anderes, das aber auf alle musikalischen Vorlieben eingeht. Ich habe, ganz ehrlich, keinen Favoriten. Ich werde daran arbeiten, die jedem Stück innewohnenden Qualitäten zur Geltung zu bringen, wie es jeder Dirigent tun würde, der etwas auf sich hält.