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Bagger sorgen für Hitzeschutz im Bingenheimer Ried

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Von: Coralie Soemer

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Der heiße Sommer dieses Jahr und auch die lange Trockenheit sind am Bingenheimer Ried nicht spurlos vorbeigegangen. Dank des neuen Schutzzauns stieg die Zahl der Kiebitze und Löffelenten dennoch. Aktuell stehen wieder Bagger im Ried.

Die Hitze im Sommer war ein großes Problem. »Uns trocknen die Gebiete immer mehr aus«, bedauert Walter Schmidt, Naturschutzbeauftragter im Forstamt Nidda. In den vergangenen acht Jahren sei das fünfmal vorgekommen. So viele Trockenperioden habe es noch nie gegeben, sagt auch Udo Seum, der ihm in der Beobachtungshütte am Bingenheimer Ried gegenübersitzt. Seum ist Vorstandsmitglied im NABU Bingenheim und Arbeitskreisleiter der Hessischen Gesellschaft für Ornithologie und Naturschutz Wetterau (HGON).

Als Gegenmaßnahme wird der größte Graben im Ried nun noch einmal um 30 bis 40 Zentimeter vertieft. So kann er im nächsten Jahr länger Wasser speichern, hoffen die Verantwortlichen. Im Naturschutzgebiet wird die Vegetation einer »dynamischen Auenlandschaft« nachgeahmt, erklärt Wiesenvogel-Beauftragter Stefan Stübing von der Staatlichen Vogelschutzwarte für Hessen und Mitglied der HGON. Eine Auenlandschaft ist im Frühjahr feucht und im Herbst trocken. Sie befindet sich an Fluss oder Bachläufen. Dieses Jahr wurde mit Wasser aus dem Pfaffensee nachgeholfen. Im nächsten Jahr sollen die tiefergelegten Gräben die überdurchschnittliche Hitze und Trockenheit ausgleichen. Damit bleibt den jungen Wasservögeln wie Ente und Kiebitz sowie Amphibien wie der Knoblauchkröte ausreichend Zeit zum Wachsen, sagt Walter Schmidt.

Die Baggerarbeiten können aber nur stattfinden, wenn die Erde trocken ist, sagt der Naturschutzbeauftragte. Deshalb wird die aktuelle Trockenperiode im Herbst genutzt, um den Hauptgraben zu vertiefen. Die ausgehobene Erde wird zu kleinen Inseln aufgetürmt, um die später das Wasser fließen kann. Sie dienen als Brut- und Ruheplatz, sagt Schmidt. Außerdem werde durch die Inseln das subjektive Sicherheitsgefühl der Tiere erhöht. »Eigentlich sind sie durch den neuen Schutzzaun aber bereits ausreichend geschützt«, so der Naturschutzbeauftragte.

»Das Bingenheimer Ried kommt nicht zur Ruhe«, befürchtet hingegen Hanns-Jürgen Roland. Er ist Urheber der Internetseite ›Bingenheimer Ried‹ und informiert über aktuelle Geschehnisse im Naturschutzgebiet. Laut Roland leben immer noch einige Insekten und Amphibienarten in der Nähe der Bagger. »Viele Tiere sind noch nicht in ihren Winterquartieren, wo sie sicher vor den Maschinen sind.«

Im Umbaugebiet lebten zumindest nicht mehr die Zielarten, sagen Stübing, Schmidt und Seum im Gespräch mit der WZ. Ohne Menschen regele sich die Natur von selbst, sagt Stübing. Aber wenn 99 Prozent der Fläche von Menschen beeinflusst seien, könne das eine Prozent Naturschutzgebiet nicht sich selbst überlassen werden, fügt der gelernte Biologe hinzu.

Schutzzaun als voller Erfolg

Im Bingenheimer Ried fühlen sich Wasservögel, Amphibien und Insekten wohl - aber damit auch ihre Fressfeinde Waschbär und Fuchs. »Wenn der Tisch gedeckt ist, bedienen sich die Tiere natürlich«, sagt Naturschutzexperte Udo Seum. Nun soll der neue Elektrozaun um das etwa 90 Hektar große Naturschutzgebiet für Sicherheit sorgen. Ein voller Erfolg, sagt Schmidt. Besonders der Kiebitzbestand habe deutlich zugenommen. »Ohne Maßnahmen wäre der Kiebitz ausgestorben«, ist sich auch Stübing sicher. In den vergangenen 30 Jahren sei die Zahl der Wasservögel nämlich deutschlandweit immer weiter zurückgegangen. Der vielversprechende Schutzzaun im Ried diene nun anderen Bundesländern als Vorbild, sagen die Naturschutzexperten. Selbst aus Luxemburg werde Interesse bekundet.

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