Streit zwischen Tierheim und Wohnbacherin: Was wird aus Katze Frederike?
Jutta Böhme aus Wohnbach vermisst ihre Katze Frederike. Der Bad Nauheimer Tierschutzverein, der sich seit August um das Tier kümmert, will sie nicht wieder hergeben. Der Fall beschäftigt die Justiz.
Seit August hat Jutta Böhme aus Wohnbach ihre Katze Frederike nicht mehr gesehen. »Eines Abends war sie nicht mehr da. Ich habe alles abgesucht, Plakate aufgehängt und die Leute rundherum gefragt, aber nichts.« Sie meldete die Katze bei »Tasso« – einem Tierregister – als vermisst und bekommt drei Wochen später die Nachricht: Frederike wurde gefunden. Sie ist in der Obhut des Tierschutzvereins Bad Nauheim.
Doch dort will man Böhme die Katze bis heute nicht geben. Sie könne nicht beweisen, dass die Katze ihr gehöre. Zudem sei sie von einer Helferin in schlimmem Zustand aufgefunden worden. Über Wochen zieht sich der Streit hin. Inzwischen ermitteln Polizei und Staatsanwaltschaft – wegen Unterschlagung. Zudem hat Böhme zivilrechtlich Klage auf Herausgabe der Katze eingereicht. Die Ermittlungen dazu laufen, sagt der Pressesprecher der Gießener Staatsanwaltschaft Thomas Hauburger.
Bad Nauheimer Tierschützer: Böhme kann Eigentum nicht nachweisen
Das Hauptargument der Bad Nauheimer Tierschützer: Böhme könne nicht eindeutig nachweisen, dass das Tier ihr gehöre. Das ist formal gesehen richtig, denn sie hat keinen Kaufvertrag. Außerdem habe sich Böhme erst nach drei Wochen gemeldet und in der Folge einige Termine und Möglichkeiten, Nachweise einzureichen, versäumt, erklärt Rechtsanwältin Carolin von Miller, die die Bad Nauheimer Tierschützer vertritt. »Es kam immer wieder nur: Ich habe keinen Impfausweis, ich habe keinen Vertrag, nicht einmal Fotos hat der Verein bekommen. Frau Böhme hätte ihre Katze natürlich wiederbekommen – wenn auch unter Auflagen.« Denn die Katze sei beim Auffinden sehr krank gewesen, weshalb sie überhaupt erst eingefangen worden und zunächst ins Tierheim Elisabethenhof nach Reichelsheim gebracht worden sei. Dort habe man festgestellt, dass die Katze als herrenlos registriert und Frau Böhme als Hilfsperson angegeben sei.
Den Tierschutzverein Bad Nauheim trifft keine Schuld
Rechtsanwältin Carolin von Miller
Dass der Bad Nauheimer Tierschutz und Böhme bei der Betreuung freilebender Katzen zusammengearbeitet haben, bestreitet keine der beiden Parteien. Doch diese Katze gehöre ihr. Dafür gebe es neben alten Tierarztrechnungen und der Registrierung bei »Tasso« eine Zeugin. Martina Löhwing, ehemalige Leiterin des Butzbacher Tierheims, habe ihr die chronisch-kranke und deshalb auch nur noch einäugige Frederike überlassen, zunächst als Pflegekatze, später vollständig. Sie bezeugt dies auch gegenüber dieser Zeitung und sagt: »Hier wird sich über Gesetze hinweggesetzt, weil einige Leute es darauf anlegen wollen.«
Fall für Vorsitzenden des hessischen Tierschutzverbands klare Sache
Neben ihr hat sich auch der Vorsitzende des hessischen Tierschutzverbandes, Dr. Hans-Jürgen Kost-Stenger, eingeschaltet und versucht, zwischen den Parteien die Herausgabe zu vermitteln. Der Frankfurter Rechtsanwalt sagt: »Der Fall ist ziemlich eindeutig: Der Verein wird die Katze herausgeben müssen. Solange kein Verstoß gegen das Tierschutzgesetz vorliegt, kann man niemandem einfach so ein Tier wegnehmen, schon gar nicht als Verein. Tierschutzvereine sind keine staatlichen Behörden, und das ist auch gut so.« Zuständig sei in solchen Fällen nur das Veterinäramt.
Hier wird sich über Gesetze hinweggesetzt
Martina Löhwing
Kost-Stenger will von Verbandsseite nun das Strafverfahren sowie Böhmes Zivilklage auf Herausgabe der Katze abwarten, mahnt aber im Falle einer Verurteilung Konsequenzen für den Bad Nauheimer Tierschutz an. »Rechtlich ist das eindeutig: Haltungsbedingungen haben nichts mit Eigentum zu tun. Das habe ich den Bad Nauheimern auch gesagt, aber sie gehen dieses Risiko bewusst ein.« Mögliche Sanktionen: eine Rüge oder gar ein Ausschluss aus dem Landesverband,
Warten uf den Prozess – Alle wollen es darauf ankommen lassen
Die Tierschützer aus der Kurstadt verteidigen sich derweil. Rechtsanwältin von Miller sagt: »Die Geschichte mit Frau Löhwing wurde trotz mehrfachen Nachfragen uns gegenüber nie erwähnt. Außerdem: Wenn es wirklich Frau Böhmes Katze ist, wie kann sie verantworten, dass sie so aussieht? Dieser Vorgang ist nicht grundlos erfolgt, und den Tierschutzverein Bad Nauheim trifft daher auch keine Schuld.« Beide Parteien lassen es also auf einen Prozess ankommen. Bis dahin muss Frederike wohl in einer Pflegestelle des Tierschutzvereins bleiben.
Info
Wann gehört einem ein Tier?
Rechtlich gesehen gehört einem nur dann ein Tier, wenn man den entsprechenden Kaufvertrag hat. Ein mündlicher Vertrag reiche aus, solange ihn beide Parteien glaubhaft bezeugen könnten, sagt der Frankfurter Rechtsanwalt und Vorsitzender des Tierschutzverbandes, Dr. Hans-Jürgen Kost-Stenger. Ohne einen solchen Nachweis »wird’s schwierig«. Möglich ist dann noch der sogenannte Anscheinsbeweis. Mithilfe von Fotos, Videos, Tierarztrechnungen, Bestätigung von offizieller, Registrierung oder einem Impfausweis ließe sich auch vor Gericht beweisen, wem ein Tier gehört. Sein Rat ist trotz allem: das Überlassen von Tieren immer schriftlich fixieren.