Mausetot im Museum
Butzbach (sda). Mit Speck fängt man Mäuse und mit Mausefallen Menschen. Das stellt Reinhard Ewert zur Eröffnung seiner Ausstellung im Butzbacher Museum fest. Der Grünberger zeigt dort an die 180 Fallen, und zahlreiche Besucher wollen sie sehen. Warum das Interesse für Grausamkeit? Weil gar nicht so klar ist, wer Grund zum Fürchten hat: Mensch oder Maus.
Zur Maus hat der Mensch ein recht gespaltenes Verhältnis: Mausi, Mäuschen, meine Maus, sind einerseits gängige Kosenamen. Andererseits kaufen wir in einem Jahr mehrere Millionen Mausefallen. Sogenannte Schlagbügelfallen; die Maus rennt zum Speck, der Bügel knallt herunter, das Rückgrat wird gebrochen. Maus(e) tot.
»Warum diese Brutalität, Mausi?«, fragt Reinhard Ewert deswegen zur Eröffnung seiner Ausstellung. »Von Menschen und Mäusen« ist der Titel, zu sehen ist sie in den »hoffentlich mausfreien Räumen« des Butzbacher Museums. Gezeigt werden dort »teils skurrile, teils martialische Fallen«, wie Antje Sauerbier vom Museum sagt. Der Sammler aus Grünberg hat rund 180 Exemplare mitgebracht, aus der Neuzeit, aus dem Mittelalter und einige mit kuriosen Geschichten. Zur Eröffnung gibt er einige Antworten rund um das Verhältnis von Mensch und Maus.
+++ Hier gibt es Bilder von den Mausefallen
Zum Beispiel auf die Frage nach der Grausamkeit. Warum tötet ein im Durchschnitt 1,67 Meter großes Wesen ein 1,62 Meter kleineres? »Die Frage ist: Wer hat Angst vor wem?«, sagt Ewert. Denn Mäuse haben den Menschen das Leben oft madig gemacht. Sie manches Mal sogar in große Gefahr gebracht. Sie haben Äcker zerstört, erzählt der Sammler. Um später auf dem Getreidewagen heimlich mit ins Lager zu fahren und weiteres Unheil anzurichten. Lautlos – mucksmäuschenstill eben. Und für die Bauern zum Mäusemelken.
Die vielen Sprichwörter, die sich um die Maus drehen, sind auch Teil der Ausstellung. Neben den Vitrinen, in denen etwa die Guillotine für Mäuse, die Tonfalle aus Tunesien oder die SMS-Signal-Falle stehen, hängen Sprichwörter und Plakate an den Wänden.
Dass Mausefallenmacher zum Beispiel ab dem 15. Jahrhundert in Zünften organisiert waren, steht dort. Und dass ab Ende des 19. Jahrhunderts Fallen in Fabriken hergestellt wurden, etwa durch die Firma Carl Bender in Wiesbaden. Und damit sich all die Geräte auch gut verkaufen ließen, gibt es seit jeher Werbung. Eines von Ewerts Beispielen: ein Gedicht von Erasmus Widmann aus dem Jahr 1611, dessen Zweck es gewesen ist, das neueste Mäusegift zu bewerben:
Die Maus muss sterben und verderben,
die kleinen Mäus, die großen Mäus,
die Haselmäus, die Wassermäus
(es folgen viele weitere),
sie müssen alle sterben und verderben,
von diesem Pulver,
sie müssen alle umkommen.
Und in einem Werbespot für Schlagfallen, wie sie auch heute noch am häufigsten über die Ladentheke gehen, aus 1930, heißt es: »Peng macht das scharfe Eisen, fünf Mausekinder waren Waisen.«
Mäuse waren schon immer ein Nahrungskonkurrent der Menschen, sagt Ewert. Und die »Ur-Ur-Mausefallen«, wie er sie nennt, Katzen und Bussarde, konnten und können nicht überall zugleich sein. So waren die Menschen, wie so oft, wenn es ums Töten geht und ging, sehr erfinderisch. Sie töteten Mäuse mit Strom oder Wasser, mit Töpfen und mit Haifischgebissen. Sogar einige in Heimarbeit entstandene Fallen gehören zur Ausstellung. Übrigens eines von Ewerts Lieblingsstücken: Eine provisorische Falle, zusammengebaut aus einer alten Kaffeedose. Sie gibt auch Antwort auf die Frage, die dem Sammler immer wieder gestellt wird: Wieso Mausefallen? »Die Techniken, das Material, das interessiert mich besonders. Historisch ist das auch sehr interessant.« Angefangen mit dem Sammeln hat es bei ihm »ernsthaft vor 20 Jahren, unernsthaft 1974« – ernsthaft, weil er es seither professionell betreibt, mit anderen Sammlern Kontakt aufnimmt.
Gegen Mäuse hat er übrigens nichts, empfindet weder Angst noch Ekel. Im Gegenteil: »Ich mag sie ausgesprochen gerne.« Doch: Allzu viele lebendige kommen ihm ohnehin nicht unter die Augen: »Ich habe eine Katze.«