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Längst wird im Hexenturm nicht mehr gefoltert

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Butzbach (bd). 41 Jahre lang, von 1431 bis 1472, bauten die Butzbacher am Hexenturm. Das markante Bauwerk aus Basaltsteinen steht zwischen der Markuskirche und dem Friedhof und war unweit des längst abgebrochenen »Griedeler Tors« der nordwestliche Begrenzungspunkt der Stadtmauer. Der Hexenturm - auch Diebsturm, Turm hinter der Kirche oder Mönchsturm genannt - beherbergt seit 1960 die Sippe »Dietrich von Bern« der Heliand-Pfadfinder. Aus Anlass dieses 50-jährigen Jubiläums fand am Samstag ein Tag der offenen Tür statt.

Butzbach (bd). 41 Jahre lang, von 1431 bis 1472, bauten die Butzbacher am Hexenturm. Das markante Bauwerk aus Basaltsteinen steht zwischen der Markuskirche und dem Friedhof und war unweit des längst abgebrochenen »Griedeler Tors« der nordwestliche Begrenzungspunkt der Stadtmauer. Der Hexenturm - auch Diebsturm, Turm hinter der Kirche oder Mönchsturm genannt - beherbergt seit 1960 die Sippe »Dietrich von Bern« der Heliand-Pfadfinder. Aus Anlass dieses 50-jährigen Jubiläums fand am Samstag ein Tag der offenen Tür statt.

Der sonst bis auf die Gruppenstunden verschlossene Zugang zum Hexenturm war geöffnet. Die Besucher gelangten unter dem Zeltdach einer schwarzen Pfadfinderkohte zur Eingangspforte und über einen Pfad aus Pflastersteinen zum Treppenaufgang des Turms.

Am schmiedeeisernen Handlauf musste man sich gut festhalten beim Erklimmen der Stufen, bevor man durch eine Tür ins Innere gelangte. In den oberen Stockwerken, die man über eine an der Wand entlang laufende Treppe erreichte, hatten die Pfadfinder ihre Utensilien ausgestellt. Historische Bilder hingen an an den runden Wänden oder lagen auf Tischen, dazu Wimpel, Fotos, Pfadfinderliteratur und Landkarten. Mitglieder der Sippe »Dietrich von Bern« mit grünem Hemd und schwarzen Hosen, die Halstücher mit akkuratem Knoten gebunden, standen bereit und gaben ausführlich Auskunft über ihr Tun und die Geschichte des Hexenturms.

Der Name erinnert an die unrühmliche Funktion des zunächst als Beobachtungstum genutzten Bauwerks im Mittelalter. Denn hier hielt man als Hexen verdächtigte Frauen unter elenden Bedingungen gefangen und folterte sie zu Tode. In einer alten Stadtchronik wird beispielsweise berichtet, dass man nach einem Brand im Stadtkern Anfang Mai 1673 die Schwestern Catharine und Margareth verdächtigte, das Feuer gelegt zu haben, und sie in den Turm sperrte. Bei einem »Verhör« soll der Teufel der Catharine den Hals gebrochen haben. Daraufhin wurde sie geköpft und ihr Körper verbrannt. Nach furchtbarer Folter soll auch Margareth gestanden haben, eine Zauberin zu sein - was auch ihr Todesurteil bedeutet hatte.

Auch das erfuhren die Besucher: Mitte des 19. Jahrhunderts verfiel der Hexenturm. Erst in den zwanziger Jahren des vorigen Jahrhunderts kümmerte man sich wieder um ihn, als sich die »Nerother Wandervögel« dort einquartieren. In dieser Zeit wurden die Innenräume für die Jugendarbeit des bündischen Vereins hergerichtet und eine hölzerne Zwischendecke eingezogen. 1990 und 1998 wurden Sanierungsarbeiten am Mauerwerk des Turms und am Wehrgang der Stadtmauer fällig. Seit gut einem Jahr beschäftigen sich die Heliand-Pfadfinder mit der Sanierung eines Tonnengewölbes unter der Plattform des Turms.

Die Besucher des Tags der offenen Tür nutzten die Gelegenheit, über steile Treppenstufen ganz nach oben zu gelangen. Der weite Blick entschädigte für die Mühen. Beim Ausguck wurden bei vielen Jugenderinnerungen wach. Ein Mann erzählte, er habe seine Jugend am Kirchplatz verbracht und mit seinen Alterskameraden den Hexenturm regelmäßig erklommen, um auf der Mauer der obersten Plattform »ohne Netz und doppelten Boden« freihändig herumzuspazieren. Heruntergefallen sei Gott sei Dank niemand von dem 22 Meter hohen Turm. Der Senior weiter: »Dafür gab es abends vom Vater eine tüchtige Tracht Prügel, vor allem, wenn wir auch noch nach Zigaretten rochen.«

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