Spannendes Handwerk: Werkstattbesuch bei Buchbinderin Corinna Fuchs

Corinna Fuchs aus Wolf ist Buchbinderin und Restauratorin. Sie beherrscht ein spannendes Handwerk mit einer langen Geschichte. Ein Besuch in ihrer Werkstatt.
Das Buchbinden umfasst alle Schritte vom Ordnen und Zusammenfügen der Papierlagen zu einem Buchblock und der Verbindung dessen mit dem Einband sowie der künstlerischen Gestaltung.
Zunächst waren es die Mönche, die in sich in Klöster der Buchbinderei widmeten. Ab Mitte des 16. Jahrhunderts entstanden die Buchbinderzünfte. Pressen, Kleben und Heften zählen zu den klassischen Buchbindearbeiten. Auch Corinna Fuchs verrichtet diese Arbeiten in ihrer Werkstatt in Wolf.
Sie ist Buchbinderin und Restauratorin und eine der wenigen, die ihren Beruf selbstständig ausführen. Zudem hat Corinna Fuchs einen hohen ethischen Anspruch als Grundfrage, wie sie ein Buch wiederherstellt.
Meistens aus Büttenpapier
»Alte Bücher, die ich restauriere, sind zumeist aus Büttenpapier. Wenn sie kaputt sind, ist es mein Job, sie wieder in Ordnung zu bringen«, sagt Corinna Fuchs. Zu den unfassbaren Dingen zählt für sie, dass manche Leute Bücher mit Tesafilm restaurieren. »Tesafilm dringt in das Papier ein. Ein derartiger Schaden kann nur sehr aufwendig mit Chemie behoben werden. Pro Zentimeter sind das 15 Minuten Arbeitszeit.«
Als Beispiele ihrer Restaurierungsarbeit zeigt Corinna Fuchs industriell klebegebundene Bilderbücher von geringer Qualität. Nach häufigem Lesen brechen diese Bücher auseinander.
Fuchs restauriert sie mit einer Weißleim-Klebebindung und fächert deshalb den Buchblock auf, um die Oberfläche zu vergrößern, wo der Leim ansetzt. Danach wird das Buch eingespannt und erhält ein leichtes Gewebe, das sich mit dem Klebstoff verbindet.
Das Ganze wird noch mit einem Streifen Papier befestigt. Dieses Verfahren wird bei Bilder- und Taschenbüchern angewendet. Eine aufwendigere Restaurierung erfahren Erstausgaben oder signierte Bücher.
Kirchengemeinden und Privatpersonen Auftraggeber
Unterstützt wird die Restauratorin von ihrem Mann, Pfarrer Friedrich Fuchs, der Hobbybuchbinder ist. Als sie sich 2009 entschied, mit ihm in Wolf zu leben, war die Werkstatt schon vorhanden. Ihre Auftraggeber sind Kirchengemeinden, viele Privatpersonen und auch die Stadt Büdingen.
Über mangelnde Arbeit jedenfalls kann Corinna Fuchs nicht klagen. Sie zeigt an Rohbögen eines Buches, die noch geschnitten und geheftet werden müssen, mit einem Holzhammer, wie die runde Form eines Buchrückens zustande kommt.
Bei einem anderen Projekt, einem handgehefteten Schreibbuch, müssen die Bünde als Verbindung zum Deckel noch geklebt werden. Viel Kraftaufwand ist nötig. Ein selbst gefertigtes Werkzeug, eine Schmirgelpfeile, kommt zum Einsatz. Leder für den Einband schärft sie mit einem speziellen Messer.
Schriftarten und -größen
Fuchs verfügt auch über einen riesigen Fundus verschiedener Schriftarten und -größen. »Das Prägen und die Schriften sind ein Faible meines Mannes. Restauratoren fügen nichts hinzu, sondern bewahren soviel wie möglich«, sagt sie. Wie sie das meint, erklärt sie an einem Buch, das sie auf einem Flohmarkt entdeckt hat. Es ist eine Fabelsammlung des römischen Dichters Phaedrus auf Latein.
»Das muss ein Schulbuch gewesen sein«, sagt sie und zeigt auf eine Zeichnung auf der Rückseite sowie auf Tintenkleckse. Das im Jahr 1800 herausgegebene Buch war zerfleddert. Sie restaurierte es mit Vorsicht, legte nur ein Leder unter und das alte wieder darüber.
An diesem Buch zeigt sie auch, wie eine Ecke aufgebaut wird. Sie setzt Japanpapier ein und darauf andere Papiere, bis die Stärke des Deckels erreicht ist. Zur Verbindung benutzt sie Weizenstärkekleister. Das Heften von Büchern zeigt Corinna Fuchs an einem Modell. Ab dem Jahr 1400 wurden Bücher mit echten Bünden auf dem Rücken geheftet. Auch ein aufgefächerter Bund aus ungeleimten Hanfschnüren ist zu sehen. »Als Buchbinderin muss man nähen können«, sagt Fuchs.
Ein sterben des Handwerk
Das alte Handwerk ist noch gefragt und beliebt im kleinen Kreis, aber nicht mehr so ausgeprägt im Bewusstsein der Menschen. Es ist ohne Frage ein sterbendes Handwerk, Nachwuchs gibt es kaum. Dabei ist es unheimlich vielfältig. So bearbeitet Corinna Fuchs Wasserflecken, Risse und Alterserscheinungen sowie beschädigte Ecken. Es gibt auch Mäuse- und Insektenfraß, die berühmten »Bücherwürmer«.
Früher arbeitete Fuchs in einer großen Werkstatt in Kornwestheim bei Stuttgart mit sechs Restauratoren. Dort wurde auch Tintenfraß behandelt. Die Ursache ist eisengallushaltige Tinte, die bis in das 19. Jahrhundert bei Handschriften verwendet wurde. Es bildet sich Eisenvitriol im Zusammenhang mit Sauerstoff. Das Papier wird brüchig.
Eine Anfrage einer Kirchengemeinde zu einem Buch mit Tintenfraß lehnte sie mangels Möglichkeiten in der Werkstatt ab. Die meisten Schäden kommen von abklappbaren Rücken. Viele ihrer Werkzeuge sind selbst gefertigt. Einen Spatel, wie er im Labor benutzt wird, fräst sie für eigene Bedürfnisse.
Als ein unverzichtbares Werkzeug zur Herstellung scharfer Knicke (Fälze) und Anreiben von Selbstklebeprodukten nennt sie das Falzbein aus Knochen. »Mit einem Falzbein aus Teflon kann man Papier anreiben, ohne dass es glänzt«, sagt Fuchs.
1000 Jahre alte Schrift
Das wertvollste Objekt, das sie je restauriert hat, war eine über 1000 Jahre alte Weißenburger Handschrift. Sie musste die intakte Bindung zerstören, damit ein neuer Einband zu den anderen Werken im Regal passte. Das würde sie heute nicht mehr tun. Auch eine Postkarte von Goethe mit einem fünfstelligen Versicherungswert hat sie restauriert. »Es war ein Riss zu sehen. Da geht man ein bisschen anders ran«, sagt sie.
Das Buchbinden umfasst alle Schritte vom Ordnen und Zusammenfügen der Papierlagen zu einem Buchblock und der Verbindung dessen mit dem Einband sowie der künstlerischen Gestaltung.
Zunächst waren es die Mönche, die in sich in Klöster der Buchbinderei widmeten. Ab Mitte des 16. Jahrhunderts entstanden die Buchbinderzünfte. Pressen, Kleben und Heften zählen zu den klassischen Buchbindearbeiten. Das alte Handwerk ist noch gefragt und beliebt im kleinen Kreis, aber nicht mehr so ausgeprägt im Bewusstsein der Menschen.
Es ist ohne Frage ein sterbendes Handwerk, Nachwuchs gibt es kaum. Dabei sei es sehr vielfältig, meint die die Restaurationsexpertin Corinna Fuchs. Sie bearbeitet beispielsweise auch Wasserflecken, Risse und Alterserscheinungen oder beschädigte Ecken. Es gibt auch Mäuse- und Insektenfraß, die berühmten »Bücherwürmer«. geo

