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Thomas Reimann: »Mein Einsatz ist kein Strohfeuer«

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Von: Holger Pegelow

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Bauunternehmer Thomas Reimann appelliert bei seinen Lieblingsthemen »Ausbildung junger Leute« und »bezahlbarer Wohnraum« immer wieder an die Politik, entsprechende Rahmenbedingungen zu schaffen. © Holger Pegelow

Steigende Kreditzinsen, hohe Grundstückspreise, Lieferprobleme bei Baustoffen, überlange Bauzeiten, Nachwuchsmangel und stark steigende Energiepreise - das Thema Bauen ist in aller Munde. Der Bad Vilbeler Bauunternehmer Thomas Reimann kennt die Branche aus dem Effeff und kann zu allen Themen etwas Fundiertes sagen - nicht nur Negatives.

Der 16. März 2022 ist für Thomas Reimann ein besonderer Tag gewesen. Da erhielt er nämlich Post aus der Hessischen Staatskanzlei. Absender: Der seinerzeitige Ministerpräsident Volker Bouffier. Er teilte ihm mit, dass er das Bundesverdienstkreuz am Bande des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland erhalten werde. Vor wenigen Tagen nun hat Reimann die Auszeichnung aus den Händen der hessischen Europaministerin Lucia Puttrich in Wiesbaden entgegengenommen (diese Zeitung berichtete). »Ich fühle mich geehrt und vor allem verstanden mit meinen Anliegen, die ich seit Jahren und Jahrzehnten vorbringe«, sagt er in einem Gespräch mit dieser Zeitung.

Vorgeschlagen worden für diese höchste Staatsauszeichnung ist er offenbar vom Bund Deutscher Baumeister, Architekten und Ingenieure (BDB), bei dem er ebenso ehrenamtlich wirkt wie in einem knappen Dutzend anderer Verbände oder etwa in den Industrie- und Handelskammern Friedberg-Gießen und Frankfurt. »Ich habe bei dieser Ehrung gespürt, dass es nicht die Fülle meiner Ehrenämter ist, sondern die Sache, die kein Strohfeuer ist«, sagt der 60-Jährige. Die Sache, wie er sie nennt, sind eigentlich zwei Anliegen: einmal die Ausbildung der Jugend und dann der Einsatz für bezahlbaren Wohnraum.

»Unsere Gesellschaft muss mehr für die Ausbildung unserer Jugend tun«, betont er und geht mit seinem Unternehmen Alea Hoch- und Tiefbau voran. »Mittlerweile bilden wir vier Azubis aus, vor fünf Jahren hatten wir keinen einzigen.« Reimann betont, es nütze nichts, zu jammern, sondern jedes Unternehmen müsse selbst aktiv werden. »Wir müssen uns früh der Jugend präsentieren.« Das tue man bei der Alea in Frankfurt und Bad Vilbel, indem man etwa in die Schulen der Region gehe und sich präsentiert.

Reimann hat neben der Trägheit etlicher Mitgliedsfirmen auch ein gesellschaftspolitisches Problem ausgemacht: »Wir müssen in der Bildung wieder umdenken. Wir haben den Bogen überspannt, was das Studieren angeht. Wir haben vergessen, wie zukunftsfähig Handwerksberufe sind.«

Horrende Preissprünge am Bau

In dem Gespräch kommt Reimann auch auf die vielfältigen Probleme der Bauwirtschaft zu sprechen, auf das, was täglich in den Medien thematisiert wird. Steigende Zinsen, steigende Rohstoffpreise und in die Höhe schießende Energiepreise. Thomas Reimann kann dazu fundiert Auskunft geben, denn er ist auch Vizepräsident des Verbandes baugewerblicher Unternehmen. 1500 Betriebe seien dort Mitglied. Und Reimann weiß: »Die großen Bauprojekte sind quasi zum Erliegen gekommen.« Vor dem Ukraine-Krieg seien die Kosten für ein Mehrfamilienhaus genau kalkulierbar gewesen. Seit Beginn des Krieges und den exorbitanten Steigerungen der Energiepreise sei das nicht mehr so. Reimann nennt eine durchschnittliche Steigerung der Baupreise von 17 Prozent. Allein die Preise für Beton würden zum 1. Januar 2023 um 35 Prozent steigen. Als großen Kostentreiber nennt der Unternehmer außerdem den Erdaushub. Als Beispiel bringt er den Bau des neuen Sozialamtes in Wiesbaden. Die Alea-Mitarbeiter seien »mit Hunderten Lastwagen« bis nach Nordrhein-Westfalen gefahren, um den Erdaushub dorthin zu bringen. Das habe hohe Kosten verursacht, zudem sei das ökologisch nicht zu vertreten. Reimann kritisiert, dass es in Hessen keine Deponien mehr gebe, an denen Erdaushub angenommen werde.

Der Bauunternehmer erlebt auch, dass viele Investoren ihre Bauten nicht beginnen würden, obwohl alle Genehmigungsverfahren durchlaufen und Bauanträge genehmigt seien. »Sie scheuen einfach das Risiko«, sagt er. Es gebe seit etwa acht Wochen wieder unbebaute Grundstücke auf dem Markt, vorher war der wie leer gefegt. Die Unsicherheit sei groß. »Und das alles werden wir in zwei bis drei Jahren massiv spüren.«

Die neue Bundesregierung sei angetreten, 400 000 Wohnungen pro Jahr zu bauen. Es dürften im nächsten Jahr weniger als 250 000 werden, im Jahr darauf gar nur 100 000. »Weniger Wohnraum bei höherer Nachfrage wird zu weiter steigenden Mietpreisen führen.« Reimann schlägt vor, die Regierung müsse wieder die degressive Abschreibung ermöglichen.

Revitalisierung alter Gebäude

Wegen der sehr angespannten Lage beim Neuwohnungsbau habe die Alea entschieden, verstärkt auf die Revitalisierung von Gebäuden zu setzen. So saniere sein Unternehmen aktuell die Kaserne in Hanau, wo im Gebäude des ehemaligen Kasinos 31 senioren- und behindertengerechte Wohnungen entstünden. Man saniere auch das Dach der Vilbeler Wasserburg, und aktuell sei man beim Bau des Generationenparks in Bad Vilbel mit dem neuen Kneipp-Tretbecken befasst. Sein Unternehmen sieht Reimann gut im Geschäft. Man habe Jahresverträge mit dem Hessischen Rundfunk und mit der Fraport. Allein im letzten halben Jahr habe er sechs Kräfte eingestellt. Zudem halte man die vereinbarten Bauzeiten ein, »bei einigen Projekten sind wir sogar früher fertig geworden«. Mit gestörten Lieferketten habe man auch wenig Probleme. Die seien von manchen Firmen hausgemacht. So werde der Elektriker erst gesucht, wenn der Rohbau schon stehe. »Man muss seine Handwerker gleich beim ersten Spatenstich zusammenhaben«, empfiehlt der Unternehmer.

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