Kostümführung zur blutigen Schacht von Bergen
Großes Interesse herrschte an der Kostümführung des Bad Vilbeler Geschichtsvereins. Eckhardt Riescher »entführte« 70 Zuhörer auf das einstige Schlachtfeld bei Bergen.
Still geht es nicht zu am Karfreitag. Der Parkplatz am Judenfriedhof zwischen Bad Vilbel und Bergen-Enkheim, gegenüber der Berger Warte, steht voller Autos. Über 70 Menschen jeden Alters haben sich dort eingefunden. Sie alle wollen Schultheiß Franz Bermann treffen. Der Würdenträger, stilvoll gekleidet in Rock, Weste und Kniehose der Rokokozeit, will ihnen von einem blutigen Gemetzel berichten, das sich einst vor den Toren seiner Heimatstadt Vilbel ereignete.
»Das Wetter passt allerdings nicht so ganz«, bemerkt der Schultheiß und zeigt mit dem Finger gen Himmel. »Der 13. April 1759 war kein schöner Tag. Es nieselte, und in der Nacht davor hatte es geregnet.« Er muss es wissen, schließlich wurde er damals Zeitzeuge einer der größten Schlachten in Hessen – der sogenannte »blutige Karfreitag« bei Bergen und Vilbel ging in die Geschichtsbücher ein. Für den Verlauf des Siebenjährigen Krieges war diese Schlacht nur ein Randereignis. Doch das ganze Ausmaß spiegelte sich einmal mehr in der Opferzahl – 6000 Soldaten verloren an diesem Tag ihr Leben oder starben an ihren Verwundungen. Der Kanonendonner soll bis Friedberg und Hanau zu hören gewesen sein.
"Franz Bermann wurde wiedergeboren, um die Geschichte zu bewahren" Eckhardt Riescher verkörpert 258 Jahre später die historisch verbriefte Figur des Franz Bermann. »Die Bermanns waren sehr angesehen in Vilbel. Sie stellten über mehrere Generationen Amtsträger und besaßen Steinbrüche und Weingärten«, bemerkt der ehemalige Innenarchitekt aus Assenheim. Längst hat Riescher sich der Geschichte und dem Geschichtenerzählen gewidmet. Er ist Gäste- und Stadtführer, Buchautor und Gründer der Initiative »Wetterau auf Touren«. Seine Führungen verrichtet er immer in zeitgenössischer Kleidung.
»Die Figur des Franz Bermann ist wichtig für Vilbel«, macht er deutlich. »Sie wurde wiedergeboren, um die Geschichte der Stadt zu bewahren. Das Kostüm haben die Stadt Bad Vilbel und der örtliche Geschichtsverein zusammengestellt.«
Zugang um Frankfurt das Ziel Nachdem er seine Gäste als »kurmainzischer Schultheiß« begrüßt hat, führt er sie zu markanten Punkten in der Umgebung und erklärt sachkundig das Geschehen. Auf dem Weg zur Berger Warte bekommt er überraschend militärische Unterstützung von einem Soldaten aus dem Hessen-Hanauischen Jägerregiment mit Steinschlossmuskete und einem schottischen Tambour (Trommler).
Peter Hofmann und Andreas Diegelmann tragen die Originaluniformen mit Stolz. Beide sind Bekannte Rieschers vom »Freundeskreis Hessen-Hanauische Geschichte«.
Als die alliierte Armee des Herzogs von Braunschweig, die aus hannoverschen, braunschweigischen und hessen-kasselischen Regimentern bestand, am frühen Morgen in einem Eilmarsch auf Bergen vorrückte, ging es ihr nur um den Zugang nach Frankfurt. Das Dorf Bergen war der Schlüssel zur Eroberung der Stadt, die seinerzeit von französischen Truppen gehalten wurde. Der Duc de Broglie mit seiner Armee aus Franzosen und verbündeten Sachsen wollte genau das verhindern. Entgegen der Meinung Ferdinands von Braunschweig waren Broglies Truppen gut vorbereitet und in ausreichender Gefechtsstärke aufgestellt: Auf der Warthöhe hatte die französische Artillerie Stellung bezogen. Vor ihr lagen die Berger Wiesen als offenes Schussfeld. »Die Franzosen hatten die strategisch beste Position.«
In der Nähe des Galgens an der Berger Warte hatte Broglie seinen Feldherrenhügel errichtet. Das Dorf Bergen ließ er von einer Abteilung deutscher und schweizerischer Söldner abriegeln. Am linken Flügel und im Vilbeler Wald standen die Sachsen. Mörderisches Abwehrfeuer Gleich nach der Ankunft auf dem Schlachtfeld wurde die alliierte Infanterie in ein mörderisches Abwehrfeuer geschickt, ein Sturmangriff scheiterte. Im Vilbeler Wald kämpften die Freytagschen Jäger Mann gegen Mann. Ferdinand glaubte, das Überraschungsmoment auf seiner Seite zu haben. Aber ihm fehlte seine schwere Artillerie, die hinter Büdingen zurückgeblieben war. Die letzten Kanonen kamen erst gegen Abend an, als er die Schlacht schon verloren hatte.
»Im Wald und vor den Mauern Bergens fielen die meisten Soldaten, weil die Alliierten versuchten, die französischen Stellungen in einer Art Zangenbewegung zu umgehen«, berichtet Eckhardt Riescher weiter. »Viele Verwundete blieben am Hohen Stein in ihrem Blut liegen und wurden in der Nacht ausgeplündert.«
Bei Anbruch der Abenddämmerung endete das gegenseitige Morden. Die Truppen des Herzogs von Braunschweig zogen sich geschlagen nach Windecken zurück. Sein Befehl, Bergen in Brand zu schießen, war ebenfalls gescheitert.