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Herbstsonntage ohne Verkauf

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Bei den verkaufsoffenen Sonntagen im Herbst sind die Menschen gerne durch die Vilbeler Innenstadt flaniert.
Bei den verkaufsoffenen Sonntagen im Herbst sind die Menschen gerne durch die Vilbeler Innenstadt flaniert. © Holger Pegelow

Bad Vilbel/Karben (pe). In Bad Vilbel sollten Äpfel im Mittelpunkt stehen, in Karben Kürbisse. Die leckeren Früchte sollten Anlass sein, die Läden zu öffnen. Doch daraus wird nichts. Die in beiden Städten beliebten verkaufs-offenen Sonntage finden nicht statt. Die Geschäftswelt ist nicht begeistert.

Noch allzu gut ist das Gerangel in Bad Vilbel um den letzten verkaufsoffenen Sonntag anlässlich des Weinfestes und des Quellenhalbmarathons in Erinnerung. Im August musste die Stadt ihre Verfügung nachbessern, damit die Geschäfte überhaupt öffnen durften. Es musste präzisiert werden, dass das seit 15 Jahren stattfindende Weinfest im Mittelpunkt steht und ebenso das Lauf-Ereignis und nicht die Öffnung der Geschäfte. Denn genau diese Präzisierung verlangt ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes vom November 2015. Die Allianz für den freien Sonntag, ein Bündnis aus Kirchen und Gewerkschaften, hat daraufhin die Bürgermeister auf die Rechtslage hingewiesen.

In der Vergangenheit war es so, dass die vier verkaufsoffenen Sonntage pro Jahr sozusagen gesetzt waren. Schon zu Beginn eines Jahres wurden die Termine veröffentlicht, so auch in Karben. Aber nachdem es in immer mehr Städten und Gemeinden Ärger gab, sagte Bürgermeister Guido Rahn den letzten verkaufsoffenen Sonntag für dieses Jahr ab. Am 30. Oktober hatte die örtliche Geschäftswelt eigentlich das »Kürbisfest« feiern wollen. Daraus wird jetzt genauso wenig etwas wie in der Nachbarstadt Bad Vilbel, wo als Herbst-Event ein neues »Apfelfest« aus der Taufe gehoben werden sollte. Das war für kommenden Sonntag angekündigt. Aber nach einem Gespräch im Rathaus sagte der Gewerbering das geplante Fest ab. In einem Rundschreiben an die Mitglieder heißt es: »Aufgrund einer Klage der Gewerkschaft Verdi gegen verkaufsoffene Sonntage müssen wir unser bereits angekündigtes Apfelfest am 23.10.2016 in Bad Vilbel absagen. Da das Fest an einen verkaufsoffenen Sonntag gekoppelt war und dieser vermutlich nicht stattfinden kann, muss das Fest leider auch mit abgesagt werden.«

Die Vereinsring-Vorsitzende Monika Delazer sagt zur WZ: »Wir sind nicht begeistert.« Man habe mit der Absage verhindern wollen, dass die Geschäftsleute Geld in die Hand nehmen, um das Fest und den verkaufsoffenen Sonntag vorzubereiten, und er dann hätte wieder abgeblasen werden müssen. Dabei seien die verkaufsoffenen Sonntage für die heimischen Geschäfte »sehr umsatzstarke Tage«. In manchen Mitgliedsgeschäften seien das die umsatzstärksten Tage des gesamten Jahres. Das komme daher, dass zu Veranstaltungen auch Nicht-Vilbeler in die Stadt kämen, die hier einkaufen würden. Man werde demnächst die Situation innerhalb der Gewerbering-Mitglieder erörtern.

Während das Apfelfest aus dem Terminkalender des Vilbeler Gewerberings herausgenommen wurde, steht das Kürbisfest auf der Homepage der Karbener Gewerbetreibenden noch drauf. Doch die Stadt hat verfügt, dass es nicht stattfindet. Bürgermeister Guido Rahn sagt, es reiche nicht aus, »einfach ein Motto wie Frühlingsfest, Kürbisfest etc. zu suchen und dann den verkaufsoffenen Sonntag durchzuführen«. Vielmehr müsse man ein größeres Volksfest mit hohen Besucherzahlen haben, das dazu führe, dass der größere Teil der Besucher anlässlich des Festes komme und die Öffnung der Geschäfte nur quasi ein »Nebenprodukt« sei. Zudem dürfen auch nur Geschäfte in einem engen räumlichen Gebiet um das Fest öffnen.

Dickes Fragezeichen

Genau darauf verweist auch der Landesvorsitzende von Verdi, Jürgen Bothner. »Endlich erinnern sich die Bürgermeister daran, dass es dieses Urteil gibt«, sagt er zur WZ. Ein Fest müsse per se mehr Besucher anziehen als der verkaufsoffene Sonntag. Zudem dürften nur Geschäfte »im direkten örtlichen Umfeld zu dem Ereignis öffnen«. Bothner nennt hier das Vilbeler Straßenfest. »Die Öffnung der Geschäfte in der Frankfurter Straße gehört einfach dazu.« Ob aber auch das Möbelgeschäft Porta in Dortelweil an einem solchen Tag öffnen dürfe, »dahinter mache ich mal ein dickes Fragezeichen«. Auch sei zu hinterfragen, warum sowohl in Dortelweil als auch in der Innenstadt alle Geschäfte anlässlich der Caravan-Tage öffnen dürfen. Bothner betont, dass der Sonntagsschutz grundgesetzlich verankert sei. Es dürfe nur in Ausnahmefällen gearbeitet werden, »wenn die Tätigkeit nicht in den Werktag verlegt werden kann«. Der Verkauf von Waren gehöre nicht dazu. In den vergangenen Jahren sei mit der Sonntagsarbeit »viel zu lax umgegangen worden«. Der Sonntag, fordert der Gewerkschafter, dürfe kein normaler Arbeitstag werden.

Derweil überlegt man in Karben schon ein neues Event. So will man dort einen neuen Stadtplatz zwischen City-Center und Selzerbrunnen-Center bauen. Wenn der fertig ist, sagt Rahn, »wird ein großes Volksfest stattfinden. Dann könnten die Geschäfte in der Innenstadt öffnen«.

Kommentar: Einen Tag Ruhe
Kinder und Erwachsene hatten in den vergangenen Jahren ihre Freude an den Herbstfesten in der südlichen Wetterau. Kürbisse schnitzen und einkaufen an einem Tag? Nun treten Kirchen und Gewerkschaften als Spaßbremsen auf. Könnte man vordergründig meinen. Doch hinter dem Gerangel, ob sonntags Geschäfte öffnen dürfen, steckt mehr. Das Ganze hatte eine regelrechte Eigendynamik bekommen, wobei es in beiden Städten durchaus Unterschiede gibt. Während in Bad Vilbel oft größere Events dahinterstecken, hat man in Karben die Geschäfte geöffnet und einfach ein Motto ersonnen. Das aber reicht nicht mehr, um den Sonntag zu einem Einkaufs-Werktag zu machen. Wenn Geschäftsleute dem offenen Sonntag nachtrauern, mag das im Einzelfall berechtigt sein. Aber vielleicht sollte man sich mal auf die Grundwerte zurückbesinnen. »Am siebten Tage sollst du ruhen«, heißt es. Angesichts dessen tut ein Tag ohne Einkaufen mit all dem damit verbundenen Treiben, auch mal gut. (pe)

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