Doch kein »Naturerlebnis Nidda«

Das Projekt »Naturerlebnis Nidda« ist Geschichte. Was mit einer Petition von Marion Kittlaus-Liebig 2019 nochmals Fahrt aufnahm, wird nicht umgesetzt.
Claus-Günther Kunzmann spricht von einem »Widerspruch zwischen Renaturierung und Kulturlandschaft Arboretum« im Burgpark. Das stößt nicht überall auf Verständnis.
Die Nidda, der Burgpark und ein mögliches Naturerlebnis. Drei Jahre ist es her, da hat Marion Kittlaus-Liebig eine Petition für das Projekt »Naturerlebnis Nidda« gestartet. Das Ziel: Die Nidda am Burgpark an einer ausgewählten Stelle »erlebbar machen«. Geplant war eine Mischung aus Renaturierung samt abgeflachtem Ufer und Kiesbank sowie ein kleiner Mini-Park. »Ich habe gemeinsam mit meinen Kindern Unterschriften gesammelt«, erinnert sich die Initiatiorin. »Bis vor Kurzem hatte ich auch noch Hoffnung, dass das klappt. Jetzt hat sich das wohl erledigt«, bedauert sie. Dabei fing für Kittlaus-Liebig alles so hoffnungsvoll an. Das Thema erhitzte 2019 die Gemüter und auch das Stadtparlament. Der damalige Vorsitzende des Planungs-, Bau- und Umweltausschusses, Jens Völker, lud Gewässerökologe Gottfried Lehr für einen Vortrag in den Ausschuss ein. Ein Antrag der Freien Wähler den Vorschlag Lehrs an dieser Stelle zu prüfen, wurde in der Stadtverordnetenversammlung einstimmig angenommen. Der Magistrat hatte sich zunächst gegen den Standort im Burgpark ausgeprochen. Kittlaus-Liebig wollte das ändern. »Es gab ja sogar ein Treffen vor Ort«, erinnert sie sich. Im September 2019 kamen Lehr, CDU-Fraktionsvorsitzende Irene Utter, Jens Völker und Petitions-Initiatorin Marion Kittlaus-Liebig sowie Baumgutachter zusammen, um einen Kompromiss für das Projekt zu finden. Die Eingriffe in die Natur sollten möglichst gering gehalten werden. »Es war ein konstruktives und gutes Gespräch«. sagt Kittlaus-Liebig. »Und jetzt erfahre ich aus einer Pressemitteilung der Stadt, das ein anderes Projekt umgesetzt wird und das Naturerlebnis nicht. Dabei wurde immer wieder bestätigt, dass an dem Projekt bald gearbeitet wird.«
Gearbeitet wird im Burgpark derzeit und zwar am Hessentagsprojekt »Bad Vilbel zu Fuß entdecken«. Das teilt die Stadt mit. Die nun begonnene Umsetzungsphase habe zum Ziel, das Stadtwander- und Spazierwegenetz in der Quellen- und Festspielstadt neu anzulegen. Der erste Teil der Umsetzung betrifft den Burgpark. Der Fußweg entlang der Nidda zwischen der Wasserburg und dem Festplatz wird umgestaltet. Hessentagsbeauftragter und Kulturamtsleiter Claus-Günther Kunzmann sagt; »Wir haben im Zuge der Planungen für die Maßnahmen im Burgpark die Interessenskonflikte zwischen Baumschutz und Renaturierung der Nidda umfangreich abgewogen. Da wir im Burgpark gerade mit der Anlage des Arboretums begonnen haben - es wurden dafür rund 100 Bäume angepflanzt, die Bestandsbäume müssen hier noch »eingepflegt« werden - haben wir in diesem Prozess dem Baumschutz den Vorrang gegeben.«
Kunzmann ergänzt, dass man insbesondere mit der Unteren Wasserbehörde mehrfach darüber gesprochen habe, in Analogie zur Aufweitung der Nidda zwischen Bibliotheksbrücke und Eisenbahn dem Fluss auch im Burgpark eine »Flucht« aus seinem engen Bett zu ermöglichen. »Der letzte Termin dazu fand erst vor kurzer Zeit statt.« Das Problem: »An jeder Stelle müssten wir Bäume entfernen oder würden massiv die Wurzeln schädigen. Diese Bäume würden uns wiederum im Arboretum fehlen. Dass außerdem noch der Aspekt Baumverlust in einer innerstädtischen Lage keine völlig untergeordnete Rolle spielt, dürfte auf der Hand liegen.« Für die baulichen Maßnahmen im Burgpark habe man außerdem ein Baumschutzkonzept erstellt, das auch weiträumig um die Bäume Flächen definiere, die bei den Maßnahmen nicht überfahren werden dürfen. »Dazu würde die Entnahmen eines älteren Baumbestandes einen Widerspruch in sich bilden.« Dieser Widerspruch zwischen Renaturierung und Kulturlandschaft Arboretum sei somit nicht auflösbar. »Aus den genannten Gründen haben wir eine Aufweitung der Nidda im Bereich Burgpark nicht weiter verfolgt.«
Für Marion Kittlaus-Liebig ein »Schlag ins Gesicht«. Davon habe sie nichts gewusst. »Ich habe die Bemühungen rund um die Petition erst aufgegeben, als mir zugesichert wurde, dass man eine Lösung findet. Jetzt werde ich vor vollendete Tatsachen gestellt. Das finde ich nicht in Ordnung.«
Claus-Günther Kunzmann kündigte bei einem Termin vor Ort an, das Gespräch mit der Organisatorin der Petition zu suchen.
CDU-Fraktionsvorsitzende Irene Utter (CDU) hatte sich beim gemeinsamen Termin vor drei Jahren noch vorsichtig optimistisch geäußert. rudert jetzt zurück. »Der Preis, den wir mit den Bäumen zahlen müssten, ist einfach zu hoch. Das können wir nicht machen.«
Der damalige Ausschussvorsitzende Jens Völker (CDU) ist verwundert: »So geht man nicht mit einer engagierten Bürgerin um. Dafür schäme ich mich. Es kann nicht sein, dass dort eigenmächtig andere Projekte umgesetzt werden, ohne mit den betroffenen Personen zu sprechen.«
Gewässerökologe und Renaturierungsexperte Gottfried Lehr möchte zu diesem Thema nicht mehr viel sagen. Er ergänzt: »Ich habe einen Haken daran gemacht.«