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Bad Vilbel: Neuer Arbeitskreis für Stadtwald - „Nicht jeder Baum muss gefällt werden“

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Von: Patrick Eickhoff

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Heike Schloßhan-Salomon, Gunther Salomon (Mitte) und Peter Paul haben für die massiven Baumfällungen im Bad Vilbeler Stadtwald kein Verständnis.
Heike Schloßhan-Salomon, Gunther Salomon (Mitte) und Peter Paul haben für die massiven Baumfällungen im Bad Vilbeler Stadtwald kein Verständnis. © Patrick Eickhoff

Der neu gegründete Arbeitskreis „Bad Vilbeler Stadtwald“ kritisiert den „enormen Holzeinschlag“ vor Ort. Die Mitglieder sorgen sich um den Wald und haben eine klare Forderung.

Bad Vilbel - Der Bad Vilbeler Stadtwald ist für Peter Paul, Gunther Salomon und Heike Schloßhan-Salomon ein besonderer Ort. »Ein Ort der Erholung und der Ruhe«, sagt Gunther Salomon. Er geht mit seiner Frau nahezu täglich am Rande Bad Vilbels spazieren. Beide genießen das Zwitschern der Vögel, die frische Luft. Einfach mal runterkommen nach einem stressigen Arbeitstag. Das Ehepaar wirkt mit sich im Reinen, als es durch den Stadtwald läuft. »Es ist einfach eine wunderschöne Strecke«, sagt Salomon. Doch dann blickt er in den Wald hinein. Zwei gefällte Bäume liegen dort. Gunther Salomon wirkt frustriert. »Was hier in letzter Zeit passiert, macht mich traurig.«

Arbeitskreis „Bad Vilbeler Stadtwald“: „Waldsterben schlimmer den je“

Deshalb hat sich nun im Initiativkreis Ökologie ein weiterer Arbeitskreis gebildet. Dieser nennt sich »Bad Vilbeler Stadtwald« und kritisiert den »massiven Holzeinschlag«, wie Salomon sagt. Bereits im Spätsommer haben er und seine Frau festgestellt, dass viele Bäume markiert gewesen seien. »Jetzt werden immer mehr gefällt. Das ergibt keinen Sinn.« Die Sicherung der Wege und das Entfernen von Ästen oder auch Bäumen sei unabdingbar. »Das steht außer Frage. Dafür haben wir Verständnis aber doch nicht mitten im Wald

Um das deutlich zu machen, haben die drei eine kleine Führung durch den Stadtwald organisiert. Mit Abstand und Maske geht es dabei nicht nur auf den Wegen entlang, sondern auch mal querfeldein. Peter Paul, Sprecher des Initiativkreises Ökologie sagt: »Das Waldsterben ist schlimmer denn je und auch dieser Wald ist schwer krank.« Das würde jedoch nicht bedeuten, dass jeder kranke Baum direkt gefällt werden müsse. »Jedes stehende Totholz ist wertvoll für Käferarten. Und davon profitieren auch die Vögel. Das ist ein wichtiger Kreislauf. Außerdem muss man aufpassen, das Kronendach nicht zu zerstören. Denn an diesen Stellen brennt die Sonne dann noch heftiger rein. Das ist nicht gut für den Wald.« Und während die drei durch den Wald spazieren zeigen sie immer wieder Beispiele auf, die aus ihrer Sicht keinen Sinn ergeben. Heike Schloßhahn-Salomon fotografiert alles mit einer Kamera, trägt die Daten anschließend auf einer virtuellen Karte ein. »Auf dieser wollen wir deutlich machen, wo überall Bäume entfernt wurden.«

Bad Vilbel: Bäume lieber behandeln statt fällen

Auf dem Weg zu eben jenen Beispielen liegen viele Baumstämme links und rechts am Rand. »Die liegen hier teilweise seit Jahren, und sind total vergammelt. Jetzt hat man die neuen Stämme daneben gelegt. Was passiert denn damit? Warum hat man sie überhaupt gefällt?«, fragt Paul. Er bestärkt noch einmal den Wunsch, kranke Bäume nicht direkt zu fällen. »Es gibt beispielsweise die Seilklettertechnik. Man kann solche Bäume auch behandeln und gefährliche Äste entfernen.« Viele der gefällten Bäume »hätten uns mit Sicherheit noch überlebt«, ist sich Salomon sicher. Die Argumentation, dass diese nur das nächste Jahr geschafft hätten sei nicht richtig. »Das kann man überhaupt nicht wissen.«

»Die alten Stämme vergammeln und jetzt liegen die neuen noch davor«, äußert der  Arbeitskreis Stadtwald sein Unverständnis
»Die alten Stämme vergammeln und jetzt liegen die neuen noch davor«, äußert der Arbeitskreis Stadtwald sein Unverständnis © Patrick Eickhoff

Das Trio sorgt sich um den Wald. »Man hat in jeder Abteilung gearbeitet«, sagt Peter Paul. Damit bezieht sich der Sprecher des Initiativkreises auf alle Bereiche des Waldes. »Es herrscht eine richtige Unruhe. Überall liegen Stämme. Die Tiere finden keine Rückzugsorte mehr.« In einigen Bereichen habe man die bereits vorhandene Naturverjüngung entfernt und andere Bäume gepflanzt. »Es hat vor einiger Zeit eine Aktion der Massenheimer Kerbburschen gegeben. Die haben Küstentannen im Wald gepflanzt. Das fanden wir super. Allerdings hat die Stadt jetzt auf einer großen Fläche viel zu viele weitere eingesetzt. Der Artenschutz wurde völlig vergessen,« sagt Salomon. »Der Schwarzspecht erschließt vielen anderen Höhlenbrütern den Wald. Der findet in der Küstentanne kein Leben.«

Arbeitskreis „Bad Vilbeler Stadtwald“: Totholz habe auch seinen Nutzen

Dann redet sich das Arbeitskreis-Mitglied doch etwas in Rage. Salomon steht unter einem Baum direkt an einem Weg. Dort hängen zwei sehr große Äste lose herunter. »Wenn wir über Verkehrssicherung reden, dann muss dieser doch auch weg. Stattdessen liegt dort vorne ein Baum, der locker hätte stehen bleiben können.« Man dürfe nicht vergessen, dass alte Bäume nicht nur dem Nachwuchs Schatten spenden, sondern ihn auch mit Nährstoffen versorgen. »Totholz hat einen kühlenden Effekt auf den gesamten Wald.«

Und während die drei an gefällten Bäumen vorbei durch den Wald laufen, spricht Heike-Schloßhan Salomon noch einen weiteren wichtigen Punkt an: Die Rückegassen. »Über sie werden die Stämme mit schweren Maschinen aus den Wald gezogen. Diese müssen dringend versperrt werden, sonst entstehen zu viele neue Wege.«

Bad Vilbel: Plattform für Bürgerbeteiligung gefordert

Die Forderung des Arbeitskreises ist klar. »Wir wollen, dass es eine Plattform gibt zur Beteiligung aller Bürger, der Umweltvereine und der im Stadtparlament vertretenen Parteien«, sagt Paul. Es habe früher bereits eine Kommission für Umwelt-, Land- und Forstwirtschaft gegeben. »Es muss sich unbedingt etwas ändern und es muss mehr Austausch und Informationen geben.« Peter Paul blickt am Ende des Rundgangs noch einmal in Richtung Wald. »Früher kam man erholt aus dem Wald. Heute ist es traurig, das zu sehen.«

Auf die Pressemitteilung des Arbeitskreises hat sich Stadtrat Klaus Minkel (CDU) zu Wort gemeldet. »Dieses Jahr musste mit 1100 Kubikmeter wesentlich mehr als sonst mit rund 500 Kubikmeter eingeschlagen werden, die nur rund der Hälfte des Zuwachses entsprechen.« Ursächlich dafür sei, dass ausschließlich bereits abgestorbene oder absterbende Bäume eingeschlagen werden mussten, die laut Forstverwaltung das kommende Jahr nicht überstanden hätten. »Die Forderung, die Altbäume stehen zu lassen, ist völlig abwegig, weil man so den Bad Vilbelern den Erholungswald wegnähme. Das Sicherheitsrisiko wäre nicht beherrschbar.« Der Magistrat habe den Stadtwald schon seit Jahrzehnten als Kleinod behandelt. »Früher als andere setzten wir auf die Naturverjüngung und Artenvielfalt.« Auf die standortfremde Fichte wurde weitgehend verzichtet. Jährlich wurden hohe Defizite pro Hektar in Kauf genommen. »Der Stadtwald wurde nicht als Wirtschaftswald geführt, sondern für die Menschen und die Natur.« Es sollte laut Minkel auch Hessen Forst Vertrauen entgegengebracht werden.

Bad Vilbel: Potenzielle Wiedereinsetzung der Umweltkommission

»Der Einschlag geschah weitgehend entlang der Rückegassen. Auch hier macht es sich der Kritiker Paul von der sicheren Zuschauertribüne leichter als die, die für den Wald ihre Knochen hinhalten.« Doch der Stadtrat macht dem Arbeitskreis auch Hoffnung. »Die Wiedereinsetzung einer Umweltkommission statt der Behandlung im Bauausschuss ist immerhin erwägenswert.« Durch die Einbeziehung der Ortslandwirte, der Jägerschaft und der Naturschutzorganisationen hätten sachkundige Bürger ein Diskussionsforum bekommen, das der Bauausschuss so nicht bieten könne. Auf diese Weise ließe sich womöglich die frühere große Akzeptanz für den Stadtwald wiederherstellen. »Der Stadtwald verdient es jedenfalls nicht, dass er durch den grünen Stadtverordneten Peter Paul zum Gezänk gemacht wird.« wpa

Der Arbeitskreis ist ab dem 20. Dezember per E-Mail an info@badvilbel-wald.de erreichbar. Die Website badvilbel-wald.de soll ebenfalls an diesem Datum online gehen.

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