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Wie es dem Bad Nauheimer Hotel Dolce in Zeiten der Pandemie geht

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Von: Petra Ihm-Fahle

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Das Hotel Dolce by Wyndham in Bad Nauheim hat trotz der Schließung enorme Fixkosten zu stemmen. © Petra Ihm-Fahle

Auch für ein renommiertes Hotel wie das Bad Nauheimer Dolce sind es harte Zeiten in der Pandemie. Hier geht es um die Probleme dabei, die versprochenen staatlichen Hilfen zu erhalten.

Im Hotel »Dolce by Wyndham« in Bad Nauheim ist es dunkel, General Manager Harald Hock trägt Schal und Mütze. Seit der Schließung wegen des Lockdowns spart er an jedem Cent, damit das Dolce überlebt: »Die Heizung steht auf ›Sternchen‹.« Wieso die Corona-Krise den Fortbestand solch renommierter Häuser ernsthaft gefährdet, erläutert der Hoteldirektor gemeinsam mit dem Generalbevollmächtigten der irischen Eigentümer, Rechtsanwalt Dirk Buhlmann (Frankfurt). Die beiden befinden sich in der »Emotions Bar & Lounge« im hinteren Teil des Foyers, dem einzigen Ort, an dem Licht brennt.

Zwei Kredit-Möglichkeiten

Inhalt des Gesprächs sind schwerwiegende Probleme bei den Überbrückungshilfen, die die Bundesregierung kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) ab 50 Mitarbeitern aufwärts gewährt hat. »Das Thema betrifft hauptsächlich das Gastgewerbe und den Einzelhandel«, sagt Buhlmann. Anders als Kleinstunternehmen erhielten die KMU während des ersten Lockdowns keine Zuschüsse, sondern Kredite mit sehr günstigen Zinsen. »Im Wesentlichen gab es zwei Möglichkeiten: Die eine war der KfW-Kredit aus dem Programm ›Kleinbeihilfen‹, die andere aus dem Programm ›Niedrigverzinsliche Darlehen‹.« Während die »Kleinbeihilfen« eine zehnjährige Rückzahlungsdauer vorsahen, waren es bei den »Niedrigverzinslichen Darlehen« laut Buhlmann nur sechs Jahre. »Natürlich ist für die Hotellerie ein länger laufender Kredit wegen der geringeren monatlichen Ratenlast interessant«, stellt Buhlmann fest. Im Kleingedruckten habe in den Kreditverträgen für Kleinbeihilfen allerdings eine Klausel gestanden: »Die Nettosumme des Kreditbetrags entspricht dem Subventionswert.«

An dieser Stelle greife Artikel 107 des Vertrags über die Arbeitsweise der EU. Ein befristeter Rahmen regele wegen des Ausbruchs von Covid-19, dass ein Unternehmen nur 800 000 Euro Subventionen erhalten dürfe. Wolle es mehr, müsse dies die Europäische Kommission genehmigen. Haken an der Sache sei: Diese Regelung habe vorher so gut wie niemand gekannt. Dass die EU-Kommission nun eine Einzelfallentscheidung für ein Unternehmen von der Größe des Bad Nauheimer Dolce treffe, sei nicht realistisch.

350 000 Euro Fixkosten im Monat

General Manager Hock zieht sein warmes Jackett zusammen. Mitunter arbeite er auch draußen, wie er schildert, weshalb er regelmäßig angesprochen werde, ob er der neue Gärtner sei. Vom 23. März bis zum 1. Juli hatte das Dolce geschlossen. Monatlich fielen laut Buhlmann und Hock trotzdem 350 000 Euro Fixkosten an, für Personal, Grundsteuer, Heizung, Versicherungen. Die Kredite des Bundesprogramms hätten somit nur drei Monate gereicht. »Kurzarbeitergeld müssen die Unternehmen ja auch erst vorstrecken und dann darauf hoffen, es zeitnah erstattet zu bekommen«, sagt Buhlmann.

Wegen des zweiten Lockdowns habe die Bundesregierung die November- und Dezemberhilfen angekündigt. Buhlmann: »Doch was hat man den Unternehmen gesagt, die im ersten Lockdown bereits die ›Kleinbeihilfen‹ in Anspruch genommen haben? ›Ihr kriegt gar nichts!‹« So etwas habe niemand ahnen können. Das Dolce kann die Misere laut Buhlmann vermutlich lösen, indem es die sogenannte Kleinbeihilfe zurückzahlt und einen regulären Kredit aufnimmt. »Aber das müssen Sie erst mal können«, betont er.

Hotel keine Gelddruckmaschine

Wie Hoteldirektor Hock erzählt, erhält er täglich Nachrichten des Inhalts: »Ihr bekommt doch so großzügige Hilfen« oder »Warum sind die Terrassen nicht bepflanzt?« Viele Menschen glaubten, dass Hotels Gelddruckmaschinen seien, was nicht der Fall sei. Hock erzählt von Mitarbeitern, die ihn weinend anriefen oder vor ihm stünden. »Diese Menschen verzichten seit Monaten auf Teile ihres Gehaltes. Keine andere Branche ist so betroffen wie das Gastgewerbe, obwohl wir in die Hygiene investiert haben und keinen einzigen Corona-Fall hatten, weder bei Mitarbeitern noch Gästen.« Hock hebt die Stimme: »Hier wird eine ganze Branche ermordet.« Buhlmann appelliert: »Wir brauchen einfachere, schnellere und für den Hotelier durchschaubarere Regelungen. Wenn das nicht gegeben ist, kann ein Haus unserer Größenordnung auf Dauer nicht überleben.«

Ausnahmen vom Übernachtungsverbot

Laut dem Land sind während des Lockdowns Übernachtungsangebote nur zu notwendigen Zwecken erlaubt. Dazu gehören vor allem unaufschiebbare berufliche oder zwingende familiäre Verpflichtungen oder persönliche Erfordernisse. Laut dem Hotel- und Gaststättenverband DEHOGA hat das hessische Gastgewerbe im vergangenen Jahr 3,85 Milliarden Euro Umsatz verloren, was einem Drittel des üblichen Jahresumsatzes entspreche.

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