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Wettertalstrecke: Autos und Züge kommen sich ins Gehege

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Bad Nauheim (bk). Drei Verletzte, ein schrottreifes Auto: Das war kürzlich die Bilanz eines Zusammenpralls auf dem Bahnübergang in der Straße Am Taubenbaum. Ein Fahrer hatte Andreaskreuz und Blinklicht ignoriert, sein Wagen war mit einer Zugmaschine der Eisenbahnfreunde kollidiert. Der Verein würde gern mehr in die Sicherheit der Wettertalstrecke investieren, hat aber kein Geld.

Hauptsorgenkinder des Vorsitzenden Stefan John sind der Bahnübergang am Rand von Steinfurth (Richtung Friedhof) und der P & R-Platz am Goldstein. Die Stadt sieht gewisse Probleme, aber keinen dringenden Handlungsbedarf.

»Das Andreaskreuz ist einem Stoppschild vergleichbar. In der Fahrschule wird diese Bedeutung vermittelt, von vielen aber wieder verdrängt«, sagt Eisenbahnfreunde-Vorsitzender John. Diese Erfahrung machen die Lokführer des Öfteren. Autofahrer hielten an den Bahnübergängen einfach nicht an, vertrauten offenbar darauf, dass die Strecke der Hobby-Eisenbahner ohnehin kaum genutzt wird. Das ist allerdings nicht ganz richtig. John: »Bekannt sind unsere Museumszug-Fahrten am Sonntag. Wir sind aber auch samstags oft unterwegs, um Instandhaltungsarbeiten an den Gleisen zu erledigen. Wochentags transportieren wir bei bis zu zehn Fahrten vor allem Holz.« In den vergangenen Jahren sei es zu mehreren Unfällen gekommen. Zuletzt am Taubenbaum, davor 2009, als am Ortseingang von Steinfurth (aus Richtung Kernstadt) ein Zug mit einem Traktor zusammenstieß.

»Der folgenschwerste Vorfall hat sich vor etwa zehn Jahren ereignet, als am Bahnübergang am Steinfurther Friedhof ein Auto vom Museumszug 20 Meter mitgeschleift wurde. Eine Frau erlitt schwere Verletzungen«, erinnert sich John.

Abkürzung zur A 5

Damals sei es zu einem Treffen mit Vertretern der Polizei und der städtischen Straßenverkehrsbehörde gekommen – ohne Konsequenzen. Nach Angaben des Vereinsvorsitzenden wird der Bahnübergang am Friedhof von Autofahrern besonders häufig passiert: »Das ist eine bekannte Abkürzung in Richtung Autobahn.« Zumindest eine Warnblinkanlage würde sich der Verein an dieser Stelle wünschen. Ein solches Lichtsignal ist allerdings kein Allheilmittel, wie die beiden jüngsten Zwischenfälle am Taubenbaum und am Ortseingang des Rosendorfs gezeigt haben. Dort waren bereits Warnblinkanlagen installiert, als die Eisenbahnfreunde 2003 die von Stilllegung bedrohte Wettertalstrecke übernommen hatten. Eine weitere Signalanlage in Steinfurth kann der Verein nicht finanzieren. Die kostet laut John je nach Ausführung zwischen 60 000 und 100 000 Euro.

150 bis 200 Meter vor dem Bahnübergang wird eine Kontaktschwelle installiert. Wenn der Zug drüberrollt, geht das Blinklicht an. »10 bis 15 Sekunden später ist der Zug da«, schildert der Vereinsvorsitzende. Unfälle wie den am Taubenbaum kann sich John nur durch die Unaufmerksamkeit der Autofahrer oder die tiefstehende Sonne erklären. Der Zugführer sei angewiesen, vor Bahnübergängen zu hupen, wozu man nicht verpflichtet sei. Zudem fahre man mit einer Höchstgeschwindigkeit von nur 25 km/h. Nahezu hundertprozentige Sicherheit sei durch eine Schranke gegeben, die aber weit teurer sei als die Lichtsignal-Anlage.

Problematisch ist die Situation nach wie vor am Goldstein, wo die Gleise vom benachbarten Bahnhof Nord kommend, etwa 100 Meter über den P & R-Platz verlaufen. Obwohl dort Vorsichtsmaßnahmen getroffen wurden – Schilder und Pylone mit der Aufschrift »Zugverkehr« und eine weiße Haltelinie –, kämen sich Autos und Züge immer wieder ins Gehege. John: »Zuletzt hat es dort vor etwa sechs Jahren gekracht. Der Verursacher hat ewig gegen uns geklagt.

« Der Vereinschef weiß kein probates Mittel, um dort für mehr Sicherheit zu sorgen. Hauptproblem: Wer auf den stark frequentierten Parkplatz fahren oder ihn verlassen will, muss die Gleise passieren. Autofahrer, die einen Stellplatz für ihren Wagen suchen, stoppten nicht an der weißen Linie, weil sie sonst mit dem Heck auf der Straße Am Goldstein stehen. Nicht für Gefahr, aber für Ärger sorgen Leute, die ihre Autos nicht ordnungsgemäß abstellen. Vorgeschrieben ist ein Mindestabstand von 1,5 Metern zu den Gleisen. Die Abschleppdienste freuen sich, weil diese Regelung oft nicht eingehalten wird. Zusätzliches Problem: Auswärtige glaubten oft, es handele sich um stillgelegte Gleise.

Verstärkte Kontrollen

Wenn die öffentliche Hand einen Bahnübergang als gefährlich einstuft, wäre sie zum Handeln gezwungen. Bezüglich des Übergangs am Steinfurther Friedhof ist die Stadt Bad Nauheim zuständig. »Die Beschilderung mit Andreaskreuz ist nach Aussage der Straßenverkehrsbehörde rechtlich in Ordnung. Der Bahnübergang hat für uns angesichts der Haushaltslage nicht die oberste Priorität«, sagt Erste Stadträtin Brigitta Nell-Düvel, die an die Eigenverantwortung der Autofahrer appelliert.

Die Ordnungsbehörde habe dort in letzter Zeit verstärkt kontrolliert, weil die nicht ausgebaute Straße nur für Anlieger freigegeben sei. Trotzdem werde der Weg häufig als Abkürzung in Richtung A 5 missbraucht.

Nell-Düvel: »Bezüglich der Sicherheit ist es ein Problem, dass viele Fahrer nicht mit Zugverkehr rechnen.« Die Bahnstrecke sei an dieser Stelle gut einzusehen, das Andreaskreuz verpflichte zum Anhalten, die Zugführer hupten – das sei eigentlich ausreichend.

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