Spektakel der Nauheimer Erinnerung

Knut W. Cherubim hat zum 50-jährigen Jubiläum seines Freitag-Abend-Clubs FAC ein »Musical« mit unzähligen Bildern und musikalischen Erinnerungen zusammengestellt.
Er saß vorne im Raum der WZ-Redaktion, in dem morgens vor dem Fenster die Sonne aufging. Kein Wunder, er war lange Jahre Chef der Redakteure, was er die Mitarbeiter aber nie spüren ließ. Für sie war er eher ein Freund, der die Geschicke der Wetterauer Zeitung mit großer Sachkompetenz lenkte. Knut W. Cherubim war noch einer der Journalisten, der an den Nauheimer Stammtischen saß, somit als volksnah galt und so manches erfuhr, was auswärtige Kollegen heute per E-Mail oder Telefon nicht mehr erfahren. Einst spielte er Fußball beim VfL vor dem Sonntagsdienst, später beim MAC, dem Montag-Abend-Club, und er ist natürlich immer noch begeisterter Golfer auf dem idyllischen Platz neben der Usa oder auch auf seiner Lieblingsinsel Mallorca.
Und nun feiert »Knutius«, wie ihn alle rufen, 50-jähriges Jubiläum mit seinem FAC, dem Freitag-Abend-Club, eine Gemeinschaft alter Freunde, die jahrzehntelang zusammen durch Dick und Dünn gegangen sind. 1972 sei der Club gegründet worden, berichtet Cherubim, im D-Zug in der Karlstraße, der ersten Station.
Auch aus diesem feierlichen Grund hat der Ex-Redaktionsleiter nun mit einem Riesenaufwand über Wochen ein »Musical« zusammengestellt, das eine musikalische Tour durch 50 Jahre FAC sei und schon viele Nauheimer begeistert. Man findet es auch auf Youtube. Es beginnt mit einer Collage der Freunde, dann folgen Erinnerungsbilder von Verstorbenen, man sieht die Freunde feiern auf Malle, bei einem Fest in Prag, auf der Hähnchenfarm, bei einem »Appelwoi-Seminar« oder auf dem Fußballplatz, wo sie sich als »ewige Champions League-Sieger« präsentieren.
Die Kunst des Regisseurs und Produzenten ist dabei das perfekte Zusammenspiel zwischen Bildern und legendären Musik-Hits. Es erklingt der »Sound of Silence« von Simon & Garfunkel, »Wonderful Life« von Black, »We will rock you« von Queen, »Holding back the Years« von Simply Red, das »Model« von Kraftwerk oder »Country Roads« von John Denver. Und zwischendurch taucht der »Wowo« auf, eine verstorbene Bad Nauheimer Kultfigur, oder auch »Titus« Müller.
Gedenken an die Verstorbenen
»Anfangs waren wir im D-Zug meistens zehn Leute in wechselnder Besetzung, wobei die Urgesteine Dieter Müller, Hotte Brauns, Rainer Wotzlaw, Charly Genzel und erst kürzlich Neppi Greiner bereits verstorben sind. So wie auch andere Freunde wie Bernd Adrian, die sich bereits an den ewigen großen Stammtisch verabschiedet haben«, berichtet Cherubim. Von den »alten« Stammtischlern seien heute noch dabei Pavo Neumann, Jürgen Schmalz, Bernd Müller und als »Fernmitglied« Peter Frohne, der wie Woffi Riehl oder Holger Langenstück in der Fremde lebe. Seit Jahren neu dabei seien Günther Keller, Heinrich Frank, Karl-Heinz Opel und Helmut Kray.
»Ich musste auch einfach mal aufräumen in meinem Foto-Fundus in Alben und im Internet, wo rund 18 000 Fotos gespeichert sind«, erzählt Cherubim. Grund dafür sei, dass auch, dass er nach dem Tod seiner Lebensgefährtin Annette bald aus dem gemeinsamen Haus auszieht und eine Wohnung bezieht. Mit dem FAC-Stammtisch trifft er sich heute auch im Movida, bei Davide im Außenbereich und anderen Orten in der Bad Nauheimer Innenstadt. »Wir sind wie eine Oldie-Band mit Ortswechseln und teilweise neue Besetzungen«, lacht er. Früher ist man nach dem D-Zug im Sportheim gelandet, im Tennis-Club, im Hotel Brunnenhof bei Gretel und Winni Burk, dann im Kuckuck und zwischendurch auch mal im Offset oder Postwagen.
Per App Songs in den Mund gelegt
Faszinierend am »Musical« ist auch der Einsatz einer App, mit der man den Figuren Songs in den Mund legen kann. »Da kam die gesamte Bandbreite meiner Emotionen hoch: Memories mit Freude, Nachdenken, Trauer, Begegnungen und zwischenmenschliches Geplänkel, Enttäuschungen, Stationen an verschiedenen Kilometersteinen des Lebens. Jedenfalls Höhen und Tiefen, wobei die Höhen am Stammtisch bei weitem die Unpässlichkeiten überwogen«, sagt Cherubim wehmütig. Seine Lebenserfahrung sei, dass das Leben ohne Höhen und Tiefen langweilig sei.
»Ich habe dabei Dutzende Fotos ausgesucht, so dass am Ende weit über 100 animierte Szenen zusammenkamen, mein Handy kam an seine Grenzen. Es wurde sogar zeitweise eine Sucht, bis ich mir sagte. Jetzt ist es genug. Aber es ist nie genug«, lautet seine Erfahrung.