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Simon und Theis bleiben in der SPD - vorerst

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Bad Nauheim (jw). Die beiden fraktionslosen Stadtverordneten Dr. Hans-Joachim Simon und Markus Theis bleiben SPD-Mitglieder - zumindest bis auf weiteres. Die Bezirksschiedskommission Hessen-Süd der SPD hatte die beiden »Haushaltsrebellen« nach internem Streit in der Bad Nauheimer Stadtverordnetenfraktion im April aus der Partei ausgeschlossen. Simon und Theis legten Berufung bei der Bundesschiedskommission in Berlin ein. Die hat mit Datum vom 13. September die Entscheidung vom April aufgehoben und das Verfahren »zur weiteren Behandlung und Entscheidung« an die Schiedskommission des SPD-Unterbezirks Wetterau verwiesen.

»Im Grunde heißt das: Lasst uns mit dem Kram in Ruhe und kümmert euch selbst drum«, kommentierte der Wetterauer SPD-Pressesprecher Justin Küblbeck die jüngste Entwicklung in dem Parteiordnungsverfahren. Ob die Wogen noch zu glätten sind, kann derzeit keiner der an dem Verfahren Beteiligten sagen.

Die Vorgeschichte in Kurzform: 2009 war es innerhalb der SPD-Fraktion zu dauernden Streitereien gekommen, vornehmlich um Fragen der Finanzpolitik. Simon und Theis sind Verfechter eines strikten Sparkurses. Als die beiden ohne Absprache mit den anderen SPD-Vertretern im Parlament 62 Anträge zum Etat 2010 stellten, eskalierte die Situation. Die beiden »Haushaltsrebellen« und der Rest der Fraktion gingen fortan getrennte Wege. Simon und Theis schlossen sich für kurze Zeit mit Gisela Cherubim (Liste Wir) zur Fraktion »Wir und Andere« zusammen, nach drei Monaten war auch diese taktische Liaison, die den Dreien Sitze in den Ausschüssen bescherte, Geschichte - allerdings eine mit Folgen.

Der SPD-Bezirksvorstand Hessen-Süd sah darin einen Verstoß gegen »den Grundsatz der innerparteilichen Solidarität«. Wer als Stadtverordneter aus seiner Fraktion austrete und dann - als SPD-Mitglied - gemeinsam mit anderen eine neue Fraktion bilde, vermittele der Öffentlichkeit das Bild einer völlig zerstrittenen Partei. Ein Parteiordnungsverfahren wurde in Gang gesetzt, das mit dem Ausschluss von Simon und Theis aus der SPD endete - im ersten Fall nach 41, im zweiten nach 23 Jahren.

Für die von Simon und Theis eingeschaltete Bundesschiedskommission war nun entscheidend, wie genau die Trennung der beiden von der SPD-Fraktion denn nun vonstatten ging. Wie der Fraktionsvorsitzende Dr. Helmut Francke im Januar der WZ sagte, habe man sich »einvernehmlich« getrennt. So sieht es auch der Bad Nauheimer SPD-Vorsitzende Gernot Sattler: »Das war kein Rausschmiss, sondern eine gütliche Trennung.« Simon und Theis hatten zu verstehen gegeben, sie seien auf Antrag eines Mitglieds aus der Fraktion ausgeschlossen und »gemobbt« worden. Ob die beiden »Rebellen« an einer gütlichen Einigung des Streits interessiert waren oder nicht - das ist laut Bundesschiedskommission eine offene Frage. Eine verworrene Sachlage also, die neun Seiten füllt und neben allerhand Paragraphen und Verweisen auf Schreiben und Antworten der Protagonisten eine Reihe weiterer Punkte behandelt.

So wird am Rande der »ehrverletzende und verleumderische« Leserbrief Simons über die damalige SPD-Bundestagsabgeordnete Nina Hauer erwähnt, und es wird die Frage diskutiert, wie »frei« ein Mandatsträger von den Beschlüssen seiner Partei ist.

Pfaff: Keine Backpfeife für SPD-Bezirk

Karlheinz Pfaff, Geschäftsführer des SPD-Bezirks Hessen-Süd in Frankfurt, sieht die Entscheidung aus Berlin keineswegs als »Backpfeife« für seine Parteiorganisation. Als Verfahrensbeteiligter könne er das Thema nicht öffentlich kommentieren, sagt Pfaff. Nur soviel: »Es gibt keine Entscheidung in der Sache, das soll nun vor Ort geklärt werden.« Ähnlich sieht es die Wetterauer SPD. Deren Pressesprecher Justin Küblbeck war früher selbst Stadtverordneter in Bad Nauheim, kennt Simon und Theis aus der gemeinsamen Arbeit, weiß, dass beide schon immer »Querdenker« gewesen seien, die aber auch die Arbeit der Fraktion über Jahre mitgeprägt hätten. »Es geht nun um Verfahrensfragen«, sagt Küblbeck, »aber die Schiedskommission des Unterbezirks ist sturm- und kampferprobt und wird auch diesen Fall lösen.« Auch der Bad Nauheimer SPD-Vorsitzende Sattler sieht die Sache entspannt. »Im Ortsverein ist das derzeit kein Thema.

« Es gebe unterschiedliche Sichtweisen in manchen Fragen. »Kaputtsparen geht mit uns nicht«, sagt Sattler. Aber es gebe auch Gemeinsamkeiten: »Wir haben keine Berührungsängste.« Alles andere werde die Zeit zeigen.

Der Kern des Problems aus Sicht von Simon

Theis ist zufrieden, dass seine Parteirechte vollkommen wiederhergestellt sind: »Man möchte den Zeitpunkt, wann man nicht mehr Mitglied einer Partei sein möchte, doch selbst bestimmen.« Aber ob er »in dieser« Bad Nauheimer SPD noch Mitglied sein wolle? Theis erwartet, dass er zu den nächsten Versammlungen eingeladen wird. »Da gehe ich hin und werde sehen, was passiert.« Simon gibt sich gewohnt (einzel-)kämpferisch: »Der Kern des Problems ist: Wie konnte es passieren, dass ein ehemals stolzer Ortsverein mit über 400 Mitgliedern auf die schiefe Ebene geriet? Der Unterbezirk müsste bei denen, die ihr Parteibuch abgegeben haben, nachfragen, warum sie das taten.« Sein Bild von der Bad Nauheimer SPD ist nicht gerade schmeichelhaft: »Jeder macht, was er will, die Organisation ist zusammengebrochen, es gibt keine Veranstaltungen, keinen gemeinsamen Spirit.«

Wie es weitergeht? Simon und Theis können sich vorstellen, dass sie ihre Arbeit im Stadtparlament - auf die ein oder andere Weise - fortsetzen. Simon: »Wir möchten gerne unseren Beitrag zum Fortgang des Gemeinwesens leisten.« Im November will die SPD ihre Liste für die Kommunalwahl aufstellen. Derzeit sieht es nicht so aus, als ob Simon und Theis ein Chance hätten, dort berücksichtigt werden. Also müssten sie eine eigene Wählergruppe ins Leben rufen.

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