Schnauzer-Mix Meiky im Glück

Bad Nauheim (lk). Meiky hat sich im Flur ausgebreitet. Dort liegt er zwar ein bisschen im Weg, hat Herrchen und Frauchen aber gut im Blick. Michael Keller und seiner Frau Manuela ist es gleich, wo Meiky liegt. Hauptsache, er fühlt sich bei ihnen in Nieder-Mörlen wohl. Und das tut der sanfte Riese, für den es lange Zeit so aussah, als müsse er seinen Lebensabend blind im Tierheim verbringen.
Manuela Keller-Nowatius wirkt glücklich. »Ich freue mich, dass wir Meiky haben dürfen«, sagt die 41-Jährige lachend und krault dem acht Jahre alten Riesenschnauzer-Mischling über den Kopf. Ein bisschen traurig mache sie es jedoch, dass der Rüde fast zwei Jahre lang im Tierheim Wetterau gesessen hat, es in dieser Zeit nicht einen einzigen Interessenten für ihn gab. Die Nieder-Mörlerin ist der Meinung: »Ein Hund wie Meiky hätte eigentlich keine drei Tage dort sein dürfen.«
Meiky selbst fühlt sich bei seien neuen Rudel-Chefs sichtlich wohl, holt sich immer wieder Streicheleinheiten ab, tobt durch den Garten, wälzt sich im Gras. Im Haus von Manuela Keller-Nowatius und Ehemann Michael Keller im Neubaugebiet »Hempler« bewohnt er seit gut fünf Wochen das offen gestaltete Erdgeschoss. Baby-Gitter an den Treppen verhindern, dass er in andere Etagen gelangt. Eine Vorsichtsmaßnahme, denn Meiky erblindet schleichend, sieht schon jetzt in der Dämmerung und nachts nur noch recht wenig. In nicht allzu ferner Zukunft dürften Treppen und unbekanntes Terrain für ihn zur Herausforderung, wenn nicht gar Gefahr werden.
Wegen Meikys gesundheitlichem Zustand berichtete die WZ bereits mehrfach über den Rüden. Selbst in der Sendung »Maintower« im Hessischen Rundfunk wurde er zu Jahresbeginn vorgestellt. Die Tierheim-Mitarbeiter hofften, Meiky durch die Aufrufe zügig vermitteln zu können. Denn »generell kann ein Hund mit einer Erblindung sehr gut klarkommen. Er hat ja noch andere Sinne – die Ohren, die Nase, den Tastsinn«, hatte Regina McGee, stellvertretende Leiterin des Tierheims Wetterau in Rödgen, gegenüber der WZ erklärt. Allerdings wäre es einfacher für Meiky, wenn er sehend in seine neue Bleibe käme. »Er könnte lernen, sich besser zurechtzufinden«, schilderte McGee.
Doch das Handicap des Rüden schien potenzielle Herrchen oder Frauchen abzuschrecken. McGee berichtete zudem, dass schwarze Hunde grundsätzlich nicht leicht zu vermitteln seien. Ganz abgesehen davon verkaufte Meiky sich im Tierheim schlecht, kläffte viel, wirkte gestresst.
Ganz anders präsentiert er sich heute bei Familie Keller. Er bellt nur, wenn es an der Tür klingelt oder jemand am Haus vorbeiläuft, ist ansonsten entspannt. Und gerade in dem Moment, als Herrchen und Frauchen erzählen, wie lieb Meiky ist, reißt der Rüde ungestüm eine Sonnenblume aus dem Beet. »Naja, immerhin gräbt er nicht den gesamten Garten um«, nimmt Manuela Keller-Nowatius es mit Humor.
Sie und ihr Mann wollten schon lange einem Hund ein Zuhause geben. Doch in ihrer im zweiten Stock gelegenen Altbauwohnung in der Bad Nauheimer Innenstadt war das nicht drin. Dann baute das Paar am »Hempler«, die Option Hundehalter zu sein, wurde greifbar. Ein verträglicher Tierheimhund sollte es sein, mindestens kniehoch, nicht schwerer als 30 Kilogramm. Auch ein älterer Hund kam infrage. Keller sagt: »Die Farbe war uns egal.« Dass Meiky erblinden wird, erschreckt das Paar nicht. Die Eheleute haben sich in der Veterinärklinik informiert. Auch wenn die Netzhautablösung nicht zu stoppen ist, wissen die Nieder-Mörler nun, wie sie damit umgehen müssen, sollten sich Meikys Augen entzünden.
Die Neu-Hundehalter sind begeistert von ihrem Meiky. Doch fast säße der noch immer im Tierheim. Denn eigentlich hatten Keller und seine Frau, beide gehen seit 2012 ehrenamtlich mit Tierheimhunden Gassi, einen anderen Hund im Blick. »Es stellte sich aber heraus, dass dieser viele Ängste hat«, berichtet die Erzieherin. Unter anderem fürchtet der Hund sich vor Männern. Keine guten Voraussetzungen, schließlich sind beide berufstätig, weshalb geplant war, dass Michael Keller den Hund tagsüber mit in das Ingenieurbüro nimmt, in dem er arbeitet.
Eine Tierheim-Mitarbeiterin machte das Paar nochmals auf Meiky aufmerksam, erzählte von den vielen Berichten in Zeitung und Fernsehen. »Sein Schicksal ging uns ans Herz.« Vor sechs Wochen begann Keller-Nowatius, den Rüden zu besuchen, führte ihn regelmäßig spazieren. Ihr Mann nahm Meiky probehalber mit ins Büro. Statt wie geplant im August zog Meiky dann schon im Juli in sein neues Zuhause. »Auch, weil eben nicht klar ist, wie lange er noch etwas sieht.«
Bald wird der Mischling zum ersten Mal in seinem Leben die Wellen rauschen hören, mit den neuen Rudel-Chefs geht’s ans Meer.