Schläge und Tritte im Sprudelhof?

Bad Nauheim/Gießen (kan). Gemeinschaftlichen Raub wirft die Staatsanwaltschaft zwei Zwillingsbrüdern aus Bad Nauheim vor. Weil sie im Dezember 2010 im Sprudelhof zwei Männer geschlagen, mit Messern bedroht und bestohlen haben sollen, müssen sie sich seit Dienstag vor dem Gießener Landgericht verantworten.
Weder die Angeklagten noch die Zeugen machten den Richtern am ersten Prozesstag die Wahrheitsfindung leicht. Die 22 Jahre alten Brüder erzählten vor der Kammer, sie seien an jenem Tag mit einem Freund auf dem Heimweg gewesen, als sie im Sprudelhof auf die Zeugen trafen. Weil einer von ihnen einem Bruder noch Geld schuldete, habe man ihn angesprochen. »Wir haben ganz höflich Hallo gesagt«, erklärten sie. Auf die Frage des Vorsitzenden Richters Dr. Dietwin Johannes Steinbach, warum die Angeklagten glaubten, von dem Zeugen Geld verlangen zu können, berichtete einer von ihnen, sein Bruder habe bei dem Bekannten Marihuana gekauft. Der Zeuge habe dabei auf einen größeren Geldschein weder herausgeben noch für die Gesamtsumme Drogen überlassen können. Er habe deshalb versprochen, den Restbetrag zu einem späteren Zeitpunkt zurückzuzahlen. Schon einmal habe man sich vertrösten lassen, nun sollte die Schuld aber endlich beglichen werden.
Doch der junge Mann habe ihnen klargemacht, dass er nicht vorhabe, das Geld zurückzuzahlen. Dann sei er gleich aggressiv geworden und habe sie beide am Kragen gepackt, sagte einer der Angeklagten. Daraufhin habe sein Bruder dem jungen Mann eine Backpfeife gegeben. Als der Zeuge sie losließ, habe ihr Freund schon die beiden Handys in der Hand gehabt und sie eingesteckt, bevor sie sich zu dritt auf den Heimweg machten. »Wir hatten keine Butterfly-Messer«, sagte der 22-Jährige. Auch von den heftigen Schlägen, die der andere Zeuge eingesteckt haben soll, wollten sie nichts wissen. Laut Anklage habe der dem anderen jungen Mann zu Hilfe kommen wollen, sei dann zu Boden geschlagen und gegen Kopf und Oberkörper getreten worden.
Die beiden Handys habe der zweite Zeuge von sich aus herausgerückt. »Kann sein, dass er sie aus Angst einfach hergegeben hat«, vermutete einer der Brüder. »Ich habe an seiner Mimik gesehen, dass er eingeschüchtert war.«
Bei der Polizei hatte sich der Angeklagte allerdings anders eingelassen. Dort hatte er behauptet, er selbst habe zugeschlagen, nicht sein Bruder. »Ich wollte meinen Zwillingsbruder schützen.« Der ist nämlich im vergangenen Jahr zu einer Jugendstrafe verurteilt worden und sein Bruder fürchtete nun, er könne nach Usbekistan abgeschoben werden, wo beide geboren sind. »Heute sage ich die Wahrheit«, versuchte er, das Gericht zu überzeugen.
Auch die Aussagen der Hauptbelastungszeugen machten den Prozessbeteiligten Schwierigkeiten. Nur scheibchenweise rückten sie mit ihrer Sicht auf jenen Dezembernachmittag heraus. Als derjenige der jungen Männer, der zusammengeschlagen worden sein soll, nun seine Aussage zurücknahm, er habe in den Händen der Angeklagten Messer gesehen, erinnerte ihn der Richter eindringlich an seine Wahrheitspflicht. Er habe eigentlich überhaupt nicht gegen die Angeklagten aussagen wollen und habe es nur getan, weil ihn die Mutter seines Freundes dazu gedrängt habe. Als Grund nannte er Angst vor den Zwillingsbrüdern. Dem Gericht habe er aber nun die Wahrheit gesagt.
Von den Messern berichtete der zweite Belastungszeuge erst auf energische Rückfragen des Richters. Er habe nicht genau erkennen können, ob die Angeklagten tatsächlich Waffen in den Händen hielten. Und wenn, seien sie zugeklappt gewesen. »Es könnte alles gewesen sein«, sagte der junge Mann und entschuldigte sich damit, dass er niemanden zu Unrecht habe belasten wollen. An die Tritte und Schläge gegen seinen Freund konnte er sich dagegen noch gut erinnern. »Er sah ziemlich ramponiert aus.«
Die Verhandlung wird am Mittwoch nächster Woche fortgesetzt.