Bad Nauheimer Kurpark als Partyzone und Radlerparadies

Bad Nauheim (bk). Ein fünfminütiger Gang durch den Bad Nauheimer Kurpark reicht aus, um drei Verstöße auszumachen. Mehrere Radfahrer sind unterwegs, ein kleiner Hund tollt unangeleint auf der Wiese, Kinder spielen Fußball und schreien dabei herum – bei strenger Auslegung der Kurparkordnung ebenfalls untersagt.
Das sind eher Petitessen, anders gelagert sind Beschwerden über die Partyzone Großer Teich.
Der Landesgartenschau 2010 hat die Stadt Bad Nauheim das große Holzdeck am Kurpark-Teich zu verdanken. Wie sich in den letzten Jahren gezeigt hat, handelt es sich um einen idealen Ort für Freiluftfeten. An Wochenenden ziehen bei schönem Wetter zwischen 50 und 100, manchmal auch noch mehr junge Leute in den Park, um bei lauter Musik Party zu machen. »Wie am Ballermann«, beurteilt ein Mann aus der Stiftstraße die Situation, mit der er sich freitags und samstags konfrontiert sieht. Eine kleine Verbesserung hat er immerhin ausgemacht: Während früher bis 3 Uhr nachts gefeiert wurde, sei jetzt »schon« gegen 1 Uhr Schluss.
Neben der Stiftstraße ist die Küchlerstraße besonders betroffen. Wie ein Anwohner berichtet, zögen Jugendliche, die auch aus der Region kämen, mit wattstarken »Party Rockern« aufs Holzdeck. Sogar Mopedfahrer seien im Park unterwegs. Die Beschallung der Umgebung reiche bis nach Nieder-Mörlen. Am Morgen nach den Feten müssten Mitarbeiter der Stadt den Müll wegräumen. Patienten der Kliniken auf dem Kerckhoff-Campus könnten die Fenster nicht mehr öffnen, weil sie sonst keinen Schlaf fänden.
Anlieger machen die Liberalisierung der Kurparkordnung 2012 für die Zustände verantwortlich. Von Stadt und Polizei fühlen sich die Betroffenen alleinegelassen. »Offenbar ist dies seitens der Stadt so gewünscht oder zumindest geduldet, denn es gibt weder eine hinreichende Beschilderung noch sonstige Maßnahmen zur Verhinderung«, sagt der Küchlerstraßen-Bewohner, der namentlich nicht genannt werden möchte.
Den Vorwurf der Untätigkeit weist die zuständige Fachbereichsleiterin Britta Hupka zurück. »Die Stadt gibt viel Geld für private Sicherheitsdienste aus, deren Mitarbeiter nachts regelmäßig kontrollieren.« Für die kommenden Haushalte habe der Fachbereich noch mehr Mittel beantragt. Bei den Kontrollen werde stets darauf gedrängt, mehr Rücksicht zu nehmen, etwa die Musik leiser zu stellen. »Das Problem ist nicht zu hundert Prozent in den Griff zu bekommen«, sagt Hupka. Würden die jungen Leute vom Großen Teich verdrängt, verlagere man die Lärmbelästigung nur an eine andere Stelle. Wie die Sicherheitsdienste und der »Schutzmann vor Ort«, Bernd Büthe, berichteten, seien die Jugendlichen friedlich und gesprächsbereit. Gleichwohl kam es in der Zeit der Abi-Feiern zu Fällen von Vandalismus, zum Beispiel beim Erna-Ente-Treff.
Die Schuldigen wurden laut Hupka nicht ermittelt. WZ-Informationen zufolge ist die Zahl der Beschwerden über die Partyzone in jüngster Zeit gesunken. Dort treffen sich meist Schüler, die jetzt teils auf Reisen sind.
Ein »Dauerbrenner« ist auch das Radfahren im Kurpark, das nur Kindern unter acht Jahren erlaubt ist. Diese Vorschrift steht allerdings nur auf dem Papier, wie Herbert E. Schmitt aus der Frankfurter Straße weiß. Er hält sich des Öfteren im Kurpark auf und beobachtet immer wieder Radfahrer, manche seien in rasantem Tempo unterwegs. Es seien Leute aus allen Generationen, die gegen die Regeln verstießen. »Obwohl es verboten ist, scheint Rad fahren im Kurpark immer beliebter zu werden. Kürzlich saßen wir eine halbe Stunde am Teichhaus, in dieser Zeit haben wir mehr als ein Dutzend Radfahrer gezählt.« Darunter sei eine Gruppe Senioren mit E-Bikes gewesen. Er rät dringend zu einer besseren Beschilderung, um aufs Radfahrverbot aufmerksam zu machen, das oft gar nicht bekannt sei. Schmitt hat noch keinen Unfall beobachtet, aber Beinahezusammenstöße. »Besonders kritisch ist die Lage sonntags bei schönem Wetter. Obwohl dann sehr viele Spaziergänger unterwegs sind, fetzen manche Radfahrer richtig durch.«
Bei diesen Verstößen gegen die Kurparkordnung sind die Möglichkeiten der Stadt zum Einschreiten ebenfalls begrenzt. Wie Fachbereichsleiterin Hupka sagt, bemühten sich Hipos und freiwilliger Polizeidienst darum, Radfahrer anzuhalten. »Die meisten reagieren gar nicht, fahren einfach weiter. Manche zeigen unseren Mitarbeitern den Vogel.« In solchen Fällen habe die Ordnungsbehörde keine Chance, die Radfahrer zu ermitteln. Wer anhalte, werde höflich auf das Verbot hingewiesen. Hupka: »Nur in Ausnahmefällen, wenn jemand pampig wird oder es sich um einen ›Wiederholungstäter» handelt, wird eine Bußgeld von 15 Euro verlangt.«
Von Unfällen ist der Fachbereichsleiterin nichts bekannt. Kürzlich habe sich allerdings ein Hilfspolizist durch einen Sprung zur Seite vor einem rücksichtlosen Radfahrer mittleren Alters retten müssen.