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Eishockey so nicht zukunftsfähig - Neues Stadion in Bad Nauheim denkbar

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Von: Bernd Klühs

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Ironisch formuliert steht das 73 Jahre alte Eisstadion allen Fans offen. Tatsächlich herrschen dort bei Regen, Schnee oder starkem Wind unzumutbare Bedingungen für Besucher. Einer von vielen Gründen für die Neubaupläne.
Ironisch formuliert steht das 73 Jahre alte Eisstadion allen Fans offen. Tatsächlich herrschen dort bei Regen, Schnee oder starkem Wind unzumutbare Bedingungen für Besucher. Einer von vielen Gründen für die Neubaupläne. © Nicole Merz

2010 wies Bad Nauheim ein Haushaltsdefizit von 10 Millionen auf, manche Politiker wollten das Eisstadion schließen. 2020 steht im Etat ein Überschuss, der Bau einer Multifunktionsarena ist denkbar.

Aus der erhitzten Debatte, die 2009/10 über die Zukunft des Eissports in Bad Nauheim geführt wurde, lassen sich Schlüsse ziehen für die bald anstehende Diskussion über den Neubau einer Multifunktionsarena. Vor zehn Jahren steckte nach der Lehman-Pleite allen die Finanzkrise in den Knochen, Steuereinnahmen brachen weg, kommunale Haushalte wiesen knallrote Zahlen auf.

Der frühere Bürgermeister Bernd Witzel hatte unfreiwillig den denkbar schlechtesten Zeitpunkt für seine Stadion-Neubaupläne gewählt, die er unbedingt durchsetzen wollte. Der UWG-Mann scheiterte allerdings nicht nur an der Weltfinanzpolitik, sondern auch an einem hartnäckigen Gegner vor Ort, der sein Nachfolger werden wollte und sollte. Armin Häuser (CDU), damals Erster Stadtrat und Kämmerer, konnte Witzels Konzept angesichts der Haushaltslage problemlos als Wolkenkuckucksheim brandmarken.

Streit um Neubau: Koalition zerbricht

In dem harschen Konflikt siegte Häuser, die Koalition aus Union und Freien Wählern im Parlament zerbrach an diesem Streit. Das Eisstadion auf dem Stoll-Gelände wurde übrigens auch deshalb abgelehnt, weil zwei private Investoren, mit denen verhandelt worden war, eine extrem hohe finanzielle Beteiligung der Stadt forderten. Heute kann ebenfalls nur gebaut werden, wenn ein Investor gefunden wird und die Bedingungen für die Stadt tragbar sind.

Ebenfalls interessant mit Blick auf die bevorstehenden Beratungen: Kaum hatte die Politik den Neubau endgültig abgesagt, drohte 2010 das Stadiondach einzustürzen. Allein für dessen Sanierung musste die klamme Stadt gut 2 Millionen Euro bereitstellen.

Die Frage, welchen Sinn es macht, immer wieder viel Geld in die geschichtsträchtige, einzigartige und bei etlichen Fans beliebte Sportstätte zu investieren, ist die alles entscheidende. Antworten erhoffen sich EC Bad Nauheim und Kommunalpolitiker aus einer Machbarkeitsstudie, die seit Ende 2019 im Rathaus vorliegt.

Machbarkeitsstudie noch ein Geheimnis

Kürzlich hat sich die Arbeitsgruppe von Klub und Stadt getroffen und Nachbesserungen gefordert, die eingearbeitet werden. Auf Basis dieses Gutachtens des Nürnberger Büros Glöckner Architekten GmbH, das bereits 2009 eine Stadion-Studie für Witzel erstellt hatte, wird nach Auskunft von Bürgermeister Klaus Kreß eine Beschlussvorlage erarbeitet. Der Magistrat soll sich damit im Februar oder März beschäftigen, danach beraten Fraktionen und Ausschüsse.

Zu den Inhalten des Papiers will Kreß noch nichts sagen. Eines wird im Gespräch mit der WZ aber deutlich: Die Aussagen der Experten, die Empfehlungen bezüglich Standort, Betrieb und Bauweise der Arena aussprechen, zwingen den Bürgermeister nicht zur Kurskorrektur. Er bleibt im Grundsatz Befürworter eines Neubaus. Kreß ist überzeugt, dass der Eishockey-Profisport im alten Stadion keine Überlebenschance hat. Auch aus wirtschaftlicher Sicht - rund 8 Millionen Euro Investitionsstau, gut 500 000 Jahresdefizit - sei der Istzustand nicht haltbar.

»Das Finanzierungsmodell besteht aus drei Säulen: Stadt, Fördertöpfe und Investor«, sagt der Rathauschef. Wobei der Investor den Hauptanteil schultern müsste. Wie Kreß vor einem Jahr im Bauausschuss deutlich gemacht hatte, sei ein nennenswerter städtischer Beitrag nur möglich, wenn das Grundstück des Colonel-Knight-Stadions künftig für hochwertigen Wohnungsbau genutzt werde.

Gespräche mit Investoren

Laut Kreß führt der EC Gespräche mit Investoren, eine Entscheidungsbasis fehlt bisher allerdings. »Zuerst muss ein klares Konzept vorliegen, das die Politik grundsätzlich befürwortet, dann kann ernsthaft mit potenziellen Geldgebern und Betreibern verhandelt werden.« Gleiches gelte für Fördermittelanträge.

Auf einen Zeitrahmen bis zur Entscheidung pro oder kontra Neubau legt sich der Bürgermeister nicht fest. Ein Faktor ist die Frage, ob der Flächennutzungsplan (FNP) geändert werden muss, um eine Arena bauen zu können. »Das hängt vom Standort ab«, lautet die interessante Antwort von Kreß. Bislang war nämlich stets von zwei möglichen Geländen die Rede: nahe Kläranlage oder nahe Ford Kögler. Beide Grundstücke sind im FNP aber nicht als Flächen für Sportstätten ausgewiesen.

Neue Argumente für Neubau

Damit der Eishockey-Profisport in Bad Nauheim zukunftsfähig bleibt, hält der EC seit Jahren an den Neubauplänen fest. Bei Bürgermeister Armin Häuser und Erster Stadträtin Brigitta Nell-Düvel fand der Club wenig Gehör - wegen der miserablen Finanzlage der Stadt. Erst seit Amtsübernahme durch Klaus Kreß (Bürgermeister) und Peter Krank (Erster Stadtrat) im Herbst 2017 werden wieder ernsthafte Gespräche geführt. Heute ist ausschließlich von einer Multifunktionshalle die Rede, um die Nutzungsmöglichkeiten deutlich zu erweitern und zusätzliche Einnahmequellen zu erschließen. Das Investitionsvolumen wird auf 30 bis 40 Millionen Euro geschätzt, wie hoch der städtischen Anteil sein soll, ist völlig offen. 2009 sollte das reine Eisstadion rund 12 Millionen Euro kosten.

Jüngst haben sich zwei neue Argumente ergeben, die für den Neubau sprechen. Zum einen wird im Profi-Eishockey ab der Saison 2020/21 wieder auf- und abgestiegen. Zweitligisten sind potenzielle Aufsteiger in die DEL und müssen verschärfte Mindeststandards erfüllen - auch in Sachen Stadion. Zweites Problem: Bei solch milden Wintertemperaturen wie aktuell bildet sich im alten Stadion Nebel, der die Sicht erschwert. Manche Fans bleiben zu Hause.

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