Mehr als nur ein Schlitz in der Badehose
Bad Nauheim/Friedberg (jw). Wie kommt ein junger Mann bloß auf die Idee, im Schwimmbad vor den Augen von zehn- und elfjährigen Mädchen sein Glied aus einem Loch in der Badehose heraushängen zu lassen und das besagte Stück, wie es in der Gerichtsverhandlung hieß, zu »manipulieren«? Der 26-jährige Erik L. (Name geändert) aus Lich wusste dies am Donnerstag vor dem Amtsgericht in Friedberg auch nicht zu beantworten. Mit leiser Stimme und gesenktem Kopf gestand er, besagte Handlung an zwei Tagen im Februar im Usa-Wellenbad begangen zu haben.
Sexueller Missbrauch vor Kindern, lautete die Anklage. Richter Ulrich Wetzel verurteilte L. zu einer neunmonatigen Haftstrafe auf Bewährung und einer Geldbuße.
Es geschah am 25. und 28. Februar dieses Jahres: Erik L., damals Besitzer einer Dauerkarte für das Hallenbad, hielt sich im Außenbecken auf. In seiner Badehose war ein Riss. Den machte er etwas größer, holte sein Glied heraus und spielte vor den Augen eines Mädchens daran herum. Drei Tage später wiederholte sich das Ganze, nun waren es vier Mädchen, die die unsittliche Handlung beobachten mussten. Doch sie reagierten sofort und gaben dem Bademeister Bescheid. Der benachrichtigte die Polizei, die den Exhibitionisten festnahm. Die Ursachen für die Tat konnten, wie Richter Wetzel sagte, in der Verhandlungen nur »oberflächlich« aufgeklärt werden. Nachvollziehbar seien die Taten dennoch, und dies hängt mit der Vorgeschichte zusammen. Seit sechs Jahren ist M. mit seiner Freundin zusammen, doch das Sexleben gestaltet sich seit gut drei Jahren »eher sporadisch«. Höchstens alle drei Monate Sex, das war zu wenig für den jungen Mann. Also suchte er nach anderweitiger »Entlastung«, zu Hause im stillen Kämmerlein. Als die Freundin, eine Studentin, in den Semesterferien im Juni 2007 ständig in der gemeinsamen Wohnung zugegen war, fuhr er mit dem Auto auf einen Parkplatz in Hungen.
Sein Blick traf den einer Frau, die Erregung stieg und er onanierte im Auto - am helllichten Vormittag, direkt vor einem Supermarkt. Gegen eine Geldbuße von 200 Euro wurde das Verfahren eingestellt.
Bei der Tat im Schwimmbad habe er keine Erektion gehabt, beteuerte M., um zu verdeutlichen, dass er nicht pädophil sei. Erklären kann er sich die Handlung nicht. »Mir tut das alles sehr leid, ich möchte mich entschuldigen.« Der 26-Jährige saß wie ein Häufchen Elend auf der Anklagebank, wischte sich die schwitzenden Hände an der Jeans ab, äußerte sich nur leise und brachte auf Nachfrage des Richters zum Ausdruck, dass ihm die Angelegenheit sehr peinlich sei. »Das zu erzählen, ist...«, dann versagte ihm die Stimme. Für Kinder könnten solche Erlebnisse traumatisch sein, sagte Richter Wetzel. Noch dazu wurde die Handlung drei Tage später wiederholt. Strafmildernd wirkte, dass sich M., bevor er einen Anwalt konsultierte, einen Termin bei einem Psychologen verschaffte. Der empfahl eine Paartherapie, was laut Wetzel aber kaum ausreichen dürfte, um eine Wiederholungstat zu verhindern.
Stefan Linker, Vertreter der Staatsanwaltschaft, forderte zehn Monate Haft auf Bewährung. Rechtsanwalt Oliver G. Persch sagte, mit seinem Geständnis habe sein Mandant den Kindern eine Aussage vor Gericht erspart, er plädierte auf sechs Monate. Neun Monate wurden es dann. M. hat einen Handwerksberuf erlernt, wurde berufsunfähig, schulte um und ist freiberuflich in der Finanzbranche tätig. Hohe Einkünfte hat er nicht. 500 Euro muss er an den Deutschen Kinderschutzbund zahlen. Vor 18 Uhr darf er nicht mehr ins Schwimmbad, ein Bewährungshelfer soll ihn dazu bewegen, möglichst bald mit einer Sexualtherapie zu beginnen.