LGS: »Wir sind gerne hingegangen, aber...«
Bad Nauheim (jw/ihm). Die Landesgartenschau (LGS) wird morgen beendet, die Veranstalter sind mit den Ergebnissen mehr als zufrieden. Das dürfte auch für hunderttausende Gäste gelten, die die Schönheiten der Schau genossen. Bei solch einem Ereignis bleibt indes die eine oder andere Kritik nicht aus.
Die Nachhaltigkeit sei bei der Planung nicht genügend berücksichtigt worden, heißt es, die Blütenwirbel auf der Kurhauswiese wirkten »befremdlich«, der Brunnen im Kastanienrondell wirke aufgrund der Größenverhältnisse »etwas verloren« - nur drei Beispiele von vielen. Die WZ hat mit drei LGS-Kritikern gesprochen, die LGS-Geschäftsführung wollte sich nicht dazu äußern.
»Doch, auch schöne Bereiche sind entstanden«, lobt Renate Scheer in einem mehrseitigen Aufsatz über die LGS Bad Nauheim in der Fachzeitschrift »Stadt & Grün« (August 2010). Scheer, ehemals Mitglied der Agendagruppe Natur, Umwelt und Nachhaltigkeit, nennt neben einer Reihe positiver Gesichtspunkte auch Aspekte, die ihr nicht so gut gefielen. Sie bezieht sich im Wesentlichen auf Pflanzung und gärtnerische Gestaltung. Beispiele: Im Kurpark sei wenig zu sehen, darüber hätten sich »etliche Besucher« gewundert. Werde ihnen erklärt, es handele sich um ein denkmalgeschütztes Areal, in das man nur wenig eingreifen dürfe, fragten sie: »Warum veranstaltet man dort eine Gartenschau?« Scheers Kommentar: »Laien stellen manchmal die richtigen Fragen.«
Die Bepflanzung schien der Landschaftsarchitektin an vielen Stellen offenbar nicht optimal. Beispiel: Die Blütenwirbel wirkten befremdlich. Die freigelegte Fläche im Goldstein ergebe ein eigentümlich wesenloses Bild. Manche Themengärten wirkten wie fertige Kunstwerke, Veränderung scheine nicht erwünscht. Es zeige sich der Trend: Gärten sollen keine Arbeit machen. Dem müsse man entgegenwirken.
Dr. Ulla-Ira Stamm, Pflanzenexpertin mit besonderem Interesse für Gartendenkmalpflege, äußert: »Die Besucher in Bad Nauheim hatten ihren Spaß.« Sie habe aber auch Hemer besichtigt - diese LGS sei ihr erfolgreicher erschienen. Stamms Einschätzung: Es habe viel mehr freiwilliges Engagement gegeben. In Bad Nauheim sei das nur wenig erwünscht gewesen. Hemer habe besser für das Event geworben und stärker auf Sehenswürdigkeiten außerhalb des Geländes aufmerksam gemacht. In Bad Nauheim »hat man sich bei der Werbung zu stark auf die vergänglichen Beiträge der Gartenbauausstellung konzentriert«, hatte Stamm jüngst in einem Leserbrief geschrieben: »Diese Beiträge sind austauschbar, sie sind bei allen Gartenschauen zu finden. Stattdessen hätte man die Besonderheiten von Bad Nauheim, Jugendstil und Rosen, zu zentralen Themen machen müssen.«
Stamm nennt auch Besucherzahlen von anderen Landesgartenschauen: In Aschersleben seien es etwas über 500 000 Gäste gewesen, Hemer erreichte bislang fast 900 000 Besucher, Villingen-Schwenningen 925 000, Rosenheim sogar eine Million. Die Bad Nauheimer hießen gerade den 500 000. Gast willkommen. Weitere Vergleichszahlen: In Bingen seien es 2008 rund 1,3 Millionen Besucher gewesen, die LGS in Hanau im Jahr 2002 habe 800 000 Besucher gezählt. Altes werde in der Kurstadt oft nicht wertgeschätzt, sagt Stamm. Das habe sich am Beispiel des Schwyzer Hüsli gezeigt. Hintergrund: Das Café sollte zunächst abgerissen werden.
»Mehr Angebote für Kinder«
Kritk meldet auch Kreisgärtnermeister Horst Claussen an. »Ich habe - bis auf Aschersleben - alle anderen Landesgartenschauen in diesem Jahr angesehen«, erzählte er. Bad Nauheim habe von der LGS profitiert, die Schau sei sehr schön gewesen: »Wir sind gern hingegangen.« Hallenschauen, Gärtnermarkt, Kleingärten, Lichtkirche, Terrassen vorm Goldsteinturm, kristalline Gärten, Veranstaltungen und, und, und - das alles sei sehr gelungen gewesen. Er habe aber auch die eine oder andere Kritik. Beispiele: Claussen vermisste einen Imker-Stand und ein Maskottchen.
Das Wegeleitsystem zwischen den Geländeteilen habe nicht gut funktioniert. Claussen ist zudem der Ansicht: »Mehr Angebote für Kinder wären gut gewesen - wie in Villingen-Schwenningen und Hemer. Gleiches gilt für Begrüßungspersonen wie in Hemer, die Anreisenden sagen, wo sie welchen Geländeteil finden können.«
Ein Parkstreifen für Busse in der Straße »Am Goldstein« habe beispielsweise auch gefehlt. Das, sagt Claussen, wäre zu lösen gewesen mithilfe eines Einbahnstraßensystems. Er habe diesen Punkt vorgeschlagen, doch leider kein Gehör gefunden.