Kein Geld da: Pläne fürs Stadtmuseum beerdigt
Bad Nauheim (bk). Die Bad Nauheimer Kulturszene wird nicht um ein Stadtmuseum bereichert. Pläne für eine solche Einrichtung, die je nach Standort zwischen 4,5 und 13 Millionen Euro verschlungen hätte, hat der Magistrat verworfen. »Aufgrund der schwierigen finanziellen Situation der Stadt ist ein solches Museum auf absehbare Zeit nicht zu bezahlen«, sagte Bürgermeister Armin Häuser.
Das letzte Wort hat das Stadtparlament. Der Verein Bad Nauheimer Museen zeigte sich »enttäuscht, aber nicht entmutigt«, so Vorsitzender Gustav Jung.
Die Stadtkasse ist leer, der Landrat hat Bad Nauheim ein rigides Spardiktat verordnet: Als Konsequenz hatte Kämmerin Brigitta Nell-Düvel in der Parlamentssitzung am Donnerstag »gravierende Einschnitte« angekündigt, von denen jeder Bürger betroffen sein werde. Die ersten Betroffenen sind Kulturliebhaber, die sich auf das Stadtmuseum gefreut hatten. Denn daraus wird nichts, wenn sich das Parlament dem Magistrat anschließt, womit zu rechnen ist.
Der Museenverein forciert seit 2005 Überlegungen zur Gründung eines stadthistorischen Museums. 2007 stellte der Klub ein Konzept vor, das die Nutzung des alten Salinengebäudes am Goldstein als Standort vorsieht. Die Politik zeigte sich den Plänen gegenüber aufgeschlossen. Nach jahrelanger Diskussion entschieden die Stadtverordneten Ende Oktober letzten Jahres, Nägel mit Köpfen zu machen, und beauftragten den Magistrat, die Möglichkeiten einer Museumsgründung zu prüfen.
Mix aus Wohnen und Gewerbe?
Jetzt liegen die Ergebnisse vor. Berechnungen des Fachbereichs Stadtentwicklung zufolge würde der Aufbau eines Stadtmuseums in der alten Saline – inklusive der von Bürgermeister Häuser favorisierten Integration des Rosenmuseums – 13 Millionen Euro kosten. Für Sanierung und Umbau des früheren Balneologischen Instituts am Sprudelhof für diesen Zweck werden 4,5 Millionen veranschlagt. Auch diese deutlich kleinere Investitionssumme kann die Stadt nicht aufbringen, wie Häuser verdeutlichte: »Wenn wir ein solches Museum ins Leben rufen würden, müssten Konzept und Ausstattung von hoher Qualität sein. Das ist auf absehbare Zeit nicht finanzierbar.« Und würde von der Kommunalaufsicht aufgrund der prekären Haushaltslage der Stadt auch gar nicht genehmigt.
Der Bürgermeister lobte das große Engagement des Museenvereins, der in dem Gebäude am Goldstein weiter Ausstellungen veranstalten kann, bis über eine andere Nutzung entschieden ist. Seit zwei Jahren gibt es Überlegungen, in dem Industriedenkmal und auf dem dazugehörigen Gelände einen Mix aus Wohnen und Gewerbe zu realisieren. Laut Häuser haben Studenten ein Konzept erarbeitet, konkrete Pläne existierten aber nicht. Der Museenverein könne im städtischen Sanierungsbüro sein Büro einrichten und erhalte einen Depotraum, um erhaltenswerte Objekte zu sammeln.
»Das Aus für das stadthistorische Museum bedeutet nicht zwingend die Garantie für den Fortbestand des Rosenmuseums«, betonte der Bürgermeister. Trotz eines Jahresdefizit von rund 300 000 Euro, das weiter wachse, werde die Stadt versuchen, das Museum zu erhalten. Häuser: »Es ist von großem touristischen Wert und stößt mit rund 10 000 Besuchern jährlich auf starke Resonanz.
« Dem Rathauschef schwebt allerdings ein deutlich größeres ehrenamtliches Engagement für die Einrichtung vor. Möglicherweise könne sich ein Trägerverein bilden, um die Stadt von Kosten zu entlasten.
»Halten an Plänen fest«
»Wir sind natürlich enttäuscht über die Entscheidung der Stadt, erkennen aber auch den finanziellen Hintergrund, vor dem sie getroffen wurde«, kommentierte der Vorsitzende des Museenvereins, Gustav Jung, das Aus für das Museum. Gleichwohl halte der Klub unbeirrt an seinen Plänen fest. Ein solches Museum dürfe nicht »als unwichtiges und unbezahlbares Projekt ohne Zukunftsaussichten zu den Akten gelegt werden«. Vielleicht sehe die finanzielle Situation in einigen Jahren deutlich besser aus.
Positiv sei, dass der Verein in den sieben Jahren seit seiner Gründung eine »entscheidende Bewusstseinsbildung« bewirkt habe. Erstmals in der jüngeren Geschichte sei von der Politik die Notwendigkeit eines Museums zur Darstellung der ganz besonderen Historie Bad Nauheims ernsthaft diskutiert worden. Jung: »Ein Museum ist ein bedeutender Standortfaktor für die Stadt, die zunehmend für Kulturtouristen attraktiv gemacht werden soll. Vergleichbare Städte mit weniger bedeutendem historischen Bestand sind in weit höherem Maß ihrer kulturellen Verpflichtung nachgekommen.«
Der Verein werde sich nun auf seine nächste große Ausstellung konzentrieren, die im Frühjahr 2013 in der Siedehalle des Salinengebäudes zu sehen sein soll.