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Hausmusik in Gottes guter Stube

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Von: Hanna von Prosch

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Sabine Dreier und Frank Scheffler musizieren nicht nur mit der Barockflöte und dem Cembalo, sondern auch mit modernen Flöten, Orgel und Klavier.
Sabine Dreier und Frank Scheffler musizieren nicht nur mit der Barockflöte und dem Cembalo, sondern auch mit modernen Flöten, Orgel und Klavier. © hms

Bad Nauheim (hms). Es fühlte sich an wie eine Hausmusik von erlesener Güte: drei verschiedene Querflöten, Cembalo und Truhenorgel, Klavier und auch ein bisschen große Orgel - was sie eben noch mitmacht. Zwei Interpreten, die aufeinander eingestimmt sind und ein buntes Programm von Bach bis Piazzolla. Die angenehmen Temperaturen in der Dankeskirche und der frische Orgelwein trugen zur Wohlfühlatmosphäre bei.

Das Konzert begann mit zwei virtuosen Sätzen aus Johann Sebastian Bachs Sonate e-Moll für Traversflöte und Cembalo, wobei Scheffler auch den zart klingenden Lautenzug einsetzte. Voll und warm entfaltete die frisch gekürte Wetterauer Kulturpreisträgerin 2019, Sabine Dreier, die Töne auf der Barockflöte. Diese Kombination erklang anschließend im »empfindsamen Stil« von Bachs berühmtesten Sohn Carl Philipp Emanuel. In seiner G-Dur Sonate war die Melodie immer wieder zwischen den Instrumenten verschlungen. Obwohl der Bachsohn und Wolfgang Amadeus Mozart Zeitgenossen waren, merkte man in Mozarts Andante mit Traversflöte und Truhenorgel schon deutlich den klassisch-verspielten Ausdruck. Als Meisterstück könnte man die Transposition von Carl Philipp Emanuel Bachs Orgelsonate auf die wesentlich kleinere einmanualige Truhenorgel mit nur zwei Registern bezeichnen. Frank Scheffler musste wegen der Ausfälle auf der großen Orgel darauf zurückgreifen und schaffte so ein völlig anderes, sehr direktes Klangerlebnis.

Das ganze Konzert lebte von den unterschiedlichen Klangfarben und Instrumentenkombinationen. Im 19. Jahrhundert lebte Giulio Briccialdi, der ein tänzerisches Thema von Paganini mit Variationen bearbeitete. Theobald Böhm hatte in dieser Zeit die moderne Querflöte mit dem bis heute gültigen Klappensystem erfunden, die Dreier hier in Altstimmung spielte. Die Truhenorgel übernahm den Rhythmus. Bei den zwei ausdrucksstarken impressionistischen Werken Syrinx von Claude Debussy und der Fantasie op. 79 von Gabriel Fauré - mit Klavierbegleitung - konnte Dreier mit der Böhmflöte in höchsten, tiefsten und schillerndsten Tönen brillieren. Schwirrende Passagen zwischen Himmel und Erde oder Legatoläufe wie in einem verwunschenen Garten malten im Flötensolo (Syrinx) oder mit der großen Orgel von der Empore aus Stimmungswelten in den Raum. Dann stellten sie in zwei selten zu hörenden, sehr schönen Stücken den Frankfurter Kirchenmusiker und Urgroßvater der Flötistin, Bernhard Dreier, vor.

Grandioser Abschluss

Der grandiose Abschluss war dem argentinischen Komponisten und Bach-Verehrer Astor Piazolla gewidmet. Zunächst schwebte ein Tango »Meditativo-Lento« im sonoren Klang der Altquerflöte durch den Raum. Dann erklang eine faszinierende Premiere im Duo Flöte und Orgel in der Tango-Komposition für einen verstorbenen und auferstandenen Engel. Kampf und Anbetung im Tod, innig und emporgehoben die Auferstehung. Der bekannte Libertango mit seinem feurigen, von Leidenschaft geprägten Ausdruck setzte den Schlusspunkt vor einem langen, dankbaren Applaus.

Als Zugabe lud schließlich ein weinseliger Ländler von Fritz Kreisler das Konzertpublikum zum sommerlichen Plausch bei Orgelwein und Orgelbrot ein. »Local hero« habe man Sabine Dreier einmal im Rundfunk genannt, erzählte Scheffler. »Alle, die uns helfen, unser Ziel bald eine neue Orgel zu bekommen, sind für uns local heros. Also auch die Partner, die die Orgelprodukte herstellen und vertreiben und diejenigen, wie Sabine Dreier, die so wunderbare Benefizkonzerte anbieten«, bedankte er sich.

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