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Häuser-Abgang: Parteien reagieren gelassen

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Schnelle Reaktion: CDU-Parteivorsitzender von Massow (l.) und Fraktionschef Jordis haben bereits eine Findungskommission damit beauftragt, einen neuen Bürgermeisterkandidaten zu suchen.
Schnelle Reaktion: CDU-Parteivorsitzender von Massow (l.) und Fraktionschef Jordis haben bereits eine Findungskommission damit beauftragt, einen neuen Bürgermeisterkandidaten zu suchen. © Nicole Merz

Bad Nauheim (bk). Der Spruch »Lebbe geht weider« von Kulttrainer Dragoslav Stepanovic ist als Bonmot in die Fußballhistorie eingegangen. Stepi hatte mit der Eintracht 1992 die Meisterschaft verspielt, Bad Nauheim verliert dagegen »nur« einen Bürgermeister. Entsprechend unaufgeregt reagieren die Parteien auf Armin Häusers Rückzug.

Nach nur einer Amtszeit wird Bad Nauheims Bürgermeister Armin Häuser Mitte September kommenden Jahres den Chefsessel im Rathaus räumen. Völlig unerwartet kam dieser Schritt nur für den neuen SPD-Vorsitzenden und Fraktionschef Axel Bertrand. Vertreter der übrigen Parteien, die länger im Politgeschäft sind, hatten mit einem solchen Schritt gerechnet oder ihn zumindest nicht ausgeschlossen. Wie aus den Stellungnahmen hervorgeht, werden die Karten in Sachen Bürgermeister-Direktwahl, die im Frühjahr oder Frühsommer 2017 ansteht, neu gemischt, weil der Amtsbonus entfällt.

Die CDU-Spitze – Parteivorsitzender Oliver von Massow und Fraktionschef Manfred Jordis – hatten bereits am Donnerstag gegenüber der WZ ihr Bedauern über die Entscheidung Häusers ausgedrückt. Am Freitag legte Jordis nach und sprach von einem »sympathischen und überaus erfolgreichen Bürgermeister«, der mit der Union wesentliche Akzente gesetzt habe, etwa bei der Erschließung neuer Wohngebiete. Die CDU hat bereits eine Findungskommission eingesetzt, die einen geeigneten Kandidaten suchen soll.

Was der Fraktionsvorsitzende vergaß zu erwähnen, sind die inhaltlichen Differenzen bei wichtigen Themen und die persönlichen Animositäten, die zwischen manchen Christdemokraten und »ihrem« Rathauschef herrschten. Die übrigen Parteien sind nicht so zurückhaltend, auch Koalitionspartner UWG nicht. »Zwei wichtige Projekte hat Häuser nicht recht zu Ende gebracht: Therme und Stoll-Gelände. Das sind ›never ending stories»«, sagte UWG-Vorsitzender Christian Weiße. In Sachen Thermalbad-Zukunft sei der Bürgermeister nicht im Einvernehmen mit seiner Partei gewesen. Gerüchte darüber, dass der 52-Jährige nicht mehr kandidieren wird, hatte Weiße bereits vor einiger Zeit vernommen. »Mir war von Anfang an klar, dass er Bad Nauheim als Zwischen-, nicht als Endstation sieht. Er hängt nicht mit Herzblut an der Stadt.« Er habe Häuser als fleißigen, disziplinierten Arbeiter erlebt, der immer gut vorbereitet sei. Im Magistrat herrsche ein kollegiales Miteinander. Die UWG will mit der CDU über die Möglichkeit eines gemeinsamen Kandidaten sprechen, gegebenenfalls werden die Freien Wähler einen eigenen Bewerber präsentieren. »Altbürgermeister Bernd Witzel wird es nicht sein. Im 71. Lebensjahr sollte man sich das nicht mehr antun«, stellte Weiße klar.

Auch Manfred Schneider, stellvertretender Fraktionschef der FDP, hat das Ausscheiden Häusers kommen sehen. »Die Spaltung der CDU im letzten Jahr wegen der Therme hat ihre Spuren hinterlassen.« Zudem habe die Union bei der Wahl massiv verloren. Einige Stadtverordnete des CDU-Koalitionspartners UWG zweifelten »von Grund auf an der Arbeit des Bürgermeisters«, was dessen Entscheidung beeinflusst haben dürfte. Schneider schätzt Häusers fachliche Qualifikation, es fehle ihm aber Durchsetzungskraft, um Projekte wie Therme oder Stoll-Gelände »knallhart durchzuziehen«. Schneider empfiehlt, einen auswärtigen Fachmann für die Häuser-Nachfolge zu suchen.

Viel Positives hat Grünen-Fraktionschefin Claudia Kutschker zum Bürgermeister zu sagen, mit dem sie bis zur Kommunalwahl in einer Koalition zusammengearbeitet hat. Der Rathauschef habe sich stets offen, korrekt und konsequent verhalten. Wichtige Projekte wie Wohnungsbau und energetischer Umbau seien auf den Weg gebracht worden. Gemeinsam mit Erster Stadträtin Brigitta Nell-Düvel sei es Häuser gelungen, die städtischen Finanzen zu sanieren. Beim Thema Tempo 30 habe Häuser die Position der Grünen gegen Widerstände aus der Union unterstützt.

»Wir haben uns bereits vor der Ankündigung Häusers, die nicht ganz unerwartet kommt, mit der Bürgermeisterwahl beschäftigt, aber noch niemanden nominiert. Ich werde nicht kandidieren«, betonte Kutschker.

Die SPD ist ebenfalls dabei, sich zu positionieren. Noch in der Sommerpause will sich Vorsitzender Axel Bertrand intensiver mit der Kandidatenfrage beschäftigen. Bertrand, der erst seit März im Parlament sitzt, zeigte sich überrascht von Häusers freiwilligem Ausscheiden in gut einem Jahr. »Ich rechne mit einem offenen Rennen um die Nachfolge«, meinte der Fraktionschef. Häuser sei ein zielorientierter Mensch, der nach Ansicht anderer aber zu wenig Bürgernähe zeige. Kritisch bewertet Bertrand die Haltung des Rathauschefs zum Stoll-Gelände. Die Fachmarkt-Pläne mit Gewalt durchgesetzt zu haben, sehe der Bürgermeister zwar jetzt als Fehler. »Andere müssen die Suppe aber auslöffeln«, betonte der SPD-Chef.

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