Neue Therme in Bad Nauheim: „Es gibt sehr erfreuliche Nachrichten“

Rasant steigende Baupreise und Lieferengpässe beim Material bereiten vielen Investoren Probleme. Für das Bad Nauheimer Therme-Projekt ein denkbar ungünstiges Umfeld - sollte man meinen.
Bad Nauheim – Unerwartet positive Neuigkeiten hatte Christian Karl vom Friedberger Büro BLFP, federführender Architekt für Planung und Bau der Bad Nauheimer Therme, dieser Tage in die Sitzung des Bauausschusses mitgebracht. Das Gremium wollte einen Bericht über den Fortschritt des Mammut-Projekts hören, rechnete angesichts der Kapriolen in der Baubranche vermutlich mit wenig Erbaulichem.
Doch es kam anders. Karl: »Was die Kosten angeht, gibt es sehr erfreuliche Nachrichten.« Inzwischen seien gut 44 Prozent der Aufträge fürs Thermalbad vergeben, und »wir liegen nur leicht über dem Soll«. Das heißt: Die Ausschreibungsergebnisse für drei »große Brocken« - Erdarbeiten, Rohbau und Badewassertechnik - weichen um vier Prozent von der Kalkulation ab. Aufs Gesamtbudget hochgerechnet, geht der Architekt von einer Kostensteigerung von nur 1,8 Prozent aus. Er ließ nicht unerwähnt, dass die Baupreise in Deutschland 2020 um bis zu 22 Prozent, die Stahlpreise um über 50 Prozent angehoben worden seien. »Wir sind sehr glücklich mit dem bisherigen Ergebnis.«
Investitionssumme in die Bad Nauheimer Therme: Gut 52 Millionen
Wie BLFP-Geschäftsführer Andreas Schmitt gegenüber der WZ erklärt, hoffe er bei der Ausschreibung der weiteren Gewerke auf ähnlich günstige Angebote. Vor dem Hintergrund der aktuellen Lage entwickele sich die Kostenseite des Therme-Projekts positiv. »Am Markt tun sich unvorstellbare Dinge. Wir schreiben unsere Aufträge in einer sehr ungünstigen Zeit aus«, betont Schmitt.
Bürgermeister Klaus Kreß wird also keine weiteren Millionen-Kredite aufnehmen müssen. Vor allem die Freien Wähler hatten in jüngster Zeit entsprechende Befürchtungen geäußert. Teuer genug für eine Kleinstadt wie Bad Nauheim wird das Bauvorhaben ohnehin. Nach Auskunft von Kreß liegt das Budget für die Therme bei 37 Millionen Euro, weitere 7,2 Millionen stehen im Haushalt für den Ausbau des Badehauses 2 zum Wellness- und Therapiezentrum. Damit nicht genug: Etwa 8 Millionen Euro werden in die Tiefgarage investiert, insgesamt muss die Stadt also gut 52 Millionen Euro aufbringen.
Auch der Zeitplan scheint nicht ins Wanken zu geraten. Ende August wurden die Erdarbeiten fürs Thermalbad abgeschlossen. Besonders anspruchsvoll war der Einbau von Spundwänden zur Sicherung der Baugrube, die bis zu 14 Meter tief in die Erde getrieben werden mussten. Größere Komplikationen hat es laut Karl nicht gegeben. Jetzt startet die Hochbau-Phase. Im Herbst 2023 soll die neue Therme im Betrieb gehen - pünktlich, wie der Architekt betont.
Neue Therme in Bad Nauheim wird verpachtet
Ähnlich sieht es nach Angaben von Matthias Mroncz, für das Projekt zuständiger Fachdienstleiter der Stadt, im Badehaus 2 aus. Die Sanierung des Kellers sei abgeschlossen. »Zurzeit wird die Ausführungplanung für den Umbau fertiggestellt, Ende des Jahres soll die Baustelle eingerichtet werden«, berichtet er.
Mit dem Start des Therme-Projekts und den Perspektiven sind die Bad Nauheimer Politiker offenbar zufrieden, zumal es nach Aussage von Kreß bislang keine Anliegerbeschwerden über Lärm, Erschütterungen oder Dreck gegeben hat. Für etwas Diskussionsstoff sorgte dagegen eine Entscheidung des Magistrats. Danach wird die ursprüngliche Absicht, das Thermalbad von der Schweizer Kannewischer AG im Auftrag der Stadt betreiben zu lassen, nicht weiterverfolgt. Stattdessen soll das Unternehmen die Therme pachten. Dieser Schwenk wurde vom Haupt- und Finanzausschuss in nicht-öffentlicher Sitzung einstimmig abgesegnet.
»Das Pächtermodell ist die bessere Lösung. Ein Pächter wird mehr ins wirtschaftliche Risiko gehen, was zu höheren Einnahmen für die Stadt führt«, erläutert der Bürgermeister die Gründe. Kritik meldet die FDP an, weil die Stadt weniger Einfluss auf den Betrieb der Therme nehmen könne, etwa auf die Höhe der Eintrittspreise. Kreß zufolge werden von der Stadt diesbezüglich »Leitplanken eingezogen«. Soll heißen, der Pächter hat keine völlige Gestaltungsfreiheit. »Die Preise werden sich am Markt orientieren. In einer der attraktivsten Thermen Deutschlands ist eine Tageskarte für 7,50 Euro aber nicht machbar.«
Die Tiefgarage wird dagegen von einer städtischen Gesellschaft betrieben. Laut Kreß ist das erforderlich, um die Höhe der Parkgebühren mit den anderen innerstädtischen Stellplatz-Angeboten harmonisieren zu können.
Dreimal Einweihung für Therme in Bad Nauheim
Das ursprüngliche Ziel, alle baulichen Komponenten des neuen Thermalbad-Komplexes zur gleichen Zeit fertigzustellen, wird nicht erreicht. Wie schon länger bekannt ist, kommt es bei Sanierung und Umbau des Badehauses 2 zu erheblichen Verzögerungen. Erst Anfang 2022 dürfte mit der Neugestaltung des Gebäudes begonnen werden.
Die Bauarbeiten für die Tiefgarage und das Therme-Hotel werden nach Angaben von Andreas Schmitt, Geschäftsführer des Friedberger Architekturbüros BLFP, im Mai oder Juni kommenden Jahres starten. Der Hotel-Investor aus Frankfurt hatte länger nachgedacht, ob er angesichts der Pandemie bei seinen Plänen bleibt. »Ein solches Neubau-Projekt ist in Corona-Zeiten schon ungewöhnlich. Doch in der Tourismus-Branche gibt es gerade wieder einen kleinen Aufbruch«, sagt Schmitt.
Letztlich ergeben sich drei verschiedene Einweihungstermine. Die Therme soll im Juni 2023 in den Probetrieb gehen und im September eröffnet werden. Dann soll auch die Tiefgarage fertig sein. Vom Hotel wird im Herbst 2023 nur die Hülle stehen, der Innenausbau wird sich bis ins erste Halbjahr 2024 hinziehen. Als letzter Bestandteil wird das Badehaus 2 mit Sauna, anderen Wellnessangeboten und Therapieräumen eröffnet. Laut Vereinbarung zwischen Stadt und Land wird die Übergabe im September 2024 erfolgen.