Ein Modell, um Poser in Bad Nauheim zu stoppen

Das Thema Poser bewegt nach wie vor die Gemüter in Bad Nauheim, auch wenn die Raserei einstweilen deutlich abgenommen hat. Nun soll das »Mannheimer Modell« helfen.
Quietschende Reifen und schlaflose Nächte sollen nicht sein. Daher will die Stadt das Verkehrsrowdytum in der Bad Nauheimer City langfristig lösen. Einen Appell, den die Kenia-Koalition aus CDU, Grünen und SPD an den Magistrat formulierte, beschloss das Stadtparlament am Donnerstagabend einstimmig. Die Sitzung fand in der Frauenwaldhalle Nieder-Mörlen statt.
»In Bad Nauheim hat sich eine Szene mit Rasern und Posern gebildet, die mit erhöhter Geschwindigkeit in der Kernstadt unterwegs sind«, ging Natalie Pawlik (SPD) auf die Vorgeschichte ein. Das beeinträchtige die nächtliche Ruhe der Anwohner massiv. Nachdem sich das Problem zugespitzt habe, habe der Magistrat durchgegriffen (diese Zeitung berichtete). »Uns ist bekannt, dass gleich nach den Maßnahmen vereinzelt wieder Raser unterwegs waren«, sagte die Sozialdemokratin. Laut Pawlik ist es nicht auszuschließen, dass sich das Ganze auf lange Sicht beruhigt, wozu die Suche nach einer nachhaltigen Lösung beitragen soll. Das »Mannheimer Modell«, das unter anderem Bußgelder und Straßenschwellen vorsieht, eignet sich Pawliks Worten zufolge sehr gut.
Poser-Szene in Bad Nauheim: Kritik an Schwellen
Markus Theis (FW/UWG) ging auf die Schwellen ein, die er für nicht nützlich hält: Raser führen vorsichtig drüber, um anschließend wieder aufs Gas zu treten. Schwellen erhöhen laut Theis mithin nur die allgemeinen Fahrgeräusche und machen die Busse kaputt. »Wir werden dem Antrag aber zustimmen, er hat sich im Grunde sowieso erledigt.« Damit spielte Theis auf die bereits bestehenden Bemühungen des Magistrats an und trug dann einen Änderungsantrag vor: »Der Magistrat soll im nächsten Haupt- und Finanzausschuss über die Umsetzung berichten.« Benjamin Pizarro (FDP) fand das sinnvoll, »es ist eine wichtige Ergänzung, regelmäßig zu evaluieren«, sagte er. Ansonsten sei die FDP guten Mutes, dass die Stadt den richtigen Weg beschritten habe, um das Problem in den Griff zu bekommen.
Poser-Szene in Bad Nauheim: »Krach war die Hölle«
Manfred Jordis (CDU) widersprach Theis. »Die Maßnahmen haben etwas gebracht, das Thema hat sich aber nicht erledigt«, unterstrich er. Seiner Ansicht nach hätte der Magistrat schon früher aktiv werden können, das Problem hat laut Jordis schon länger bestanden. »Für Anwohner aus der Parkstraße, die Schicht arbeiten oder kleine Kinder haben, war der Krach die Hölle«, führte er vor Augen.
Laut Erstem Stadtrat Peter Krank (parteilos) ist das Thema komplex und sehr ernst. »Wir haben das vor einem halben oder Dreivierteljahr in dieser Stärke nicht wahrgenommen«, sagte er. Wie er feststellte, gibt es Verkehrsrowdytum auch in anderen Städten. Als die Lage hochkochte, nahm Krank laut eigenen Worten sofort Kontakt mit Polizeispitzen in Friedberg und Gießen auf. Mit den Ordnungshütern sei er sich einig, mediale Aufmerksamkeit möglichst vermeiden zu wollen. »Denn es ist eine Szene, die sich dadurch aufgerufen fühlt.« Das ZDF habe er gerade noch abwehren können, schilderte der Erste Stadtrat.
Poser-Szene in Bad Nauheim: Blitzer haben nicht viel gebracht
Krank sprach von einigen ersten Erfolgen, wollte aber nicht zu viel über die taktischen Maßnahmen der Polizei verraten. Nach den Straßensperrungen an einigen Wochenenden kam es laut Krank zur Beruhigung. »Parallel war der Personenkreis trotzdem in Bad Nauheim gewesen. Daher rät die Polizei, die Füße in der Öffentlichkeit stillzuhalten«, erläuterte er. Es sei aberwitzig, da es andererseits den Informationsbedarf gebe.
Krank schloss sich Theis in puncto Schwellen an, sie erhöhten den Lärm. »Auch gibt es immer wieder die Auffassung, dass man mit festen Blitzern das Problem lösen kann«, sagte der Erste Stadtrat. Die Stadt habe eine Radarfalle mit Personal in der Parkstraße aufgestellt. In angemessener Geschwindigkeit seien die Raser vorbeigefahren, »und anschließend quietschten die Reifen«.
Einen Großteil der Parlamentsdebatte prägte eine Kontroverse unter den Stadtverordneten darüber, dass FDP und FW/UWG den Eilantrag der Kenia-Partner im Mai nicht als dringlich angesehen hätten, da das Thema schon in Arbeit gewesen sei. Unter dem Strich herrschte aber Geschlossenheit. Wie Claudia Kutschker (Grüne) signalisierte, wollte die Koalition dem Änderungsantrag der FW/UWG zustimmen, was denn auch passierte.
Das »Mannheimer Modell«
Zu den Punkten des sogenannten »Mannheimer Modells« gehört es laut der Kenia-Koalition unter anderem, Bußgelder zu verhängen. Ebenso sollen beispielsweise Verbotsverfügungen mit der Androhung von Zwangsgeldern bei Wiederholung zum Einsatz kommen. Unterstützen soll das Ganze laut Antrag der Kenia-Partner die Landespolizei, da Bad Nauheim keine kreisfreie Stadt ist. Des Weiteren soll die Stadt nicht polizeiliche Einzelmaßnahmen, beispielsweise Schwellen, in einem Katalog zusammenfassen, einer Tauglichkeitsanalyse unterziehen und zu einem Konzept zusammenführen. Der Magistrat soll das Papier den Gremien zur Beratung vorlegen.