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Ehepaar aus Bad Nauheim mit sensibler Fracht in die Ukraine

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Von: Harald Schuchardt

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Tatiana und Gunther Schuster haben das Röntgengerät nach Cherson gebracht, wo es vom Klinikpersonal entgegengenommen worden ist. © Loni Schuchardt

Zum dritten Mal waren der Bad Nauheimer Gunther Schuster und seine aus der Ukraine stammende Ehefrau Tatiana in das unter dem Krieg leidenden Land unterwegs, um den Menschen zu helfen.

Eigentlich wollten Gunther Schuster und seine Ehefrau Tatiana nach ihrer letzten Fahrt im Januar so schnell nicht mehr in die Ukraine fahren - doch es kam anders. »Wir waren eine Woche unterwegs, und was wir gesehen haben, das hat uns noch einmal betroffener gemacht«, erzählt das Ehepaar, das am vergangenen Samstag von seiner siebten Hilfsaktion - viermal übergaben sie Hilfsmittel an der polnisch-ukrainischen Grenze - wohlbehalten in Nieder-Mörlen eingetroffen ist.

5500 Kilometer sind die beiden gefahren, um ein mobiles Röntgengerät an das »City Clinical Hospital« in der Hafenstadt Cherson zu bringen. Bei ihrer Fahrt im Januar hatten die Schusters bereits ein Ultraschallgerät zur kommunalen Klinik gebracht. Dabei erfuhren sie, dass Röntgenaufnahmen mit einem über 30 Jahre alten Gerät gemacht werden.

So fragte das Ehepaar beim Gesundheitszentrum Wetterau (GZW) an und erhielt dort sehr schnell eine Zusage (diese Zeitung berichtete). Problem: Das hochsensible Gerät musste stehend transportiert werden. Mit einer Spedition das Gerät nach Cherson zu bringen, wurde schnell ausgeschlossen. Die Suche nach einem entsprechenden Wagen gestaltete sich schwierig. Schließlich entschloss sich das Ehepaar, einen gebrauchten Kastenwagen zu kaufen. »Den haben wir privat finanziert, da ist kein einziger Spenden-Euro reingeflossen«, betont Gunther Schuster, den viele Wetterauer als »Käse-Schuster« kennen.

Stammkunde spendet 1000 Euro

An ihrem Verkaufswagen - unter anderem auf den Wochenmärkten in Bad Nauheim, Marburg und Oberursel - informiert das Ehepaar mit Flyern über ihre Aktivitäten und bittet um Spenden für die Hilfsorganisationen Base UA und Cadus, die sich sehr stark in der Ukraine engagieren.

Zwei Wochen vor der Abfahrt am 13. Mai erhielt das Ehepaar einen nicht für möglich gehaltene Unterstützung. »Ein Bad Nauheimer Stammkunde spendete uns 1000 Euro«, erzählt Gunther Schuster. In Absprache mit dem Spender wurden von dem Geld vier neue Reifen und zwei Räder auf Felgen angeschafft. »Damit fühlten wir uns schon etwas sicherer«, sagt Tatiana Schuster. Erste Station war die Cadus-Zentrale in Berlin, wo neben weiterer Medizintechnik auch Schutzwesten und -helme eingeladen wurden. »Darauf haben die Sanitäter dringend gewartet, um sich gegen Artilleriebeschuss zu schützen«, erläutert Gunther Schuster. Nach einer Übernachtung in Polen musste sich das Paar an der Grenze zur Ukraine in Geduld üben. »Vor allem auf polnischer Seite waren die Kontrollen sehr streng und lang, was eigentlich unverständlich ist«, sagt Tatiana Schuster. Nach vier Stunden ging es weiter durch das schwer gezeichnete Land. In der Stadt Uman gedachte das Paar an einem provisorischen Denkmal der vielen Toten eines russischen Raketenangriffs Ende April, bei dem ein Hochhaus getroffen und weitgehend zerstört wurde.

Schreckmoment kurz vor Ankunft

Für das Ehepaar waren auch die vielen Luftalarme sehr belastend. »Jeden Abend zwischen elf und zwölf sowie zwischen zwei und fünf Uhr heulten die Sirenen«, erinnert sich Gunther Schuster, und seine Ehefrau ergänzt: »Wir überlegten, uns angezogen aufs Bett zu legen.« Nach drei Tagen erreichte das Paar Cherson, wo es sich nur eine Stunde aufhielt. Die Klinik hatte alles für das Ausladen des 300 Kilo schweren und über zwei Meter hohen Geräts vorbereitet. »Wir hörten mehrmals russisches und ukrainisches Artilleriefeuer«, berichtet das Ehepaar, das auf dem Rückweg noch in Kiew private Dinge eines Geflüchteten geholt hat.

»Da die Tage wesentlich länger waren als bei der letzten Fahrt im Januar und sich auch die Straßensituation etwas verbessert hat, war die physische Belastung nicht ganz so groß«, zieht Gunther Schuster ein positives Fazit der Fahrt.

Doch an einen Schreckmoment erinnern sich beide noch ganz genau: Kurz vor Cherson öffnete sich plötzlich die Schiebetür des Wagens, möglicherweise eine Folge der vielen Schlaglöcher. »Das braucht nun wirklich kein Mensch«, sagt Tatiana Schuster mit Blick auf die sensible Fracht.

Man kann weiterhin spenden

Das Ehepaar Schuster sammelt weiterhin Spenden für die Hilfsorganisation Base UK. Da Auslandsüberweisungen mit relativ hohen Gebühren verbunden sind, bietet das Ehepaar Schuster an, dass man Spenden auf sein Konto überweisen kann. Diese werden wöchentlich in die Ukraine transferiert. Unter Angabe des Verwendungszwecks »Humanitarian Aid« können Spenden auf das Konto von Gunther Schuster bei der Bensberger Bank in Bergisch Gladbach, IBAN DE92370621240300466010, überweisen werden. »Wir garantieren, dass jeder Euro bei der Hilfsorganisation vor Ort ankommt«, versichert das Ehepaar.

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