Der neue Stadtarchiv-Leiter Jung über seinen Traumjob

»Eigentlich leiste ich hier Detektivarbeit«, sagt Alexander Jung, der seit dem 1. März im Bad Nauheimer Stadtarchiv tätig ist. Für den neuen Leiter ist das ein Traumjob im Hinterhof der Mittelstraße.
Dass das mit dieser Position geklappt hat, ist für mich wirklich eine tolle Sache. Denn alles, was ich in meinem Leben vorher gemacht hatte, kommt hier zusammen«, freut sich der Schwalheimer, der im heimatgeschichtlichen Bereich schon seit Jahrzehnten unterwegs ist. So kannte er das Stadtarchiv als Nutzer, hat sich oft und lange zuvor schon hier aufgehalten. Zur 1200-Jahr-Feier im Bad Nauheimer Vorort hat Jung das Heimatbuch »1200 Jahre Schwalheim« hauptverantwortlich mitgestaltet.
»Das Interesse an der Heimatgeschichte ist schon in meiner Jugend aufgekommen. Ich war mit meinen Eltern oft auf dem Winterstein, am Römerturm oder auf der Kapersburg. Dort kam das alles automatisch«, erinnert sich Alexander Jung.
Nach dem Abitur auf dem Burggymnasium in Friedberg studierte er zunächst Provinzialrömische Archäologie und Vor- und Frühgeschichte an der Johann-Wolfgang-Goethe-Universität in Frankfurt. Es folgte ein Studium der Mittleren und Neueren Geschichte und der Germanistik an der Justus-Liebig-Universität in Gießen. Das alles führte ihn aber noch nicht an seine persönlichen Ziele. »Ich habe dann erst einmal abgewägt, was ich eigentlich will und 1999 bei der Firma Römer eine Lehre als Buchhändler in Bad Nauheim angefangen.«
18 Jahre lang war er als Buchhändler tätig und landete danach bei den Bad Nauheimer Stadtwerken, wo er für die Bereiche Marketing und Kommunikation verantwortlich war und die Pressearbeit betreute. Als die Stelle im Stadtarchiv frei wurde, weil sich Brigitte Faatz in den Ruhestand verabschiedete, sah auch die Vorgängerin in Jung ihren idealen Nachfolger. »Zudem lag aus der Vergangenheit noch eine Initiativbewerbung von mir bei dem Bürgermeister auf dem Tisch«, erzählt Alexander Jung.
Heimatforscher und Familienfinder
Nun fungiert er als Heimatforscher, Familienfinder, ist in der Erbenermittlung aktiv und beantwortet permanent telefonisch oder per E-Mail Besucheranfragen. »Auch durch Bauakten, die ich raussuchen muss, ist hier schon mal viel los. Viele wollen wissen, wie die Statik oder wie alt ein Gebäude ist. Eigentlich ist das ja Aufgabe des Kreisbauamtes. Aber bei uns geht es halt schneller«, weiß der 1972 in Bad Nauheim geborene Heimatforscher.
Und natürlich wächst das Stadtarchiv weiter. Sammlungen werden hier archiviert, Zeitungsartikel gesichtet und katalogisiert. »Ich muss dann oft entscheiden, ob man etwas aufhebt - oder eben nicht. Das alles ist sehr zeitintensiv.«
Im Jahr 2017 wurde im Stadtarchiv übrigens damit aufgehört, die Wetterauer Zeitung zu stapeln, die nun im digitalen Archiv landet. Alle Ausgaben zuvor können weiter eingesehen werden. Wer mit Alexander Jung durch die Räume spaziert, landet auch vor dem Brücher-Nees-Archiv, in dem die Schätze aus Dichtung und Kunst aus der Kurstadt aufbewahrt werden. Zudem gibt es viele Fächer von hiesigen Prominenten - von Dieter Wedel und natürlich von Elvis. Der Leiter vom Staatsarchiv Schleswig-Holstein hat hier kürzlich recherchiert, weil er an einer Biografie des verstorbenen Star-Regisseurs Dieter Wedel arbeitet.
Als Tänzer aktiv in der 2. Bundesliga
»Mich selbst treibt hier auch das Interesse an der Weimarer Republik und dem Dritten Reich um. Dazu gibt es überraschend wenig hier aus Bad Nauheim zu finden«, wundert sich der Familienvater, der in seiner Freizeit auf einem ganz anderen Parkett unterwegs war. Lange hat er in Latein- und Standard-Formationen getanzt und schaffte es da bis in die 2. Bundesliga. Später war er auch bei der Hiesbach in der Showtanzgruppe aktiv. Nebenbei leitete er den Schwal-heimer Arbeitskreis Geschichte und verfasste im Auftrag der Stadtwerke eine Abhandlung über das Bad Nauheimer Wasserwerk am Großen Teich. Wenn Alexander Jung nun morgens das Stadtarchiv betritt, wandelt er auch in seinen eigenen Spuren.